Andreas Mucke: Seine persönliche Jahresbilanz

Ein Jahr Oberbürgermeister Andreas Mucke. Ein Jahr regieren, ein Jahr repräsentieren. Im Gespräch mit Peter Pionke zieht er eine persönliche Bilanz.

Ein strahlender Andreas Mucke nach der gewonnenen Stichwahl – © Monika Asmus

DS: Sie sind als Oberbürgermeister an den Start gegangen, der besonders volksnah sein und ein Ohr für die Sorgen aller Wuppertaler haben wollte. Wie viele Ihrer Ziele haben Sie aus Ihrem Blickwinkel bislang erreicht?

Andreas Mucke: „Ich hoffe, die Wuppertalerinnen und Wuppertaler beurteilen meine Arbeit ebenfalls als bürgernah und pragmatisch. Ich jedenfalls möchte den Menschen auf Augenhöhe begegnen und mit ihnen über die Zukunftsentwicklung unserer Stadt diskutieren. Deshalb bin ich für alle Bürgerinnen und Bürger ansprechbar. Sie können mir ihre Sorgen, Probleme, Kritik und Vorschläge jederzeit vortragen. Ich verspreche, dass ich mich darum kümmern werde und jeder dann auch eine Rückmeldung erhält. Dies ist mein Verständnis von Bürgernähe.“

DS: Wie wird diese Bürgernähe sichtbar?

Andreas Mucke: „Ich habe im ersten Jahr als Oberbürgermeister sehr viele Gespräche geführt, Einrichtungen, Institutionen, Vereine und Organisationen besucht, um zu erfahren, wie die Menschen unsere Stadt sehen, was sie gut finden und wo sie Handlungs- und Verbesserungsbedarf erkennen. Denn als Oberbürgermeister möchte ich dieses Potenzial und diese Rückmeldungen für die positive Zukunftsgestaltung unserer Stadt nutzen. Von meinen Zielen habe ich schon einige erreicht: Die Präventionsarbeit ist gestärkt worden. Es stehen 160.000 € mehr im Haushalt bereit, und ich habe Bewusstsein dafür geschaffen, dass wir zukünftig mehr in Prävention investieren müssen, weil sie nachhaltigen Erfolg hat und Folgekosten vermeidet. Darüber hinaus sind die Wuppertaler Bühnen auf gutem Wege der strukturellen Sicherung, und wir verfügen wieder über ein festes Opernensemble. Mein Ziel, schwerpunktmäßig in Bildung und Familie zu investieren, werde ich auch in Zukunft weiter mit Nachdruck verfolgen. Dazu werden wir die Weichen im kommenden Haushaltsplan stellen. Insgesamt hat Wuppertal im vergangenen Jahr eine gute Entwicklung genommen, dies zeigt sich an vielen Beispielen und Projekten!“

DS: Welche Ziele haben Sie noch nicht erreicht?

Andreas Mucke: „Für die kommende Zeit habe ich mir noch viel vorgenommen: Ich habe die Eckpunkte eines integrierten Stadtentwicklungskonzeptes erarbeiten lassen, das ich noch in diesem Jahr in den Rat einbringen werde. Denn wir brauchen eine Strategie, die die Frage beantwortet, wohin sich unsere Stadt in den kommenden 15 Jahren auf allen wichtigen Feldern entwickeln soll. Dieses Konzept muss kurzfristig erarbeitet werden. Der Ausbau der U-3-Betreuung und der Offenen Ganztagsschule muss weiter vorangehen. Hier sind wir auf einem guten Wege; in den kommenden Jahren werden viele Kindertageseinrichtungen erweitert und neu gebaut. Unsere Schulen werden saniert und ausgebaut. Durch das Landesprogramm „Gute Schule“ stehen uns bis 2020/2021 zusätzlich rund 50 Mio. € zur Verfügung.“

DS: Wo sehen Sie noch Verbesserungsbedarf?

Andreas Mucke: „Wuppertal muss sich weiter als Stadt der Nachhaltigkeit, Energieeffizienz und des Klimaschutzes profilieren. Hier haben wir großes Potenzial und wir werden in engem Kontakt mit der Universität, dem Wuppertal-Institut und anderen Beteiligten weitere Projekte dazu umsetzen. Die Weiterentwicklung Wuppertals zur Fahrradstadt werde ich voranbringen und bin hier in engem Kontakt mit den Akteuren und Interessenvertretungen der Radfahrer. Besonders freut mich, dass wir mit der Wuppertalbewegung einen Weg gefunden haben, die Nordbahntrasse über die Schwarzbach nach Langerfeld zu verlängern. Die Träger der Freien Wohlfahrtspflege leisten hervorragende Arbeit. Deshalb halte ich es für gerechtfertigt, die Zuschüsse in diesem Bereich zu dynamisieren. Vor uns steht die große Herausforderung der Integration der Menschen, die vor Gewalt, Terror, Krieg und Unterdrückung zu uns gekommen sind und dauerhaft bei uns bleiben werden. Hier hat Wuppertal schon Großartiges geleistet – dank des Engagements vieler Einrichtungen und Initiativen. Deshalb bin ich sicher, dass uns auch die weitere Integration gelingen wird. Und: Ein wichtiges Ziel, das wir 2017 erreichen, ist der Haushaltsausgleich – erstmals seit 25 Jahren!“

