28. Februar 2020

Marcia Golgowsky: Schauspielerin & Sozialarbeiterin

Sie kann über sich selbst lachen und nimmt sich uneitel auch gern selbst auf die Schippe - eine Charaktereigenschaft, die im Showgeschäft eine Rarität ist. Wenn sich Marcia Golgowsky mit ihrer 3,50 €-Perücke und der von Oma geerbten türkisfarbenen Kostümjacke in die von ihr geschaffenen spießigen Kunstfigur Hilde Ronsberger verwandelt, erinnert sie ein wenig an Ilka Bessin alias "Cindy aus Marzahn".

Die Schauspielerin und Autorin Marcia Golgowsky – © Oliver Nauditt

Hilde Ronsberger, die mit Ayse Horozoglu, gespielt von der Wuppertaler Schauspielerin Lilay Huser („Almanya – willkommenen Deutschland“), das erfolgreiche interkulturelle Kabarett-Duo „Die Trockenblumen“ bildet, ist nur eines von vielen Gesichtern Marcia Golgowskys.

Wenn die Maske der Hilde Ronsberger fällt, kommt eine sehr attraktive, vielseitige, weltoffene Künstlerin zum Vorschein,. Eine Künstlerin, die ein ganz großes Herz für Minderheiten und für Menschen hat, die aus anderen Kulturkreisen nach Wuppertal gekommen sind. Integration spielt eine Hauptrolle in ihrem beruflichen und in ihrem privaten Leben. Im Interview mit der STADTZEITUNG erklärt Marcia Golgowsky u.a., warum ihr soziales Engagement ein sehr großes Anliegen ist.
DS: Sie habe gerade die Hauptolle in einem Kurzfilm gespielt. Worum geht in dem Projekt?

Marcia Golgowsky: „Das ist gar nicht so einfach zu beschreiben, ohne gleich alles zu verraten. Es geht in ‚Die wahre Geschichte von Elis und Annabel‘ von Mehrandokht Feizi um zwei identisch aussehende Frauen in einem Park, die sich gegenseitig Vorwürfe machen. Durch diesen Streit enthüllen sie Stück für Stück ihre gemeinsame Lebensgeschichte und ihre Beziehung zueinander. Ich spiele beide Frauen, sozusagen eine Doppel-Hauptrolle. Mehrandokht Feizi hat das Drehbuch geschrieben und auch Regie geführt. Es war eine sehr schöne Zusammenarbeit, die mir viel Freude gemacht hat! Ich bin auch sehr glücklich mit dem Ergebnis. Es ist ein bewegender Film mit ganz eigenem Witz geworden, der bei der Premiere sehr viel positive Resonanz bekommen hat.“

DS: Wann und wo wird dieser Film zu sehen sein?

Marcia Golgowsky: „Die Uraufführung fand am 19.02.2020 im SAE Institute Köln statt. Demnächst wird der Film erst einmal auf verschiedenen Filmfestivals zu sehen sein. Ich bin auch schon sehr gespannt, wo er überall gezeigt wird.“

DS: Warum liegt Ihnen das Schicksal von Flüchtlingen so sehr am Herzen?

Marcia Golgowsky: „Die meisten Geflüchteten, die hierher kommen, haben alles verloren und sind teilweise schwer traumatisiert. Gerade die Kinder und Jugendlichen haben schon Dinge erlebt, die sie in ihren jungen Jahren nur schwer verarbeiten können. Mit dem Wupper Theater veranstalten wir Theaterprojekte mit diesen Kindern und Jugendlichen, um ihnen spielerisch etwas Normalität zu geben. Bei einem anderen Projekt in einem Containerdorf in Köln erarbeiteten wir mit den Kindern Szenen zu ihren Zukunftsträumen und präsentierten diese vor Eltern und Freunden. Sie durften ihre Wünsche auf Zettel schreiben und malen, die wir dann als Bühnenbild an einen Baum gehängt haben. Zu sehen, mit welch wachsender Freude und Phantasie die Kinder bei der Sache waren, das hat mich sehr berührt.“

DS: Mit Ihren Kolleginnen und Kollegen vom Wupper Theater – z.B. Lilay Huser – bringen Sie das überaus wichtige Thema „Integration“ immer wieder auf die Bühne. Was hat das aus Ihrer Sicht bisher bewirkt?

