21. April 2023

Autor Jochen Rausch: Mordfall im Netz als Geistesblitz

Er hat es wieder getan! Jochen Rausch, Buchautor, Musiker und Ex-Programmdirektor der Rundfunksender 1LIVE, WDR 2 und WDR 4 veröffentlichte jetzt seinen neuen Roman "Im toten Winkel". Eine spannende, tiefgründige Story und große Emotionen sind garantiert. Den Ritterschlag hatte Jochen Rausch bereits für sein Buch "Krieg" erhalten, das von der ARD unter dem Titel "Fremder Feind" verfilmt wurde.

Die erfolgreiche Buchautor ud Musiker Jochen Rausch – © Privat

Der Wuppertaler Autor hat ein Händchen für vielschichtige Storys, die auch seine Figuren, Menschen mit unterschiedlichsten Charakteren, genügend Raum lassen, um sich auszuleben. Jochen Rausch mag Menschen, beobachtet sie gern, um so selbst mehr vom Leben zu lernen.

Mit „Im toten Winkel“ ist ihm wieder ein Roman gelungen, der fesselt und berührt. Es ist nicht einfach nur eine Kriminal-Story mit Holzschnitt mäßig geschnitzte Charakteren. Die Leserin und der Leser begleitet Jochen Rauschs Protagonistin, die gestrauchelte Ermittlerin Marta Milutinovic, auf emotionale Höhen und durch mentale Täler.

Wir haben uns mit Jochen Rausch über seinen neuen Roman unterhalten, aber darüber, das er sich seiner zweiten Leidenschaft, der Musik, auch wieder hingegeben hat.

DS: Ihr neuer Roman „Im toten Winkel“ ist in diesen Tagen herausgekommen. Worum geht es in dem Buch?

Jochen Rausch: „Wir haben einen Trailer gemacht, da heißt es: Ein Thriller? Oder eine Geschichte über die Liebe? Es geht um Marta Milutinovic, eine Ermittlerin mit slowenischen Wurzeln, die nach einem Schicksalsschlag und einem schweren beruflichen Fehler in die Provinz an die tschechische Grenze versetzt wird und einerseits ins Leben zurückfindet und beinahe nebenbei an der Aufklärung eines längst zu den Akten gelegten mysteriösen Mordfalls arbeitet.“ 

DS: Wie lange haben Sie an dem Roman gearbeitet?

Jochen Rausch: „Schwer zu beantworten. So etwas geht über Jahre, in verschiedenen Etappen.“

DS: Handelt es sich um eine rein fiktive Story, ob gibt es einen realen Hintergrund?

Jochen Rausch: „Ich glaube, es gibt gar nichts rein Fiktives. Es verbinden sich immer eigene Erfahrungen und Erlebnisse mit einer Geschichte, die sich gut erzählen lässt. Letztlich geht es mir als Autor darum, mir mit jedem Buch ein wenig mehr das Leben zu erklären.“

DS: Wie entstehen solche Storys in Ihrem Kopf?

Jochen Rausch: „Hier war es ein Fund im Netz bei Twitter: die Familie eines vor Jahrzehnten ermordeten Jungen twittert in dessen Namen. Und die Texte sind immer an den unbekannten Mörder gerichtet. Das hat mich berührt, beeindruckt und inspiriert.“

Autor Jochen Rausch mit Sohn Tim, Journalist und als Schüler engagierter und kompetenter Liveticker-Reporter der STADTZEITUNG beim Wuppertaler SV – © privat

DS: Wie schreiben Sie Ihre Bücher, doch wohl nicht mehr mit einem Glas Rotwein an der guten, alten Schreibmaschine?

Jochen Rausch: „Weder Rotwein noch Schreibmaschine. Das Schreiben ist eine langwierige Arbeit und besteht in allererster Linie aus der immer feineren Überarbeitung des ersten Entwurfs. Ich habe mich schon oft gefragt, wie man das eigentlich früher ohne Computer gemacht hat? Aber es muss irgendwie funktioniert haben, große Werke der Weltliteratur mit der Schreibmaschine oder der Hand zu schreiben, wo man kaum Überarbeitungsmöglichkeiten hatte.“

DS: Wer bekommt ihre Roman-Manuskripte als Erstes zu lesen?

Jochen Rausch: „Ich habe eine Literatur-Agentin in Berlin und einen Lektor in München. Sie sind kritische Leser. Und ich weiß, dass sie immer daran interessiert sind, aus einer Idee und einem Text das Optimale herauszuholen.“

DS: Als Sie noch als WDR-Programmdirektor einen Fulltimejob hatten, war das Bücherschreiben ja wohl eher ein anspruchsvolles Hobby. Wie hat sich das nach Ihrer Pensionierung Ihre Arbeitsweise verändert?

