10. September 2020

OB-Wahl – Andreas Mucke: Gleiche Sprache wie Menschen im Tal

Als krasser Außenseiter gewann er am 21. Oktober 2015 die OB-Stichwahl gegen den haushohen Favoriten Peter Jung (CDU). Eine Riesen-Überraschung! Jetzt geht Andreas Mucke am 13. September als Amtsinhaber selbst von der Pole Position aus ins Rennen - und das mit breiter Unterstützung seiner Partei - der SPD. Der 53jährige kämpft selbstbewusst um eine zweite Amtszeit als Wuppertaler Stadtoberhaupt.

Andreas Mucke – © Monika Asmus

Wie seine Konkurrenten Prof. Dr. Uwe Schneidewind (CDU/Die Grünen), Panagiotis Paschalis (parteilos), Marcel Hafke (FDP) und Bernhard Sander (Die Linke), Henrik Dahlmann (WfW/FW) und seine einzige Konkurrentin Mira Lehner (Die Partei) muß sich Andreas Mucke in Zeiten von Corona auf einen völlig anderen Wahlkampf einstellen. Der STADTZEITUNG hat Andereas Mucke ein ausführliches Interview gegeben.

DS: Wie fällt die ganz persönliche Bilanz Ihrer ersten Amtszeit als Oberbürgermeister der Stadt Wuppertal aus?

Andreas Mucke: „Wenn ich es in einem Satz zusammenfassen sollte: Ich habe viel erreicht, aber es gibt noch eine Menge zu tun. Anders ausgedrückt: Ich konnte bereits vieles anstoßen, auf den Weg bringen und gemeinsam mit Politik und Verwaltung realisieren: 300 Millionen Euro für die Sanierung und den Neubau von Schulen, 2.500 neue Plätze in der Kinderbetreuung, 1.250 neue Plätze im Offenen Ganztag, 10.000 neue Arbeitsplätze und eine Steigerung der Gewerbesteuereinnahmen auf rund 235 Millionen Euro in 2019, über 40 Prozent Einsparung bei Kohlendioxid im Vergleich zu 1990, die Verhinderung von Dieselfahrverboten, eine vorzeitige Wiedereröffnung der B7, das erste Stadtentwicklungskonzept seit Gründung der Stadt, ein Engels-Jahr, ein Else Lasker-Schüler-Jahr, die Sicherung der Wuppertaler Bühnen mit zwei neuen künstlerischen Leitungen, die Erhöhung der Zuschüsse für Freie Kulturszene um 150.000 € usw.“

DS: Sie waren ja Newcomer und Überraschungssieger. Gibt es etwas, das Sie im Vorfeld ganz anders eingeschätzt haben als es sich später in der Realität darstellte?

Andreas Mucke: „Ich war ja von 1994 bis 2011 im Stadtrat und bin seit 38 Jahren Parteimitglied. Daher wusste ich schon, wie das Politikgeschäft läuft und, dass es da nicht immer rational und fair zugeht. Und dass das Amt einen zu 100 Prozent fordert, war mir auch klar. Man ist eigentlich immer im Dienst – egal, wo man gerade ist. Was habe ich anders eingeschätzt? Ich habe mir gewünscht, man findet öfter unabhängig von der Parteifarbe zusammen, wenn ich offen und überparteilich das Gespräch suche und für gute Ideen werbe. Ich verstehe mich als Oberbürgermeister aller Menschen in dieser Stadt und nicht einer Partei. Daher werde ich weiterhin den Ausgleich und das Zusammenspiel aller demokratischen Kräfte suchen.“ 

DS: Warum streben Sie überhaupt eine zweite Amtszeit an?

