Hand aufs Herz: Die „Blütenträume“ des Frank Meyer

In unserer Interview-Rubrik "Hand aufs Herz" steht diesmal Baudezernent Frank Meyer Rede und Antwort: Die „Blütenträume“ des Frank Meyer: Bundesgartenschau in Wuppertal! Lesen Sie hier die XL-Version des Interviews

Baudezernent Frank Meyer – © Stadt Wuppertal

Bau-Dezernent Frank Meyer (SPD) hat mit Sicherheit das Ressort mit dem längsten Namen: Stadtentwicklung und Städtebau, Vermessung, Katasteramt und Geodaten, Straßen und Verkehr, Bauen, Wohnen und Umweltschutz gehören zu seinem umfangreichen Geschäftsbereich 1. In seine Zuständigkeit fällt u.a. die Neugestaltung des Döppersbergs. Dabei hat er sich nicht nur Freunde gemacht.

Kostensteigerungen und Verkehrsbehinderungen machte die Opposition im Stadtrat an seinem Namen fest. Frank Meyers Wiederwahl war nicht unumstritten. Mit 39:28 Stimmen wurde er 2016 für weitere acht Jahre im Amt bestätigt. Sicher kein Traumergebnis. Doch das kann den Diplom-Ingenieur nicht erschüttern. Städtebauer Frank Meyer geht weiter seinen Weg. Im „Hand aufs Herz“-Interview mit Peter Pionke bekannte er Farbe.

DS: Wie fällt Ihre persönliche Bilanz der ersten gut eineinhalb Amtsjahre seit Ihrer Wiederwahl aus?

Frank Meyer: „Eigentlich positiv. Wir haben beim Jahrhundert-Projekt Döppersberg ein wichtiges Etappenziel erreicht. Es hat vor sieben Jahren kaum jemand für möglich gehalten, dass wir das Projekt in Zeiten schlimmster Finanznot und bei großen Bedenken von Seiten des Landes NRW überhaupt an den Start bringen würden. Es war eine Operation am offenen Herzen. Und wir haben auch unser Versprechen eingehalten, dass die B7 maximal drei Jahre lang gesperrt blieb. Darüber hinaus haben wir weitere Projekte angeschoben wie etwa die „Qualitätsoffensive Innnestädte“, die Barmen und Elberfeld Investionen in Straßen, Wege und Plätze in Millionenhöhe bringen wird, wie sie Wuppertal seit Jahrzehnten nicht mehr erlebt hat. Ein komplett neues Stadt-Quartier entwickeln wir am Heubruch, auch das vor wenigen Jahren noch undenkbar. Bei allem, was wir tun, bewegen wie uns leider immer in einem Spagat zwischen dem, was wünschenswert und dem was möglich ist.“

DS: Das müssen Sie uns näher erklären…

Frank Meyer: „Wir mussten ja immer wieder Personal konsolidieren, um den Haushalt auszugleichen Das hat unseren Aktionsradius bei bestimmten Projekten deutlich eingeschränkt. Jetzt erleben wir, dass wir mit Fördermitteln quasi überschüttet werden. Aber aus Personalgründen schaffen wir es nur mit Ach und Krach, diese Fördertöpfe überhaupt auszuschöpfen. Entsprechendes Personal im technischen Bereich ist dünn gesät. Und es wird immer schwieriger, für das Geld, das im Öffentliche Dienst gezahlt wird, Kolleginnen und Kollegen zu finden. Wir versuchen deshalb verstärkt, uns als Familien freundlicher Arbeitgeber zu präsentieren. Im Bereich Konstruktiven Ingenieurbau suchen wir seit zwei Jahren händeringend Mitarbeiter. Vielleicht haben wir als Verwaltung auch zu spät gegen gesteuert und waren zu lange auf dem „Konsolidierungs-Pfad“ unterwegs.“

DS: Ihr Ressort ist sicher nicht gerade vergnügungssteuerpflichtig, es allen recht zu machen ist unmöglich, wie gehen Sie damit um?

Frank Meyer: „Wenn die Kritik konstruktiv ist, setze ich mich damit auch konstruktiv auseinander. Die meisten Anschreiben von Bürgerinnen und Bürgern haben natürlich Mangel-Situationen oder Probleme zum Thema. Nur selten gibt es einmal Lob. Ich hatte gerade ein nettes Erlebnis bei meinem wöchentlichen Currywurst-Essen auf dem Werth. Da erklärte mir ein älteres Ehepaar aus Nächstebreck: ‚Vorher wird ja immer gemeckert, aber mit Ikea läuft alles wunderbar. Tut Ihnen ja sicherlich auch mal gut, etwas Positives zu hören‘. Tut es wirklich! Schwer zu schaffen macht mir allerdings, wenn ich – wie im Fall B7-Sperrung – Hass erfüllte Mails erhalte und sogar persönlich bedroht werde.“

DS: Wie hoch werden denn jetzt die endgültigen Kosten für die Neugestaltung Döppersberg sein?

