2. Februar 2025Peter Pionke
Ingo Schäfer: Die SPD führt eine fairen Wahlkampf

Ingo Schäfer war erster Vorsitzender der 2011 neu gegründeten Deutschen Feuerwehr-Gewerkschaft. Er ist seit 2013 Mitglied der SPD. Bei der Bundestagswahl 2017 unterlag er seinem CDU-Kontrahenten Jürgen Hardt. 2021 konnte er dann den Spieß umdrehen (32,6 zu 27,6 Prozent) . Jetzt kommt es zum dritten Duell mit Jürgen Hardt, der 2021 über die Liste in den Bundestag eingezogen ist. Ingo Schäfer ist seit 32 Jahren verheiratet und Vater einer Tochter.
Im Rahmen unserer Interview-Reihe, in der wir alle Wuppertaler Bundestagskandidaten vorstellen, haben wir ein ausführliches Gespräch mit Ingo Schäfer geführt.
DS: Kurz, aber heftig – hätten Sie sich lieber einen längeren Wahlkampf als nur rund 50 Tage gewünscht?
Ingo Schäfer: „Ein kurzer Wahlkampf hat auch Vorteile. Die Jahreszeit ist natürlich schwierig, kalt, nass. Gewünscht habe ich mir, dass wir noch einige wichtige Gesetze bis September beschließen, zum Beispiel den Altschuldenfonds und den Schutz der kritischen Infrastruktur. Aber das wollten weder FDP noch CDU.“
DS: Wie groß ist Ihre Sorge, dass es in der Schlussphase ein noch härterer, sogar schmutziger Wahlkampf wird?
Ingo Schäfer: „Die SPD macht einen fairen Wahlkampf.“
DS: Hands aufs Herz: Trauen Sie Bundeskanzler Scholz noch eine große Aufholjagd zu?
Ingo Schäfer: „Ja, das hat er bereits 2021 gezeigt.“
DS: Wie wollen Sie der Politik-Müdigkeit und den Verlust der Glaubwürdigkeit in weiten Teilen der Bevölkerung begegnen?
Ingo Schäfer: „Die Politik muss die Probleme der Menschen lösen. Sagen, was sie macht, und machen, was sie sagt.“

DS: AfD und BSW sind auf den Sozial Media-Kanälen sehr präsent. YouTube beispielsweise wird von diesen Parteien regelrecht dominiert: Dort wird hemmungslos indoktriniert, werden Statements aus Talkshows und Bundestagssitzungen sinnverfälscht so zusammengeschnitten, dass ein völlig anderer Eindruck entsteht. Warum haben die etablierten Parteien der Mitte diesen Trend verschlafen oder einfach das Feld, auf dem gerade viele junge Menschen unterwegs sind, kampflos den Extremen überlassen?
Ingo Schäfer: „Wir machen eben anders Politik: Verlässlich, unaufgeregt. Langweilige Kompromisse. Während die populistischen Parteien wie AfD und BSW den Menschen entweder den Himmel versprechen oder die Hölle androhen.“
DS: Es häufig bemängelt, dass viele der heutigen Politikerinnen und Politiker keinen „normalen“ Beruf mehr erlernt haben, sondern gleich nach Schule und Uni eine Politikerkarriere eingeschlagen haben und sich so gar nicht mehr in die Lebensverhältnisse eines Normalbürger hinein fühlen können. Wie stehen Sie dazu?
Ingo Schäfer: „Dafür habe ich großes Verständnis. Ich bin der erste und bislang einzige Berufsfeuerwehrmann im Bundestag. Fast 90 Prozent meiner Kolleginnen und Kollegen haben einen Studienabschluss. Und das auch schon seit vielen Wahlperioden. Ich glaube, dass wir insgesamt als Gesellschaft die Berufsausbildung besser anerkennen müssen.“

