8. August 2016

Jörg Föste: „Der BHC muss sich alles hart erarbeiten“

Seit Januar 2013 ist Jörg Föste BHC-Manager und spätestens seit 2013 ist der BHC in der Erfolgsspur. In der abgelaufenen Saison konnte der Klassenerhalt gesichert und das deutsche Pokalfinale, das „Final Four“ in Hamburg, erreicht werden. Siegfried Jähne interviewte Jörg Föste.

BHC-Geschäftsführer Jörg Föste – © Kurt Kosler

Handball hat in Wuppertal eine große Tradition. Erfolgreichster Verein war der LTV Wuppertal, der sich später HC Wuppertal nannte und in der Bundesliga spielte, diese Klasse aber nicht halten konnte. Ganz ähnliche Voraussetzungen gab es in Solingen, wo die SG Solingen lange dominierte, aber am Ende auch nicht mehr zu halten war. So kam es zu einer „Teilfusion“, aus der 2006 der Bergische HC (BHC) hervorging. 2011 gelang der Aufstieg in die 1. Bundesliga, aus der der Verein aber schon in der nächsten Saison wieder abstieg. Der Wiederaufstieg gelang 2013.

DS: Sie blicken auf eine sportlich und wirtschaftlich erfolgreiche Saison zurück. Die BHC Marketing GmbH hat ein Plus des Jahresumsatzes um elf Prozent gegenüber der Spielzeit 14/15 auf 2,944 Millionen Euro veröffentlicht. Blicken Sie in eine rosige Zukunft?

Jörg Föste: „Der BHC musste und muss für alles hart arbeiten – für jeden Punkt und auch für jeden Euro. Insofern findet der Begriff „rosige Zukunft“ in diesem Club keinen Platz. Wir sind aber sehr dankbar dafür, dass honoriert wird, wie sich der BHC im Konzert der ganz Großen schlägt.“

DS: Ein Riesenerfolg war in diesem Jahr das Erreichen des deutschen Pokal-Finales. War das so etwas wie ein Durchbruch in die absolute deutsche Spitzenklasse?

Jörg Föste: „Naja, es war das Halbfinale – doch viel hat in der dramatischen Partie gegen den späteren Titelträger SC Magdeburg wirklich nicht gefehlt. Der Bergische HC hat sich in der Barclaycard-Arena erstmals auf einer derartigen Bühne präsentiert – mit einer Reichweite von nahezu 50 Millionen Fernsehzuschauern. Wir haben sehr viel Anerkennung geerntet. Und das motiviert ungemein.“

DS: Mit welchen Erwartungen gehen Sie in die neue Bundesligasaison. Werden die „Löwen“ wieder gegen den Abstieg spielen oder ist da noch mehr drin?

Jörg Föste: „Zunächst einmal wird die DKB-Handball-Bundesliga nicht ohne Grund „Stärkste Liga der Welt“ genannt. Sie ist zudem die Liga des amtierenden Europameisters – beides übrigens Attribute, die die zweitwichtigste deutsche Sportart der wichtigsten voraus hat. Für diese Liga haben sich lediglich zwölf Clubs in den vergangenen vier Jahren ohne Unterbrechung sportlich qualifiziert. Zu diesem Dutzend zählt der Bergische HC. Und das ist eine tolle Bilanz, die wir gern noch ausbauen möchten.“

DS: Maciej Majdzinski fällt mit einer Knieverletzung lange aus. Können Sie den Verlust im Rückraum kompensieren. Wenn ja, wie?

Jörg Föste: „Wir sind mit Kristian Nippes und Maximilian Hermann im rechten Rückraum weiterhin erstklassig besetzt – übrigens defensiv wie offensiv.“

DS: Der BHC ist ein erfolgreicher „Bergischer“ Verein. Hat sich die „Bergische Idee“ nach ihrer Wahrnehmung inzwischen merklich weiter entwickelt?