Andras Mucke: „Ich habe in den vergangenen 5 Jahren eine ungeheure Freude im Amt gehabt, mit sehr vielen spannenden und schönen Begegnungen, Themen und Erfahrungen. Die Stadt ist voller engagierter Menschen, die Ideen haben für Wuppertal und unser Zusammenleben – und die dann auch mit anpacken. Und auch bei der Verwaltung gibt es ein tolles Team von Mitarbeitenden, die eine klasse Arbeit leisten. Ich brenne für Wuppertal mit Herz und Verstand. Hier bin ich geboren, hier bin ich zu Hause. Ich mag die Menschen hier, die so bodenständig und fleißig sind, manchmal auf den ersten Blick mal knurrig und kurz angebunden sind, aber das Herz am rechten Fleck und immer den anderen im Blick haben. Ich habe viele große Projekte, wie z.B. die Bundesgartenschau, aber auch kleine Projekte angestoßen, die ich weiter voranbringen möchte. Auch der Umbau der Stadtverwaltung zu einem digitalen Dienstleister geht nicht von heute auf morgen – das ist eine stetige Weiterentwicklung. Und die Bekämpfung der Armut ist auch kein Sprint, sondern ein Marathon. Beim Klimaschutz gibt es noch sehr viel zu tun und die Schaffung von Arbeitsplätzen ist ein Dauerbrenner – genauso wie die Stadtteilentwicklung, die mir sehr am Herzen liegt. Hier gilt es jetzt, verstärkt auch die Quartiere mit in den Mittelpunkt zu rücken, die bisher nicht so intensiv bedacht wurden, wie z.B. Cronenberg, Ronsdorf oder Vohwinkel.“

DS: Wie wichtig ist Ihnen die breite Unterstützung Ihrer Partei, die Sie erhalten haben?

Andreas Mucke: „Die SPD ist meine politische Heimat. Daher bin ich für den großen Rückenwind auf meiner Nominierung sehr dankbar.  97,1 % ist ein ordentliches Ergebnis, das Rückhalt und Ansporn bedeutet.“

DS: Sehen Sie sich als Amtsinhaber gegenüber Ihren Mitkonkurrenten in der Pole Position, nicht zuletzt, weil Sie in der Coronakrise als Krisen-Manager regelmässig im Blickpunkt stehen?

Andreas Mucke: „Ich hätte uns allen die Corona-Krise gerne erspart. Der Lockdown war die Zeit der Exekutive. Politik und Verwaltung beschäftigen sich nun damit, wie wir die Folgen der Krise für die Gesellschaft insgesamt, für die Wirtschaft oder z.B.  für die Kultur und die Gastronomie begrenzen können. Damit eröffnet sich auch wieder ein Diskussionsraum, in dem um die besten Ideen gestritten werden kann. Und auch das vielzitierte Alltagsgeschäft ist schon längst wieder an der Tagesordnung. Letztlich hat die Landesregierung entschieden, dass die Wahl trotz der Corona-Situation, die ja leider noch nicht überwunden ist, am 13.09. bzw. die mögliche Stichwahl am 27.09.2020 stattfindet.“

Ein strahlender und glücklicher Andreas Mucke nach der gewonnenen Stichwahl am 27.09.2015 – © Monika Asmus

DS: Durch die Coronakrise findet ein Großteil des Wahlkampfs online statt und die Briefwahl wird eine Hauptrolle spielen – sehen Sie das als Vorteil oder als Nachteil?

Andreas Mucke: „Wahlkampf findet in Corona-Zeiten ganz anders statt. Es gibt nicht den klassischen Wahlkampf. Feste und Veranstaltungen, auf denen man sich sonst vorstellen konnte, fallen überwiegend weg. Das Internet ersetzt nicht die persönliche Begegnung, bietet aber einen öffentlichen Raum, in dem Debatten geführt werden können. Mittlerweile gab es ja schon und gibt es noch einige – coronakonform ausgerichtete – Podiumsdiskussionen der Kandidaten, die auch im Internet übertragen werden. Ich sorge mich, dass viele nicht zur Wahl gehen. Deshalb nutze ich die Termine in der Stadt, um auf die Wahl aufmerksam zu machen. Wahlen sind ein wesentlicher Pfeiler unserer Demokratie, eine möglichst hohe Wahlbeteiligung und die Wahl von Vertreterinnen und Vertretern demokratischer Parteien sind mir wichtig.  Für wen eine Briefwahl Vor- und Nachteile hat, kann ich Ihnen nicht sagen. Zumal die Parteienbindung ohnehin abgenommen hat und die Wahl des Oberbürgermeisters eine Personenwahl und nicht die Wahl einer Partei ist.“

DS: Wie schätzen Sie Ihre Mitkonkurrenten ein?