Jochen Rausch: „Ich mochte das Wort Hobby nie. Es hat etwas Amateurhaftes. Ich wollte immer professionell schreiben. Also an den Punkt gehen, wo dann meine eigene Grenze ist, wo ich es so gut gemacht habe, wie ich kann. Das klingt nach Arbeit und ist auch Arbeit. Aber eine sehr schöne, kreative Beschäftigung. Schreiben ist für mich eine Art Meditation. Es ist auch nicht so sehr eine Zeitfrage, sondern eher eine Frage des Willens. Und es ist eine Leidenschaft.“

DS: Ihr Roman „Krieg“ wurde unter dem Titel „Fremder Feind“ ein großer Erfolg als Fernsehfilm. Hat Sie jetzt der Ehrgeiz gepackt, Ihre Geschichten bewusst von vornherein so anzulegen, dass sie auch TV-kompatibel sind?

Jochen Rausch: „Ein Roman und ein Drehbuch sind zwei verschiedene Herangehensweisen. Im Buch erzeugt man Emotionen mit Worten und Dialogen, im Film hat man das Bild, die Musik, die Schauspieler. Ein Roman fordert mehr vom Rezipienten als ein Film von seinen Zuschauern. Wer liest, muss mehr mitdenken und seine eigene Phantasie einbringen. Aber man könnte die Geschichte der Marta Milutinovic sicher gut verfilmen – aber beim Schreiben hat das für mich keine Rolle gespielt.“

Jochen Rausch (l.) mit Michael Kozinowski, Inhaber der Wuppertaler Traditions-Buchhandlung V. Mackensen, die seinen neuen Roman „Im toten Winkel“ uns auch andere seiner Bücher selbstverständlich vorrätig hat – © privat

DS: Wie groß ist Ihr Respekt vor Buchkritikern, die gern mal ein Buch verreißen, aber selbst noch nie eines geschrieben haben?

Jochen Rausch: „Wer sich in die Öffentlichkeit begibt, muss mit Kritik leben. Es ist sicher nicht immer gerecht, was über ein Buch, einen Film oder eine Musik gesagt oder geschrieben wird, aber wenn man selber das Beste aus sich herausgeholt hat, gibt das eine gewisse Gelassenheit. Schlecht wäre nur, wenn man geschludert hätte und Kritiker genau das kritisierten.“

DS: Von der Fertigstellung eines Manuskriptes bis zur Veröffentlichung vergehen oft viele Wochen, heisst das, dass Sie bereits schon wieder an einem neuen Buch arbeiten und zumindest wieder eine Roman-Idee haben?

Jochen Rausch: „Ich gebe mir nach einem neuen Buch immer Pausen. Manchmal schreibe ich mir eine Idee auf für etwas Neues. Aber ich verwerte eigentlich nur Ideen, die ich nicht vergesse. Ich treffe mich gerade hin und wieder mit einem Drehbuchautor, weil wir einen Film oder eine Serie entwicklen wollen und unsere Möglichkeiten zusammenbringen wollen.“

DS: Gibt es irgendein Thema, das Sie unbedingt noch in Buch-Form gießen wollen?

Jochen Rausch: „Eigentlich geht es immer um die Liebe. Und das Leben. Darüber gibt es natürlich schon unendlich viele Bücher. Aber was gibt es Interessanteres, als sich mit dem Leben auseinanderzusetzen?

Jochen Rausch (r.) mit Rock-Star Herbert Grönemeyer bei der Verleihung 1Live Krone 2014 – © WDR/Annika Fußwinkel

DS: Ist das Bücherschreiben heutzutage eher ein schönes, ambitioniertes, künstlerischer Zeitvertreib Hobby oder kann man damit auch jetzt noch Geld verdienen?

Jochen Rausch: „Wer das Ziel hat, viel Geld zu verdienen, sollte vielleicht einen anderen Weg einschlagen als Bücher zu schreiben. Jemand hat mal gesagt, mit dem Schreiben ist es so ähnlich wie Lottospielen, nur dass weniger Menschen mitspielen. Ich habe darauf gesagt: Das Ausfüllen des Lottoscheins dauert aber deutlich länger.“

DS: Sind Lesungen vor Publikum für Sie so etwas, wie für einen Schauspieler, auf der Theaterbühne zu stehen?