Jörg Föste: „Das „Bergische“ ist keine Idee, sondern Realität. Schwierigkeiten im Miteinander gibt es zuweilen in jeder Hofschaft.“

DS: Von 17 Heimspielen tragen Sie in der neuen Saison nach jetzigen Plänen lediglich vier Spiele in Wuppertal aus. Können Sie verstehen, wenn sich da einige Wuppertaler Handball-Fans mehr wünschen?

Jörg Föste: „Wir werden nach Lage der Dinge acht bis neun Spiele in Wuppertal austragen können. Das entspricht in etwa der Quote der Vorjahre.“

DS: Sie tragen ihre Heimspiele gegen Gummersbach und Kiel in der Kölner Lanxess Arena aus. Welche Erwartungen verbinden Sie mit dieser Verlagerung?

Jörg Föste: „Nun, die Dinge entwickeln und verändern sich. Unihalle und Klingenhalle sind bekanntlich Auslaufmodelle – und wer das nicht erkennt, begreift die Zusammenhänge im Spitzenhandball nicht. Regionen mit größeren, modernen Arenen rücken nach – Leipzig etwa, Stuttgart oder Nürnberg. Balingen plant ebenso einen Neubau wie Minden – nun wahrlich keine Großstädte, aber sehr entschlossen. Die Lanxess Arena bietet zeitgemäßen Komfort, mehr Kapazitäten und ist TV-gelistet – deswegen ziehen wir zweimal um.“

DS: Der BHC 06 ist ein gemeinschaftliches Profi-Handballprojekt in den bergischen Städten Wuppertal und Solingen. Hat sich die Begeisterung nach Ihrer Wahrnehmung gleichmäßig entwickelt oder gibt es neue Zentren?

Jörg Föste: „Wir sind deutschlandweit in einer einzigartigen Situation. Unsere Heimspiele werden im Schnitt von Zuschauern aus 70 Städten besucht – in Köln sind es sogar 250. Die Mehrzahl kommt nach wie vor aus Wuppertal und Solingen, etwa in gleicher Anzahl. Die Lage mitten im bevölkerungsreichsten Umfeld sowie die Vielzahl der hier beheimateten Handballclubs ist einmalig.“

DS: Die BHC A-Jugend spielt auch in der kommenden Saison in der Bundesliga. Welchen Stellenwert hat die Jugendabteilung in Ihrem Club? Gibt es wie in anderen Vereinen auch einen Spielermangel?

Jörg Föste: „Die Jugendarbeit spielt beim BHC eine zentrale Rolle. Durch die Erfolge der Bundesligamannschaft haben wir regen Zulauf in allen Altersklassen. Mittlerweile spielen nahezu 400 Mitglieder von der U23 bis zu den Bambinis im BHC-Trikot.“

DS: Welche Rolle spielt der Frauenhandball beim BHC?

Jörg Föste: „Die Damenmannschaft sowie die weiblichen D- und E-Jugendlichen werden ab der neuen Saison an den Start gehen. Bei den Damen fangen wir ganz unten an – in der Kreisliga.“

DS: Die Vorläufer des Clubs waren im Grunde der LTV Wuppertal und SG Solingen. Gibt es beim jungen BHC so etwas wie Traditionspflege?

Jörg Föste: „Der BHC versteht sich als vollständig eigenständiger Club, der seine Traditionen selbst entwickelt. Beim 1.FC Köln käme niemand auf die Idee, das Jubiläum der SpVgg. Sülz 07 zu feiern.“

DS: Sie planen den Neubau einer großen Mehrzweckhalle. Wie sehen sie aktuell die Realisierungschancen und wo ist ihr favorisierter Ort dafür?

Jörg Föste: „Die Realisierung hängt davon ab, dass alle an einem Strang ziehen – Wirtschaft, Verwaltung, Politik. Es geht um nichts weniger als den Nachweis der Zukunftsfähigkeit. Der favorisierte Ort liegt auf der Stadtgrenze zwischen Wuppertal und Solingen.“

DS: Die Unihalle war bisher nicht immer ausverkauft. Wie sehen Sie die wirtschaftlichen Chancen für ein solches Projekt?