Andreas Mucke: „Alle demokratischen Parteien haben respektable Kandidaten aufgestellt. In anderen Städten bewerben sich längst nicht so viele gute Kandidaten um das (Ober)Bürgermeisteramt. Ich finde, dass das für Wuppertal spricht. Ich habe Respekt vor jedem demokratischen Kandidaten und davor, dass man sich überhaupt  zur Wahl stellt. Denn das bedeutet erstens ein Bekenntnis zur Demokratie und zweitens ist das ein enormer persönlicher Einsatz, den ein Wahlkampf einem abverlangt.“

DS: Wen halten Sie für den stärksten Gegner?

Andreas Mucke: „Ich habe es mir zu Eigen  gemacht, niemanden zu unterschätzen. Wer hätte vor fünf Jahren gedacht, dass ich Peter Jung schlagen könnte?! Ich freue mich jedenfalls auf einen fairen Wahlkampf um die besten Ideen für Wuppertal.“ 

DS: Was würden Sie im Falle einer Wiederwahl in Ihrer zweiten Wahlperiode anders machen als bisher?

Andreas Mucke: „Es ist ja so, dass man sich im Laufe der Zeit verändert – das ist normal. Denn man lernt ein Leben lang und macht Erfahrungen, die einen prägen. So ist das auch in so einem Amt. Von daher ist es ein fließender Prozess, mit immer neuen Erfahrungen, die die Arbeitsweise verändern.“ 

DS: Aus Ihrer Sicht: Wie bodenständig und volksnah, aber auch kompetent in Wirtschafts-, Verwaltungs- und Sozialfragen muss der Oberbürgermeister einer Großstadt wie Wuppertal heutzutage sein?

Andreas Mucke: „Ich will ein Oberbürgermeister zum Anfassen sein, den man auch gerne auf der Straße oder bei Veranstaltungen ansprechen kann. Ich will wissen, was die Menschen bewegt und welche Ideen oder Wünsche sie haben. Das geht nur im direkten Gespräch. Und als Wuppertaler Junge, der hier seit fast 54 Jahren lebt, zur Schule gegangen ist, Zivildienst im Krankenhaus gemacht und an der Bergischen Uni studiert und sein Berufsleben bis auf eine kurze Zeit in Remscheid hier in Wuppertal verbracht hat, weiß ich nun mal sehr gut, wie die Menschen in unserer Stadt ticken. Wir sprechen dieselbe Sprache. Und dazu gehört auch Ehrlichkeit. Nicht direkt alles zu versprechen. Denn nicht für jedes Problem gibt es eine Lösung. Egal wie groß die Stadt ist, ein (Ober)Bürgermeister muss immer das Ohr an den Bürger*innen haben und wissen, was die Menschen bewegt. Aber natürlich muss man auch Führungserfahrung mitbringen. Ich war elf Jahre Vertriebsleiter bei den WSW und danach bis zu meiner Wahl vier Jahre Geschäftsführer der Wuppertaler Quartierentwicklungsgesellschaft. Diese Erfahrung hat mir viel genutzt. Aber auch meine Zeit im Stadtrat ist enorm wichtig für so ein Amt, denn dann weiß man, wie der Politikbetrieb läuft. Daher bringe ich durch meine Ratstätigkeit neben meiner beruflichen  Erfahrung als Diplom-Ingenieur für Technischen Umweltschutz eine Menge Wissen mit in Sozial- und Jugendpolitik sowie in Wirtschaftsfragen.