Frank Meyer: „Wir sind ja schon ziemlich weit und ich gehe davon aus, dass wir keine weiteren Kostensteigerungen haben werden und somit mit den rund 140 Millionen € hinkommen.“

DS: Wenn Sie dem Platz am neuen Döppersberg ganz allein einen Namen geben dürften, welchen Namen würden Sie dem Platz geben?

Frank Meyer: „Ich komme ja nicht aus Wuppertal, deshalb kann ich die stark emotionale Bindung vieler Wuppertaler an diesen Platz nicht so ganz nachvollziehen. Der Döpps ist nicht nur eine Ortsbezeichnung, sondern eine Institution. Ich persönlich würde ihn ‚Europaplatz‘ taufen. Ich kann aber auch mit der Bezeichnung Döppersberg – auf die es ja wohl hinaus läuft – sehr gut leben.“

DS: Am Primark-Gebäude scheiden sich noch immer die Geister, wie gelassen nehmen Sie das hin?

Frank Meyer: „Ich bin selber Architekt und kann insofern die Kritik ein Stück weit nachvollziehen. Die Fassade finde ich gelungen, aber es ist bedauerlich, dass man seinerzeit entschieden hat, das Gebäude 22 Meter näher an die Lauflage zu rücken und damit den unteren Platz zu sehr beschnitten hat. Im Nachhinein hätte man sich da mehr Großzügigkeit gewünscht. Ich finde auch, dass die Proportionen des Gebäudes die historischen Bauwerke zu sehr in den Hintergrund rücken. Es war eben ein Aushandlungs-Prozeß zwischen Investoren-Interessen auf der einen und städtebaulichen Interessen auf der anderen Seite. Trotzdem bin davon überzeugt, dass wir einen sehr attraktiven Stadt-Eingang bekommen haben.“

DS: Wieweit ist denn die propagierte „Qualitätsoffensive Innenstadt“ nach Ihrer Einschätzung vorangeschritten?

Frank Meyer: „Auch wenn die bebauten Ergebnisse erst einmal auf sich warten lassen, hat die ‚Qualitätsoffensive Innenstadt‘ schon für eine gewisse Aufbruchstimmung gesorgt. Als Erstes gehen wir den von der Heydt-Platz an, danach sind der Wall und der Neumarkt an der Reihe. Die Förderanträge werden derzeit gestellt, wir hoffen bald auf positive Nachrichten aus Düsseldorf. Ich sage mal voraus, dass sich das Gesicht Elberfelds in fünf Jahren sehr nachhaltig und positiv verändert hat.“

DS: In der Barmer Innenstadt sind jetzt so paar nette Kugeln aufgehängt worden. Bleibt der Stadtteil – und besonders die Fußgängerzone – dennoch ein Problemfall?

Frank Meyer: „Ich sehe auch in Barmen eine gute Entwicklung, nicht zuletzt dank des tollen Engagement der dortigen „Immobilienstandgemeinschaft“, übrigens eine der erfolgreichsten in ganz Deutschland. Das Projekt ‚Qualitätsoffensive Innenstädte’ bezieht ja Barmen bewußt mit ein. Neben den lange überfälligen Aufwertungsmassnahmen in Elberfeld verlieren wir Barmen nicht aus dem Fokus. Die Mittel dafür stehen bereit. Es wird ein Wettbewerb ähnliches Verfahren mit begleitenden Workshops gegen, an dem sich die interessierte Öffentlichkeit beteiligen kann. Das schließt auch Gestaltungsvorschläge für Fassaden und Werbeanlagen mit ein. Auch Barmen wird sein Gesicht positiv verändern.“

DS: Aber muß nicht auch von der Seite des Einzelhandels eine Menge zur Image-Verbesserung passieren?

Frank Meyer: „Ja, das ist so. Aber vielleicht hat man in Wuppertal zu lange an dem Dogma der Parität festgehalten: ‚Was für Elberfeld gut ist, ist für Barmen erst recht gut‘. Ich glaube, das frühzeitige Eingeständnis, dass Elberfeld nun einmal das Zentrum mit überregionaler Ausstrahlung ist, hätte allen Wuppertalern, auch den Barmern, gut getan. Auf Dauer ist es kontraproduktiv, wenn man immer versucht, die Kräfte gleich zu verteilen. Um so wichtiger ist es, dass Barmen sein Profil überarbeitet. Die Antwort für Barmen kann nicht mehr allein im Einzelhandel liegen. Man hat wichtige Verwaltungseinrichtungen, die Firma Vorwerk, man besitzt kulturelle Einrichtungen, die es so in Elberfeld nicht gibt. Das sind Pfunde, mit denen man wuchern kann.“

DS: Die Bürgerinitiative Baudenkmal Döpperberg hat jetzt eine Petition mit über 7.500 Unterschriften u.a. an OB Mucke übergeben. Aus Ihrer Sicht: Ist für die geforderten Rundfenster dennoch der Zug abgefahren?

