4. Juli 2025Peter Pionke
Fotografin Claudia Posern: Vom Hobby zum Traumberuf

Als Kind durfte sie ab und zu mit der Canon-Kamera ihrer Eltern im Urlaub oder bei Familienfesten fotografieren. Doch so richtig Klick machte es bei ihr erst viel später, als sie nämlich als 16jährige einen Fotokursus im Jugendzentrum Essen in den Fokus nahm. Daran erinnert sich Dr. Claudia Posern auch heute noch gern: „Es war damals noch reine, analoge Schwarz-Weiß-Fotografie. Ich lernte dort auch das Entwickeln von Filmen. Und seither hat mich die Fotografie nicht mehr losgelassen.“
Doch zum Traumberuf als selbständige Fotografin kam das selbsternannte „Kind des Ruhrgebiets“ auf Umwegen. Nach der Mittleren Reife machte Claudia Posern erst einmal eine Ausbildung als Reprografin beim Energie-Unternehmen Ruhrgas, heute EON. Der Auslöser für diese Entscheidung: „Fotografen in Fotostudios wurden damals so schlecht bezahlt, davon hätte ich meine Miete gar nicht bezahlen können. Da war man bei einem großen Konzern wie Ruhrgas besser aufgehoben,“ erklärt sie in der Nachbetrachtung.
Aus Reprogafin den ganzen Tag über in der Dunkelkammer
Claudia Posern lernte dort zwar eine Menge über Foto-Techniken, aber so richtig Klick machte es bei ihr nicht. Sie bekam nämlich keine Menschen vor die Linse, sondern nur Maßstabspläne für die Rohrverlegung von Gaspipelines und Diagramme. Die Faltpläne musste sie mit einem speziellen, mathematisch-fotografischen Verfahren aufnehmen und teilweise die Größenformate verändern. Klingt irgendwie eintönig und langweilig – und das war es auch. Claudia Posern lernte zwar, optimal Licht zu setzen, Blenden einzustellen, das Drucken und sogar das Buchbinden. Allerdings musste sie den ganzen Tag über in der Dunkelkammer verbringen.

„Im Winter habe ich oft kein Tageslicht gesehen. Morgens im Dunkeln zur Arbeit, spätnachmittags im Dunkeln nach Hause“, blickt sie auf diese Zeit zurück. Ein paar Monate nach der bestandenen Prüfung als Reprografin ging ihr ein Licht auf. Sie kündige bei Ruhrgas und meldete sich bei Fachoberschule für Gestaltung an. Das war genau ihr Ding: Kunstunterricht, technisches Zeichnen, Kunstgeschichte.
Claudia Posern hatte jetzt ein Ziel vor Augen, sie wollte Kunstlehrerin werden. Deshalb holte sie das Voll-Abitur nach und studierte an der Uni Duisburg-Essen Kunst und Geografie auf Lehramt. Da kam sie zwangsläufig mit Pädagogik in Berührung, aber im künstlerischen Teil auch mit der Fotografie, teilweise als eigene Kunstform.
Kunstlehrerin als vorübergehendes Berufsziel
Das Studium schloss Claudia Posern erfolgreich ab, aber den Plan, Kunstlehrerin zu werden, blendete sie endgültig aus. Ihre Einsicht: „Ein guter Lehrer ist heute nicht jemand, der die Inhalte seines Fachs von A-Z beherrscht, sondern muss eher ein Sozialarbeiter sein. Ich wollte aber Menschen unterrichten, die sich aus Überzeugung voll auf das Thema Kunst konzentrieren.“

Kurzzeitig dachte sie daran, Kunstdozentin an einer Universität zu werden. Claudia Posern hatte auch Vorstellungsgespräch als Juniorprofessorin an der Hochschule für Bildende Künste in Berlin. Sie stellte dabei fest, dass sie sich eigentlich hätte besser darauf vorbereiten müssen. Aber in ihrer Brust schlugen ohnehin zwei Herzen. Claudia Posern hatte vorher schon als Fotografin und im Projektmanagement der Essener Agentur von Ralf Schönfeldt, Herausgeber des Magazins „Informer“, gearbeitet, um Geld fürs Studium zu verdienen.
Es gab auch schon einen eigenen Kundenstamm. Und nicht zuletzt schrieb sie in der Zeit extern ihre Doktorarbeit in Kunst- & Designwissenschaften. Claudia Posern: „Ich hatte eigentlich alles, was ich wollte: Kunden, Aufträge, ich lernte jeden Tag neue, interessante Menschen kennen, tauchte in viele Branchen ein und verdiente gutes Geld – und das alles zuhause in meinem geliebten Ruhrpott.“
Seit 19 Jahren mit eigenem Fotostudio selbständig
Damit war die Entscheidung gegen eine Juniorprofessur in Berlin gefallen. Seit nunmehr 19 Jahren drückt sie als Inhaberin des FOTOSTUDIO ESSENs für den eigenen Geldbeutel auf den Auslöser. Sie arbeitet mit zwei digitalen Nikon-Kameras, darunter das Flaggschiff Nikon Z9 und dazu eine einfache, analoge Canon AE1 für die Kunst-Fotografie. Während der Corona-Zeit, als Kunden-Kontakte unmöglich waren, richtete sich sie in ihrem Studio mehr aus Langweile und Nostalgie sogar wieder ein Schwarz-Weiß-Labor ein.