Wichtig ist, die Grundlinien und Grundprinzipien aller Themen zu kennen und klare Vorstellungen dafür zu haben, wohin sich die Stadt entwickeln soll.Für die Details gibt es die Fachleute in der Verwaltung, auf die ich baue. Denn Oberbürgermeister sein, ist keine One-Man-Show.“

DS: Wuppertal ist eine Hochburg der Automobilzulieferer, deren Mauern in Zeiten von Umweltdiskussionen, Diesel-Verteufelung und E-Mobilität bröckeln. Wie wollen Sie die hier ansässigen, großen Unternehmen mit vielen Arbeitsplätzen unterstützen?

Andreas Mucke: „Das geht nur mit dem Blick nach vorne. Das Bergische war schon immer die Region der Tüftler und Erfinder. Gerade bei Automotive gibt es gute Ansätze wie mit dem Projekt Bergisch Smart Mobility im Rahmen der Digitalen Leitkommune Wuppertal. Hier geht es kurz gesagt um „Autonomes Fahren“. Digitalisierung und Vernetzung der Verkehrsträger spielen meines Erachtens eine wesentliche Rolle in der nahen Zukunft. Und da sind wir mit dem Kompetenzzentrum Automotiveland NRW, das bei der Bergischen Gesellschaft angedockt ist, hervorragend aufgestellt. Wir müssen mit Innovationsgeist gezielt Gründer stärken, die aktuell sehr gute Zusammenarbeit zwischen Uni und Wirtschaft ausbauen sowie zusätzliche kompetente Ansprechpartner bei der Wirtschaftsförderung haben. Ausreichend Gewerbeflächen für Neuansiedlung von außen und Erweiterungsflächen für heimische Betriebe müssen wir ebenfalls vorhalten. Leider sind uns da 5ha in Ronsdorf an der Parkstraße abhandengekommen, weil die CDU plötzlich ihre Haltung geändert hat und nun dort die Forensik angesiedelt sehen möchte. Mit der Fortschreibung des Handlungsprogramms Gewerbeflächen habe ich vor kurzem bereits die 2. Aktualisierung auf den Weg gebracht, um das Thema nach vorne zu bringen.“

DS: Wie könnte man WUPPERTAL aus Ihrer Sicht als Wirtschaftsstandort besser aufstellen und zukunftsorientiert nach innen und außen stärken?

Andreas Mucke: Wir haben bereits eine gute Vernetzung in der Stadt. Zur Optimierung und um Praktiker eng einzubinden, habe ich einen  Beirat für Wirtschaft und Arbeit ins Leben gerufen, in dem sich Verbandsvertreter*innen und Unternehmer*innen mit mir über die Stärkung des Wirtschaftsstandort Wuppertal austauschen und Ideen schmieden. Zudem lade ich beispielsweise regelmäßig Unternehmensgründer*innen und auch Branchenvertreter ein. Ich halte es auch für sinnvoll, einen Impuls zu setzen und die Gewerbeteuer sowie die Grundsteuer zu senken, sobald es der finanzielle Spielraum und auch die gesetzlichen Rahmenbedingungen erlauben. Wir hatten bis Corona eine solide wirtschaftliche Entwicklung mit 10.000 zusätzlichen Arbeitsplätzen seit 2015 und einen Anstieg der Gewerbesteuereinnahmen auf rund 240  Mio. €. Die Arbeitslosigkeit ging zurück und seit 2017 haben wir einen städtischen Haushalt mit Überschüssen. Das gab es 25 Jahre bis dahin nicht. Für Wuppertal wünsche ich mir ein weiteres Forschungsinstitut, das sich mit Grundlagenforschung im technischen und naturwissenschaftlichen Bereich beschäftigt. Die Berufsbildung ist auf einem hohen Niveau und es gibt einen ständigen Dialog zwischen den Beteiligten, den ich moderiere.“

DS: Wo müssten weitere Schwerpunkte gesetzt werden?