DS: Wie sehr treffen Sie Vorwürfe – z.B. von den Grünen, Sie würden als OB das „Regieren“ und das angekündigte Leiten der Stadtverwaltung vernachlässigen und noch mehr repräsentieren als Ihr Vorgänger Peter Jung?

Andreas Mucke: „Ich sehe das völlig anders und teile daher die Kritik nicht. Als Oberbürgermeister habe ich drei Funktionen zu erfüllen: Ich bin Vorsitzender des Rates, leite die Sitzungen von Rat und Hauptausschuss und muss für geordnete, korrekte Beratungsabläufe und Entscheidungen sorgen. Darüber hinaus bin ich oberster Repräsentant der Stadt. In dieser Funktion besuche ich viele Einrichtungen, Organisationen und Institutionen und führe Gespräche, nehme an Veranstaltungen und Jubiläen teil und werde zu unterschiedlichsten Anlässen eingeladen. Und schließlich bin ich Chef der Stadtverwaltung mit knapp 5.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Und diese Aufgabe nehme ich sehr ernst. Täglich führe ich Gespräche mit den Führungskräften der Stadtverwaltung zu den unterschiedlichsten Themen. Ich muss mich in Sachverhalte und Vorgänge einarbeiten, interne Arbeitsgruppen und Lenkungskreise leiten, Personalgespräche führen und auch Konflikte lösen. All dies – und das ist gut so – findet in der Regel keinen Niederschlag in den Medien, nimmt jedoch einen Großteil meiner Arbeitszeit in Anspruch.“

DS: Der Stachel der Kritik scheint bei Ihnen sehr tief zu sitzen…

Andreas Mucke: „Ich habe unmittelbar nach Amtsantritt den Verwaltungsvorstand als oberstes Koordinierungsorgan gestärkt. Er tagt jetzt wöchentlich für mindestens zwei Stunden. Die Führungskräfte werden von mir regelmäßig informiert und in wichtige Entscheidungsprozesse unmittelbar mit einbezogen. Im Übrigen habe ich den Auftrag erteilt, ein umfassendes Personal- und Organisationsentwicklungskonzept zu erarbeiten, damit wir unsere Stadtverwaltung weiter zukunftsorientiert und bürgernah aufstellen. Die Situation im Einwohnermeldeamt habe ich zur Chefsache gemacht und den Auftrag erteilt, ein Gesamtkonzept zu erarbeiten, das strukturelle Maßnahmen zur Verbesserung enthalten muss. Die Zustände, wie sie unmittelbar vor den Sommerferien am Steinweg zu verzeichnen gewesen sind, darf es nicht mehr geben. Sie sind sowohl für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als auch für die Bürgerinnen und Bürger unzumutbar!
All das sind Aufgaben, die ich als Leiter der Verwaltung zu erfüllen habe.

DS: Worüber haben Sie sich im ersten Amtsjahr besonders gefreut?
Andreas Mucke: „Besonders gefreut hat mich der Zuspruch der Menschen, die mir mit Offenheit begegnen. Ich bin auf hochmotivierte Mitarbeiter in der Stadtverwaltung getroffen, die unter den gegebenen Rahmenbedingungen ihre Aufgaben kompetent und bürgerorientiert erledigen und mich in den ersten Monaten sehr unterstützt haben. Und ich habe die Erfahrung gemacht, dass ganz viele Menschen für unsere Stadt aktiv sind. Bürgerschaftliches Engagement hat einen herausragenden Stellenwert in Wuppertal! Und ich freue mich auch, dass ich als Oberbürgermeister viele Gestaltungsmöglichkeiten habe, die ich auch für die Umsetzung meiner Ziele nutzen werde.“

DS: Worüber haben Sie sich im ersten Amtsjahr besonders geärgert?

Andreas Mucke: „Auch nach längerem Überlegen muss ich sagen: Zum Glück über überhaupt nichts!“

DS: Vielen Dank für das Gespräch

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