DS: Heutzutage als Politiker unterwegs zu sein, ist ja nicht unbedingt Vergnügungssteuer pflichtig. Man ist Anfeindungen und Beleidigungen ausgesetzt wie noch nie. Welchen Anteil haben Ihrer Meinung nach die Parteien an Rändern rechts und links an dieser Entwicklung?
Ingo Schäfer: „Einen großen Einfluss. Spätestens seit die AfD im Bundestag vertreten ist, also 2017, hat sich das Klima verschärft. Das ist ja auch ihr Ziel. Die Grenzen des Sagbaren zu verschieben. Die reden tatsächlich davon, Millionen Menschen aus Deutschland raus zu werfen, auch mit deutschem Pass! Viele Aussagen von Gauland und Höcke sind ganz eindeutig rechtsextremistisch. Das haben Gerichte bereits festgestellt.“
DS: Wie sehr überzeugt sind Sie von Kernthemen mit denen Ihre Partei in den Wahlkampf gezogen ist?
Ingo Schäfer: „Das sind schon die richtigen Themen: Wirtschaft, Arbeitsplätze und Investitionen.“
DS: Wie sehr begrüßen oder bedauern Sie es, das die illegale Migration doch noch zum Hauptwahlkampfthema geworden ist?
Ingo Schäfer: „Die Debatte haben wir doch mindestens seit Anfang der 1990er Jahre. Seit 2015 verschärft. In Deutschland leben heute 6 Millionen Menschen mehr als 2010. Das macht natürlich etwas mit der Gesellschaft. Angefangen beim Wohnungsmarkt. Es war eben zu wenig, dass Frau Merkel damals gesagt hat „Wir schaffen das“. Sie hätte auch mehr Wohnung bauen müssen.“

DS: Klimawandel hin – Klimawandel her! Das von Kanzler Scholz versprochene „Grüne Wirtschaftswunder“ ist nachweislich ausgeblieben. Wie wird sich das vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Probleme in den nächsten Jahren auf die Akzeptanz grüner Politik auswirken?
Ing Schäfer: „Ich glaube, dass die meisten Menschen sehr dafür sind, die Umwelt zu schützen. Mit Maßnahmen, die für sie machbar sind. Wenn die Politik den Eindruck vermittelt, dass die Gasheizung oder der Verbrenner von heute auf morgen verboten wird, dass macht das den Leuten Angst. Das ist doch klar. Das war einfach katastrophal kommuniziert. Aber es geht ja um langfristige Dinge. Und da stehen die Menschen hinter, solange die Politik ihnen dabei hilft. Und das ist unsere Aufgabe.“
DS: Egal, was Sie jetzt versprechen, als Teil der Regierungsparteien werden Sie immer wieder die Frage beantworten müssen: Warum habt Ihr das in den letzten drei Jahren nicht gemacht? Was entgegnen Sie diesen Leuten?
Ingo Schäfer: „Dass ich selbst auch frustriert, enttäuscht und baff bin. Viele Sachen sind einfach am Geld gescheitert. Beispiel Altschuldenfonds. Wir hätten den 2021/22 zu einem viel niedrigeren Zinssatz einrichten können, um die Kommunen zu entlasten. Heute ist das deutlich teurer. Mit dem Ukraine-Krieg und allem, was da dran hängt, ist der Handlungsspielraum sehr eng geworden. Hinzu kam, dass die FDP sich bei jedem Thema profilieren wollte.“

DS: Falls Sie gewählt werden: Was dürfen die Wuppertaler Bürger und die Bürger der Bergischen Region von Ihnen in den nächsten – vermutlich – vier Jahren erwarten?
Ingo Schäfer: „Auch wenn es niemand mehr hören kann: Ich will so schnell wie möglich, dass die Kommunen von ihren Schulden entlastet werden. Damit sie wieder ihre Aufgaben wahrnehmen und investieren können. Ich will mehr Bundesförderung in das Städtedreieck holen für Sportanlagen, Klima- und Denkmalschutz sowie Kulturförderung. Und dann gibt es natürlich noch viele andere Interessen der Menschen und Wirtschaft aus meinem Wahlkreis, die ich in Berlin vertreten will.“
DS: Welche Koalition wünschen Sie sich?
Ingo Schäfer: „Eine Koalition, die an einem Strang zieht und die Probleme der Menschen löst.“
DS: Was muss aus Ihrer Sicht passieren, dass die Parteien der Mitte auch 2029 noch die Bundeskanzlerin oder den Bundeskanzler stellen können?
Ingo Schäfer: Wie gesagt: Wir müssen die Probleme lösen: Wirtschaft, Arbeit, Rente, Infrastruktur usw.“
DS: Vielen Dank für das offene, informative Gespräch
Das Interview führte PETER PIONKE
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