Andreas Mucke: „Wichtig ist meiner Meinung nach auch, dass das Gesamtpaket in der Stadt stimmt, um Unternehmen und Fachkräfte zu binden: Ausreichend guter und bezahlbarer Wohnraum, gute Betreuungs- und Bildungslandschaft, Freizeit- und Kulturangebote. Bei all diesen Punkten sind wir gut aufgestellt bzw. auf einem guten Weg. Was noch ausgebaut werden muss, ist das Stadtmarketing, um unsere Stadt nach außen hin deutlich als das zu platzieren, was sie ist: Eine toffe Stadt.“

DS: Aber schon seit Jahrzehnten bemüht sich die Stadt WUPPERTAL vergeblich, ihr Image und ihre Außenwirkung zu verbessern. Welche konkreten Massnahnen schweben Ihnen da vor?

Andreas Mucke: „Wenn ich im politischen Berlin oder in Deutschland insgesamt unterwegs bin, fällt mir immer auf, dass Wuppertal unterschätzt wird. Viele wissen einfach nicht, wie gut die Lebensqualität in der Stadt ist. Darum brauchen wir unbedingt ein Stadtmarketingkonzept, das darauf angelegt ist, über viele Jahre hinweg Wuppertal als spannende, innovative, lebenswerte Stadt der Schwebebahn  und der Bergischen Universität darzustellen. Aber wir brauchen auch große Projekte wie eine nachhaltige Bundesgartenschau und das Pina Bausch Zentrum im Schauspielhaus als Werbeträger für die Stadt. Aktuell laufen die Vorbereitungen, um ein solches Stadtmarketingkonzept auf den Weg zu bringen, damit ich dem neugewählten Rat einen Beschlussvorschlag vorlegen kann. Grundlage bildet unser Integriertes Stadtentwicklungskonzept, dass ich auf den Weg gebracht habe und dass der Rat der Stadt im letzten Herbst beschlossen hat. Übrigens das erste, das Wuppertal seit seiner Gründung hat.“

DS: Hinter den „Wuppertal Botschaftern“ stehen renommierte Wuppertaler Persönlichkeiten wie Prof. Dr. Helga Rübsamen-Schaeff, Vok Dams, Thomas Riedel oder Prof. Dr. Lambert T. Koch, um nur einige stellvertretend zu nennen. Was werden Sie tun, um diese klangvollen Namen und das damit verbundene Potential besser für die Imageverbesserung Wuppertals zu nutzen?

Andreas Mucke: „Hier möchte ich stärker Projekt orientiert arbeiten und die Wuppertal-Botschafterinnen und Botschafter gezielt  einbinden.“

DS: Stichwort Stadtentwicklung, welche konkreten Maßnahmen hätten bei Ihnen in Ihrer zweiten Amtszeit absolute Priorität?

Andreas Mucke: „Das Stadtzentwicklungskonzept ist strategische Leitlinie geworden und muss in tägliches Handeln übersetzt werden. Themen wie die Verkehrswende, Stärkung des Wohnstandortes, Ausbau der wirtschaftlichen Strukturen bspw. mit der Technologieachse Süd stehen auf der Tagesordnung. Aber auch die Stadtteilentwicklung. Hier haben wir in den letzten 20 Jahren Enormes geleistet, aber es liegt noch viel vor uns. Die vielen verschiedenen Stadtteile machen ja den Charme unserer Stadt aus. Jeder Stadtteil hat einen eigenen Klang und zusammen ergeben sie die Wuppertal-Melodie. Deshalb werde ich mein Augenmerk in den nächsten Jahren auch besonders auf Stadtteile wie z.B. Cronenberg, Ronsdorf, Langerfeld oder Vohwinkel richten. 

Stadtteilentwicklung können wir am besten unterstützen, wenn wir eine Stadtentwicklungsgesellschaft gründen. Das wird eine wichtige Aufgabe sein, die ich gleich zu Beginn meiner zweiten Amtszeit mit dem neuen Dezernenten für Stadtentwicklung Arno Minas angehen werde. An einigen Stellen muss die Stadt sauberer und sogenannte Angsträume müssen kontinuierlich auch durch städtebauliche Maßnahmen beseitigt werden.  Wir – und viele andere Kommunen in NRW – haben aufgrund der Sparmaßnahmen seit Anfang der 1990er Jahre einen erheblichen Sanierungsstau bei Straßen, Brücken, Treppen und Wegen. Daher fordere ich von Bund und Land einen auf viele Jahre angelegten Fördertopf, um unsere Infrastruktur so schnell wie möglich wieder auf Vordermann zu bringen.