Jochen Rausch: „Ich mag den unmittelbaren Kontakt mit Menschen, die sich für das Buch interessieren. Es ist übrigens nie gleich. Das Publikum reagiert mal so und mal so. Inzwischen mag ich es ganz gerne, wenn eine Moderatorin oder ein Moderator dabei ist, das reine Vorlesen eines Textes ist jetzt nicht so spannend, finde ich. Man will eher etwas über die Geschichte und den Menschen dahinter erfahren, was gar nicht im Buch steht.“

DS: Womit wird denn der Musiker Jochen Rausch demnächst noch aufhorchen lassen?

Jochen Rausch: „Wir wollen eine neue Stahlnetz-Platte machen. Von der ersten bis zur zweiten Platte vergingen 38 Jahre. So viel Zeit bleibt nun nicht mehr für das dritte Album.“

DS: Welche Headline würden Sie gerne einmal über sich selbst lesen?

Jochen Rausch: „Mein früherer Chef Fritz Pleitgen, der leider im letzten Jahr verstorben ist, war bei der Filmpremiere von ‚Krieg‘ (der in der ARD unter dem Titel ‚Fremder Feind‘ lief, zu sehen in der Mediathek oder bei Netflix). Er sagte danach zu mir: ‚Herr Rausch, das hätte ich Ihnen gar nicht zugetraut‘. “

DS: Vielen Dank für das offene, spannende und informative Gespräch

Das Interview führte Peter Pionke

 

„Im toten Winkel“ – Jochen Rausch – Piper Verlag – 304 Seiten – ISBN-10: 3492071643 – ISBN-13: 978-3492071642

 

Vita Jochen Rausch

Jochen Rausch wurde am 07. April 1956 in Wuppertal geboren. Nach der Fachhochschulreife begann er eine Ausbildung bei der AOK. Zeitgleich arbeitete er als freier Journalist für die Wuppertaler Redaktion der NRZ, für andere WAZ-Zeitungen und für Kulturmagazine. Mitte der 80er arbeitete er als Radio- und TV-Reporter für WDR und ARD (z.B. „Tagesschau“). Parallel studierte er an der Bergischen Uni Wirtschaftswissenschaften und befasste sich mit Rundfunkökonomie.

Nach dem Studium wurde er Redakteur beim WDR und dann Referent des späteren Intendanten Fritz Pleitgen. 1995 wurde er zunächst Musikchef und dann Programmchef von „1LIVE“. Er hatte Lehraufträge, u.a. an der Musikhochschule Karlsruhe. Seit 2005 war Jochen Rausch auch stellv. Hörfunkdirektor. 2015 erhielt er als erster Radiomacher den Grimmepreis. Ab April 2015 leitete er bis zur Pensionierung im März 2022 neben 1LIVE auch die Programme WDR 2 und WDR 4.

Jochen Rausch als Musiker: Er war Sänger der Band „Die Helden“, später gründete er mit Detlef Cremer„Stahlnetz“. 1982 Veröffentlichung des Albums „Wir sind glücklich“ bei BMG Ariola (produziert vom legendären Conny Plank). Die Single „Vor all den Jahren“ war ein Top 20-Titel.

Das Duo „Stahlnetz“: Jochen Rausch (r.) und Detlef Cremer – © lebendigital

Unter dem Namen LEBENdIGITAL veröffentlichten Rausch und Cremer verschiedene „Spoken-Song“-Alben, zuletzt mit Udo Lindenberg das Album LINDENBERGTRACKS (Randomhouse).

Er veröffentlichte u.a. folgende Bücher: „Restlicht“ (2008),„Trieb“ (2010), „Krieg“ (2013) und „Rache“ (2015). Alle Bücher kamen auch als Hörbücher heraus. Ende 2016 erscheint beim Berlin Verlag/Piper „Im Taxi – eine Deutschlandreise“. Jochen Rausch ist verheiratet, hat zwei Kinder.

Sein Buch „Krieg“ wurde 2017 unter dem Titel „Fremder Feind“ von der ARD verfilmt. Regie führte Rick Ostermann, die Hauptrollen spielten Ulrich Matthes, Barbara Auer, Lili Epply, Jördis Triebel und Samuel Schneider. Und jetzt erscheint sein brandneuer Roman „Im toten Winkel“.

Link zur Webseite von Jochen Rausch:

http://www.jochenrausch.com

Link zum Trailer von „Im toten Winkel“:

https://www.youtube.com/watch?v=Swzv0bF-eLQ

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