Frank Meyer: „Das ist für mich ein Streit um des Kaisers Bart. Der Sockel, um den es letztlich geht, hat durch zahlreiche Um- und Anbauten im Laufe der Zeit nicht mehr die Anmutung wie zur Entstehungszeit des Bahnhofsgebäudes. Es gibt hier somit nichts mehr, woran man zwingend historisch anknüpfen müsste. Im Übrigen wurde die Diskussion viel zu spät angestoßen. Von Initiatoren, die zum Teil selbst Architekten sind, hätte ich erwartet, dass sie spätestens 2007, als der Ratsbeschluß zum Umbau gefasst wurde, aufgestanden wären und gesagt hätten: ‚Liebe Leute, wir hätten das aber gerne anders!‘ Kurz vor knapp zu kommen und zu sagen, die Fenster und die Mauern würden ihnen nicht gefallen, halte ich für sehr schwierig.“

DS: Die Nordbahntrasse ist ein pflege- und wartungsbedürftiges Leuchtturm-Projekt, wann wird die geplante Verlängerung bis Langerfeld fertig gestellt sein?

Frank Meyer: „Wir haben eine Regelung mit der Wuppertalbewegung gefunden. Sie wird unter Anspruchnahme einer Förderquote von 90 % die Schwarzbach-Trasse bauen und für 5 Jahre betreiben. Die Stadt kauft das Grundstück und stellt es der Wuppertalbewegung zur Verfügung. Nach fünf Jahren fällt das Grundstück wieder an die Stadt zurück und diese betreibt dann auch die Schwarzbach-Trasse. Wir können das so handhaben, weil die Bauaufgabe bei weitem nicht so komplex ist, wie bei der Nordbahntrasse. Zwar ist das Schwarzbach-Viadukt bautechnisch eine Herausforderung. Es ist aber in einem deutlich besseren Zustand als die Viadukte der Nordbahntrasse. Deshalb können wir uns hier sehr gut vorstellen, dass die Wuppertalbewegung dieses Thema stemmen wir. Ich gehe davon aus, dass man die Trasse Mitte 2019 schon komplett nutzen kann.“

Wie würden Sie das Verhältnis mit der Wuppertalbewegung beschreiben?

Frank Meyer: „Es hat sich sehr entspannt. Beide Seiten haben dazu gelernt. Die eine Seite, dass man nicht mit dem Kopf durch die Wand gehen kann, wenn andere die Verantwortung übernehmen müssen qua Amt, die andere Seite hat gelernt, dass Ehrenamtler andere Sichtweisen haben als eine Verwaltung das hat und haben muss. Beide Seite haben sich bei der Schwarzbach-Trasse aufeinander zubewegt.“

DS: Wie haben hier einen weltweit bekannten Skulpturenpark, den selbst viele Wuppertaler gar nicht kennen. Wir haben die Trasse, auf die viele Wuppertal noch keinen Fuß gesetzt haben. Ein Wuppertaler Phänomen?

Frank Meyer: „Irgendein schlauer Mensch hat Wuppertal einmal die Stadt der „Hidden Champions’ genannt. Da ist ein Stück weit etwas dran. Viele Wuppertaler haben eine merkwürdig verzerrte Wahrnehmung Ihrer Stadt. Viele Talbürger sind geneigt, ihr Licht unter den Scheffel zu stellen, was die Attraktivität ihrer Stadt angeht. Auch wenn sich das gerade ein wenig wandelt und man über den neuen Döppersberg, die Nordbahntrasse und die Junior Uni mit Recht stolz sind. Demnächst kommen vielleicht noch das Pina Bausch Zentrum und die Bundesgartenschau (BUGA), für die wir kämpfen, hinzu. Die Wuppertaler können sich etwas einbilden auf die vorhandenen Qualitäten. Ich würde mir wünschen, die Bürger hätten eine ähnlich emotionale Bindung an ihre Stadt, wie die Kölner. Köln ist auch nicht wirklich schöner als Wuppertal.“

DS: Wuppertaler entschuldigen sich gern für ihre Stadt, was finden Sie an dieser Stadt liebenswert?