Marcia Golgowsky: „Das Wupper Theater bringt seit fast 30 Jahren interkulturelle Theaterproduktionen auf die Bühne. Das Ensemble setzt sich aus Schauspielerinnen und Regisseuren mit und ohne Migrationshintergrund zusammen. So besteht für uns immer die Möglichkeit, aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen aufzugreifen und zu beleuchten. Darüber hinaus veranstalten wir regelmäßig Theaterprojekte und Workshops mit Kindern und Jugendlichen. Alle diese Projekte sind inklusiv. Bei uns agieren Teilnehmer*Innen mit und ohne Migrationshintergrund, mit und ohne Fluchthintergrund und auch mit und ohne Behinderung miteinander in Szenen, Musik und Tanzchoreografien.

DS: Welche Ziele wollen Sie mit Ihrem künstlerisch-sozialen Ansatz erreichen?

Marcia Golgowsky: „Uns ist immer wichtig, die Menschen in ihrer Unterschiedlichkeit zusammen zu bringen und gemeinsam etwas auf die Beine und auf die Bühne zu stellen. Die Kinder und Jugendlichen lernen so schon früh, dass ein Miteinander in seiner Vielfältigkeit für alle Beteiligten eine Bereicherung ist und jeder vom anderen lernen kann. Jeder bringt sich so bei uns ein, wie er bzw. sie ist. Unsere Projektteilnehmer*Innen entwickeln eine Offenheit und Neugier im Umgang mit anderen Menschen, unabhängig von Herkunft oder „Anderssein“ und so entstehen immer wieder gute Freundschaften.“

DS: Wo könnte die Kunst- und Kultur-Szene in Wuppertal sich noch mehr für das Thema Integration einbringen?

Marcia Golgowsky: „Wir haben in Wuppertal erfreulicherweise eine reichhaltige und vielseitige Kunst- und Kulturszene, in der es immer wieder zu tollen Kooperationen zwischen Künstler*Innen verschiedenster Herkunft kommt. Wir sollten diesen Weg weiter beschreiten und auch künftig Kunst und Kultur zeigen, die von so unterschiedlichen kreativen Menschen gemacht wird.“

DS: Das Thema Fremdenhass ist leider gerade wieder sehr aktuell. Was geht Ihnen durch den Kopf, wenn Sie an die tragischen Ereignisse von Hanau denken?

Marcia Golgowsky: „Ich kann einfach nicht verstehen, dass ein Mensch einen anderen Menschen aufgrund seiner Herkunft oder Hautfarbe tötet. Oder aufgrund seines Geschlechts, seiner Religion oder seiner sexuellen Orientierung. Ich möchte in einer Gesellschaft leben, die offen und vielfältig und imstande ist, eben diese Vielfalt als Stärke zu erkennen und zu nutzen.“

„Die Trockenblumen“: Marcia Golgowsky (r.) und Lilay Huser – © Antje Zeus-Loi

DS: Sie spielen immer wieder Rollen in Kino- und TV-Filmen, die bundesweit für Schlagzeilen sorgen – wie zuletzt in der ARD-Produktion „Klassentreffen“ u.a. mit Annette Frier, Oliver Wnuk, Charly Hübner, Christian Kahrmann und Anja Kling.  Ist das mehr etwas fürs eigene Ego oder ist die dadurch gewonnene Popularität ein Mehrwert, den Sie an anderer Stelle einsetzen können?