Claudia Posern sieht sich in erster Linie als Werbefotografin. Ihr Thema beruflich ist der Mensch und seine Arbeit, immer mit engem Bezug zur Branche, von der sie gerade gebucht wird. „Kunst-Fotografie machen höchstens zehn Prozent meiner Arbeit aus – und auf diesen Fotos sind Menschen gar nicht zu sehen oder spielen eine untergeordnete Rolle.“
So wie bei ihren imposanten Kunstfotos von der „Bramme“, dem Stahlblock auf der Schurenbachhalde in Gelsenkirchen, beim Foto des Schriftzugs „Darling-Habour“ im Hafen von Sydney (Australien), den sie von der Rückseite her aufgenommen hat oder bei ihrem Foto-Kunstwerk vom Computerraum der „Public Library“ in New York, auf dem Menschen nur von hinten zu sehen sind.
„Das Letzte Abendmahl“ neu ins Szene gesetzt
Selbstverständlich bringt sie bei ihrem Know How auch künstlerische Elemente in ihre täglichen Kunden-Jobs mit ein, so wie beim CD-Cover einer Musik-Band. Da hat sie das berühmte Da Vinci-Gemälde „Das Letzte Abendmahl“ mit ihrer Kreativität und ihrer Kamera eindrucksvoll in die heutige Zeit gebeamt. Claudia Posern gibt zu: „Ich liebe auch die Arbeit in Werkstatt-Atmosphäre wie beim Mercedes-Nutzfahrzeug-Händler LUEG in Wattenscheid, wo es nach Öl riecht und die Arbeiter manchmal Schmutzspuren im Gesicht, an den Armen und an der Arbeitskleidung haben.“

Auch feminine Themen findet die Vollblut-Fotografin cool: „Ich habe eine Kundin, die Naturkosmetik vertreibt. Es macht einen Riesenspaß, die Produkte zu dekorieren und optimal ins Licht zu rücken, beispielsweise in der Schale einer Auster.“
Es gab aber auch Aufträge, die ihr großen Respekt einflößten und bei denen Sie ihre Höhenangst in den Griff bekommen musste – so beim Auftrag in Süddeutschland, als sie Tageslichtwerkstätten in hohen Hallen mit Hilfe eines hin- und herschwingenden Hubsteigers in schwindelnder Höhe fotografieren musste. Oder auch beim Einsatz in einer Bochumer Kletterhalle.
Auch bei herausfordernden Fotoshootings voll fokussiert
Claudia Posern lässt die Szene Revue passieren: „Da sollte ich einen der Kletterer fotografieren, wenn er ganz oben die Hallendecke berührt. Dafür musste ich eine hohe Leiter hinaufklettern. Ich war zwar mit einem Gurt gesichert, aber als sich dieser dann mit meinem Kameragurt verhedderte, war ich außerhalb meiner Komfortzone. Ich habe aber die Nerven behalten. Und wenn ich dann durch den Sucher schaue, ist das unsichere Gefühl wieder verflogen und ich fokussiere mich dann voll auf meine Arbeit.“

Was macht eine gute Fotografin oder ein guter Fotografen aus ihrem Blickwinkel aus: „Zuverlässigkeit, Professionalität, Empathie, Spaß an der Arbeit und natürlich sehr gutes Equipment.“
Und wenn sie einmal nicht auf den Auslöser drückt, wie entspannt sich das kreative „Energiebündel“ dann: Mit Pilates, Tanzen, im Garten buddeln und mit ihren beiden Katzen. Claudia Posern hat auch ganz klare Prinzipien: „Aufträge von gewissen Parteien und Organisationen lehne ich strikt ab.“
Unerfüllbare Erwartungen: Abschied von Aktfotos
Sie macht keine Passfotos und hat sich auch von ihrem speziellen Angebot „Aktfotos“ verabschiedet, was sie ausschließlich für Frauen im Portfolio hatte. Warum, das erklärt die erfolgreiche Fotografin mehr als einleuchtend: „Die Mädels, die zu mir ins Studio kamen, wollten ihren Partnern mit dem Foto ein erotisches Geschenk machen. Und da klafften Erwartungshaltung und Realität fast immer viel zu weit auseinander.“ Denn optische Wunder vollbringen kann weder eine Kamera, noch eine Spitzen-Fotografin wie Dr. Claudia Posern.
Text: PETER PIONKE

Link zur Webseite von Dr. Claudia Posern:
http://www.fotostudio-essen.de
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