Jörg Föste: „Die Unihalle ist deshalb nicht immer ausverkauft, weil sie weder zeitgemäß noch gut gebaut ist. Zu wenig Parkplätze, deren Zuteilung man zudem erst am Spieltag erfährt. Unzureichende Bewirtungssituation für VIP-Gäste. Schlechte bis stark eingeschränkte Sichtmöglichkeiten auf 10% der Plätze. Das sind nur drei gravierende „Baustellen“. Die Menschen kommen trotz dieser Hindernisse – und daher sagen wir Danke für über 90% Auslastung. Zu den wirtschaftlichen Rahmendaten der neuen Arena haben wir bereits am 31. März 2014 ausführlich und öffentlich Stellung bezogen. Nur so viel: Je mehr Zeit verstreicht, desto teurer wird das Bauen…“

DS: Viktor Szilagyi ist neuer sportlicher Leiter. In welchen Bereichen erwarten Sie sich hier neue Impulse?

Jörg Föste: „In der sportlichen Leitung.“

DS: Wird es Ersatz für Co-Trainer von Behren geben oder bleibt Sebastian Hinze allein auf der Bank?

Jörg Föste: „Neben Sebastian wird Viktor auf der Bank Platz nehmen.“

DS: Sie waren Beisitzer bei der Gründung der Group Club Handball, einem Zusammenschluss mehrerer europäischer Top-Vereine. Wirken sich diese Kontakte auf ihre jetzige Tätigkeit als Beirat der BHC Marketing und 1. Vorsitzender des Bergischen HC noch aus?

Jörg Föste: „Nun, seinerzeit (es war im Winter 2006) hat man mich in meiner Eigenschaft als Gesellschafter des BHC sowie als Hospitality-Berater der Fußball-WM 2006 hinzugebeten. Die Kontakte sind gepflegt.“

DS: Worüber können Sie sich richtig aufregen?

Jörg Föste: „Über Boshaftigkeit, die Wurzel vielen Übels ist.“

DS: Welche Automarke genießt im Moment ihr Vertrauen?

Jörg Föste: „Die Wahl fällt auf den Designer und nicht auf die Marke. Ich fahre seit geraumer Zeit Pininfarina.“

DS: Sie führen ein mittelgroßes Unternehmen in der Werbebranche. Bleibt Ihnen da noch Zeit für Familie oder Hobbys?

Jörg Föste: „Ja, durchaus. Es gibt Menschen mit einem volleren Terminkalender.“

DS: Obligatorische Frage: Wenn die berühmte Fee kommt und Ihnen 20 Mio. in die Hand drücken würde, was würden Sie mit dem Geld machen?

Jörg Föste: „Zunächst werde ich ihr die Frage stellen, ob sie nicht noch Schwestern habe, die unter ähnlichem Zuteilungsdruck stehen. Die Gesamtsumme wäre zu 100 Prozent dem Arena-Pojekt zuzuleiten.“

DS: Welche Schlagzeile würden Sie gerne über sich lesen?

Jörg Föste: „Die gewünschten Schlagzeilen kommen sehr gut ohne meinen Namen aus.“

DS: Waren Sie dieses Jahr schon im Urlaub? Dürfen wir fragen wo?

Jörg Föste: „Beides ja. Meine Frau und ich waren eine Woche an der Mosel. Das langt für 2016.“

DS: Vielen Dank für das Gespräch

Das Interview führte Siegfried Jähne

 

Vita

Jörg Föste wurde am 29. November 1960 in Solingen geboren. 2006 zählte er zu den Gründungsmitgliedern und Gesellschaftern des Bergischen HC. Von Januar 2013 bis Juli 2015 war er Geschäftsführer des Handball-Bundesligisten, heute fungiert er als BHC-Beirat. Nach seinem Abitur studierte er Wirtschaftswissenschaften mit Schwerpunkt Betriebswirtschaftslehre an der Bergischen Universität Wuppertal. Nach seinem Studium gründete er das Unternehmen Föste-Werbe-Agentur, das heute unter dem Namen Conceptum über 30 Mitarbeiter beschäftigt. Er erlangte durch regionale Projekte große Aufmerksamkeit, unter anderem bei der Restaurierung des Ohligser Rathauskomplexes.

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