Zügig werde ich  auch das Bündnis für Wohnen mit Leben füllen, das ich auf den Weg gebracht habe und das der Rat kürzlich beschlossen hat, denn wir benötigen dringend zusätzlichen Wohnraum in allen  Segmenten. Die begonnene Modernisierung der Elberfelder und Barmer Innenstadt muss abgeschlossen werden und natürlich müssen wir konsequent das Klimaschutzkonzept umsetzen. Mein Ziel: Wuppertal ist 2035 klimaneutral!“

DS: Was muß beim Thema Integration Ihrer Meinung nach verbessert werden?

Andras Mucke: „In Wuppertal läuft schon vieles gut. Wir haben mit dem ämterübergreifend arbeitenden „Haus der Integration“ eine Institution, um die uns viele andere Städte beneiden. Dort geschieht Verwaltungshandeln aus einer Hand und damit eine bessere Integration z.B. in den Arbeitsmarkt. Wuppertal ist weltoffen und tolerant. Das soll so bleiben. Dazu tragen Menschen unterschiedlichster Herkunft aktiv bei. Für mich spielt es keine Rolle, wo jemand her kommt, welche Hautfarbe oder Religion man hat oder welche demokratische Weltanschauung. Hier sind wir alle Wuppertalerinnen und Wuppertaler und leben zusammen in unserer schönen Stadt.“

DS: Wuppertal verfügt über eine lebendige, kreative Kulturszene, die durch die Coronakrise besonders gebeutelt wurde. Was werden Sie tun, um diese Kultur-Vielfalt auch in Zukunft zu erhalten?

Andreas Mucke: „Ich habe umgehend nach dem Lockdown Vertreter*innen der Kultur eingeladen, um gemeinsam zu überlegen, was getan werden kann und wo wir als Stadt unterstützen können. Ein Ergebnis war die Online-Kulturplattform Stewone, die wir finanziell unterstützt haben. Einen nennenswerten Betrag haben wir als Stadt in den ‚EinTopf‘ eingezahlt, aus dem Kulturschaffende finanziell unterstützt werden können. Das sind nur zwei Beispiele von einigen Unterstützungsaktivitäten. Wichtig ist, dass wir die wirklich vielfältige und tolle Kulturlandschaft erhalten und über die Krise bringen. Denn was jetzt verschwinden würde, käme so schnell nicht wieder. Daher bin ich in regelmäßigem Dialog mit Kulturschaffenden, um zu schauen, wie z.T. auch sehr individuell geholfen werden kann. Denn auch in den nächsten Monaten werden wir mit Corona bedingten Einschränkungen leben müssen, was sich negativ auf das kulturelle Leben auswirkt.“

DS: Wuppertal besitzt mit dem Künstler Tony Cragg einen echten Weltstar. Wie erklären Sie es sich, dass gefühlt 75 Prozent der Wuppertaler Bürger noch nie in seinem imposanten Skulpturenpark Waldfrieden waren?

Andreas Mucke: „Naja, das ist in anderen Städten leider auch so. Fragen Sie doch mal, wie viele Bonner schon mal ein Beethovenkonzert besucht haben oder wie viele Düsseldorf bzw. Essener sich schon mal eine Fotografie-Ausstellung angesehen haben. Wir haben ein breites Kulturangebot, so dass sich jeder seins heraussuchen kann. Allerdings muss Kunst und Kultur auch teilweise Barrieren abbauen, damit neue Zielgruppen angesprochen  werden können. Der Skulpturenpark ist natürlich ein absolutes Glanzstück, dass sehr viele auswärtige Besucher anzieht und den wir intensiv zur Bewerbung unserer Stadt nutzen müssen.“

DS: Welchen Impuls erhoffen Sie sich vom Pina-Bausch-Zentrum?