Frank Meyer: „Mir gefällt die topografische Lage. Durch den Krieg wurde das Gesicht der Stadt leider entstellt. Dazu haben meine Nachkriegs-Berufsstands-Kollegen zusätzlich auch noch erheblich beigetragen. Unglaublich, was allein in den 50er und 60er Jahren durch den Bau der B7 an historischer Bausubstanz verloren ging. Die Stadt hat in dieser Zeit markante Teile ihres Gesichts eingebüßt. Es gibt trotzdem eine Menge Qualitätsmerkmale. Und jetzt stimme ich den klassischen Kanon an: Die vielen innerstädtischen Grünflächen und die Gründerzeit-Gebäude-Substanz suchen Deutschland weit ihresgleichen. Selbst Investoren aus anderen Städten haben die Rohdiamanten inzwischen erkannt. Mein Eindruck ist, so langsam wandelt sich das Bild, das die Wuppertaler von ihrer Stadt haben, ins Positive.“

DS: Sie kommen aus Aachen und haben eine zeitlang damit geliebäugelt, als Planungsdezernent in Ihre Heimatstadt zurück zu kehren. Was unterscheidet diese beiden Städte?

Frank Meyer: „Sie unterscheidet ihre Struktur. Aachen ist eine mittelalterlich gewachsene Stadt, Wuppertal hat industrielle Wurzeln. Ich bin in Aachen geboren, aufgewachsen, zur Schule gegangen und habe dort auch studiert. Ich mache auch keinen Hehl daraus, dass mich die viel besseren finanziellen Voraussetzungen in Aachen – und damit verbunden die größeren gestalterischen Möglichkeiten – durchaus gereizt haben. Deshalb war ich es mir selbst schuldig, den Versuch zu unternehmen. Ich trauere aber Aachen nicht hinterher. Für Projekte wie z.B. die BUGA, lohnt es sich, mit voller Kraft zu arbeiten. Und das tue ich. Wir sind auf einem guten Weg.“

DS: Welche großen städtebaulichen Projekte wollen Sie auf jeden Fall in den verbleibenden 6,5 Jahren ihrer Amtszeit realisieren?

Frank Meyer: „Wir haben ja eine ganz Reihe Projekte in Vorbereitung, neben der BUGA z. B. auch die Gestaltung der Stadtquartiere. So entstehen am ehemaligen Rangierbahnhof Heubruch insgesamt 350 neue Wohneinheiten: Das ist eine städtebauliche Herausforderung. Vohwinkel liegt am nächsten an der Rheinschiene und da ist Nachfrage nach Wohnraum immens. Das Thema Wohnen wurde ja in Wuppertal quasi über Nacht wieder aktuell. Bis vor vier Jahren sind alle Experten davon ausgegangen, dass wir uns mit einem langen Schrumpfungs-Prozeß mit sinkenden Einwohnerzahlen arrangieren müssten. Zum Glück ein Trugschluß! Auch das FOC ist ein Projekt, das Wuppertal nach vorne bringen kann. Auf uns warten spannende Aufgaben. Wir können ganz selbstbewußt sagen: Wir sind das Zentrum des Bergischen Landes.“

DS: Wenn Sie drei Bausünden der Vergangenheit rückgängig machen könnten, welche wären das?

Frank Meyer: „Ich möchte mich da auf die markantesten Bausünden beschränken. Das wäre zum einen die großen Verkehrsbauwerke A 46 und die B 7 in der heutigen Form, zudem noch der Hochhauskomplex Schmitteborn.“

DS: Vielen Dank für das interessante Gespräch

 

VITA

Frank Meyer wurde 1967 in Aachen geboren. Dort ging er auch zur Schule und machte sein Abitur. Anschließend studierte er Architektur mit dem Schwerpunkt Städtebau. Er „baute“ den Anbschluß als Dipl.-Ingenieur. Vom März 1994 bis September 1994 war er Wisstenschaftlicher Angestellter am Lehrstuhl und Institut für Städtebau und Landesplanung der RWTH Achen. Es folgte der Lehrauftrag „EDV in der Stadtplanung“ an gleicher Stelle. Später arbeitete er in diversen Architektur- und Planungs-Büros.

Von 1994 bis 1996 war Frank Meyer im NRW-Ministerium für Stadtentwicklung, Kultur und Sport beschäftigt, um danach für fünf Jahre in Stadtplanungsamt Ulm zu wechseln. 2001 übernahm er die Leitung des Fachbereichs Stadtplanung und Umweltschutz in Braunschweig mit rund 200 Mitarbeitern. Gleichzeitig war er Stellvertreter des Bau- und Umwelt-Dezernenten.

Im März 2008 wurde Frank Meyer zum Bau-Dezernenten der Stadt Wuppertal gewählt. Er ist verheiratet und wohnt in Wuppertal.

 

 

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