Andreas Mucke: „Ich bin sicher, dass Pina Bausch Zentrum international ausstrahlen wird und viele Gäste nach Wuppertal kommen werden. Das wird ein kulturelles Highlight und gibt auch einen Schub für die Stadtentwicklung.“

Andreas Mucke als WSV-Fan – © Jochen Classen

DS: Der Wuppertaler SV ist zwar Lichtjahre von den glorreichen Zeiten entfernt und kämpft einmal wieder ums nackte Überleben. Dennoch ist der Traditionsverein von Kiel bis Passau bekannt und wäre durchaus ein wertvoller Werbeträger für Wuppertal. Inwieweit könnte der WSV auf Ihre Hilfe hoffen?

Andreas Mucke: „Seit Kindsbeinen bin ich rot-blau gefärbt und für mich ist und bleibt der ‚Meister‘ Pröpper immer mein Fußballidol. Privat unterstütze ich den Verein als Mitglied und Fan durch Beiträge und den Kauf von Dauerkarten. Als Oberbürgermeister führe ich Gespräche über die Zukunft des WSV und mache deutlich, dass dieser Verein und auch das Stadion einen hohen Stellenwert als Werbeträger haben oder haben könnten. Zudem wirkt der Verein identifikationsstiftend. Wenn man sich vorstellen würde, wieviel Geld Mönchengladbach, Leverkusen oder Hoffenheim ins Stadtmarketing investieren müssten, gäbe es deren Fußballvereine nicht, dann merkt man sehr deutlich, was ein bekannter Fußballverein für eine Marketingwert hat.“

DS: Der Handball-Bundesligist Bergischer HC ist quasi heimatlos, trägt seine Spiele in Wuppertal, Solingen und Düsseldorf aus. Geschäftsführer Jörg Föste kämpft seit Jahren händeringend um eine neue, größere Halle als feste Heimat. Inwieweit kann der BHC auf Ihre Unterstützung zählen?

Andreas Mucke: Ich begrüße die Planungen einer Multifunktionshalle und den Standort am Wicküler Park, die dann auch Heimat für den BHC sein soll. Die Stadt führt aktiv die Gespräche und lässt von Fachleuten mögliche Betriebsvarianten prüfen und rechnen. Die Stadt kann zwar keine finanzielle Beiträge leisten, wird aber bei der Entwicklung im Planungsverfahren unterstützen. Ich halte den Standort Wicküler Park für optimal in vielerlei Hinsicht. Wenn nicht da, wo sonst könnte eine solche Halle erfolgreich angesiedelt werden? Grundlage muss allerdings die Wirtschaftlichkeit der Halle sein, denn vom Handball alleine finanziert sich so etwas nicht. Ziel muss sein, dass der erfolgreiche und begeisternde Bundesligist BHC als Aushängeschild des Bergischen Landes einen vernünftigen Heimspielort hat.“

DS: Wenn es Ihre Freizeit zulässt, mit welchen Hobbies schalten Sie mal so richtig ab?

Andreas Mucke: „Richtig abschalten kann ich beim Laufen. Nach 15 – 20 Minuten ist der Kopf frei und dann entspanne ich. 60 Minuten Laufen und ich bin tiefenentspannt. Das gilt auch für das Radfahren. In den Ferien gehe ich gerne auf die Gipfel der Alpen. Aus 3.000 m Höhe wirken manche Probleme des Alltags sehr klein.“

DS: Könnten Sie sich vorstellen, nach Ihrer Zeit als Oberbürgermeister wieder als Schauspieler auf der Bühne des TiC-Theaters zu stehen? 

Andreas Mucke: „Über die Zeit danach mache ich mir Gedanken, wenn es ansteht. Aber sicherlich steht das Tic ganz oben auf der Liste.“

DS: Vielen Dank für spannende, interessante Gespräch.

Das Interview führte PETER PIONKE

 

Foto: TIC-TheaterAndreas Mucke (r.) noch als Schauspieler des TIC-Theaters in der Rolle des Ph)ilippe („Ziemlich beste Freunde“) – © TiC

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