Marcia Golgowsky: „In erster Linie freue ich mich natürlich, wenn ich in meinem Beruf als Schauspielerin die Möglichkeit bekomme, interessante Angebote wahrzunehmen und so die Gelegenheit habe mit tollen Kolleg*Innen und Regisseur*Innen an einem besonderen Projekt zu arbeiten. Wenn das Ergebnis dann noch gut ist und ein Projekt Erfolg hat, dann macht mich das natürlich glücklich und stolz, aber auch dankbar. Popularität kann ein Mehrwert sein. Allerdings wächst mit ihr auch die Verantwortung, diese richtig einzusetzen. Für eine gute Sache, hinter der ich voll und ganz stehen kann, bin ich immer zu haben und wenn mein Name mehr Aufmerksamkeit bringt, warum nicht?“

DS: Welche Pläne haben Sie für 2020?

Marcia Golgowsky: „In diesem Jahr bin ich wieder in mehrere Theaterprojekte des Wupper Theaters involviert. Zurzeit laufen die zwei Langzeitprojekte „Nach den Sternen greifen“ mit geflüchteten Jugendlichen und Jugendlichen mit und ohne Migrationshintergrund. Und das inklusive Theaterprojekt „Und die Liebe höret nimmer auf – die Geschichte von Leila und Madschnun“ mit jungen Menschen mit und ohne Behinderung. Beide Projekte werden von der Aktion Mensch gefördert. Desweiteren bieten wir auch wieder unsere mehrsprachigen Theaterworkshops für Kinder ab 5 Jahren an verschiedenen Schulen und Kindertagesstätten an – ein Gemeinschaftsprojekt des Wupper Theaters und des Kommunalen Integrationszentrums Wuppertal, gefördert von der Dr. Werner-Jackstädt-Stiftung. Und ich mache wieder Musik. Zurzeit etablieren wir eine Mitsing-Konzertreihe im Café Simonz mit Iris Panknin, Inga Winter, Max Guder und mir als Sänger*Innen und Burkhard Heßler am Piano. Die Texte werden auf eine Leinwand gebeamt. Es gab schon ein Mitsing-Konzert mit Hits der ABBA-Ära und eines mit Weihnachtsliedern. Weitere sind bereits in Planung. Es macht riesigen Spaß und das Publikum singt und feiert kräftig mit.“

DS: Wie geht es mit Ihnen und Lilay Huser als Comedy-Duo „Die Tockenblumen“ weiter?

Marcia Golgowsky: „Nachdem wir im letzten Jahr unser 10-jähriges Jubiläum gefeiert haben, wird es im Herbst dieses Jahres wieder ein neues Programm geben. Ich schreibe zurzeit daran. Produziert wird das Stück, wie immer, vom Wupper Theater. Regie führt Meray Ülgen. Die Premiere findet am 07.11. im Haus der Jugend Barmen statt. Am 08.11. spielen wir dort nochmal und dann geht es auf Tournee. Termine sind bereits in Vorbereitung. In unserem neuen Stück geht es wieder um die Protagonistinnen Hilde Ronsberger und Ayse Horozoglu und ihre interkulturelle Frauenfreundschaft mit viel Charme, Wortwitz, aber auch Konfliktpotential.“

DS: Sie können doch sicher etwas mehr über das neue Programm verraten?

Marcia Golgowsky: „Dieses Mal machen sich Hilde und Ayse Gedanken über die Zukunft. Während Hilde auf „Fridays for Future“-Demos ihr Transparent schwingt und keine Tiere mehr essen möchte, plant Ayse, ihren Ruhestand auf einem Kreuzfahrtschiff statt im Altersheim zu verbringen. Und was machen eigentlich die Enkelkinder Dilara und Paul? Gehen sie mit Oma Hilde auf die Demo? Und was sagt Hilde dazu, dass ihr Sohn Richard die beiden immer mit dem SUV zum Sport fährt? Als Ayse Hilde dann noch eine Kreuzfahrt zum Geburtstag schenkt, scheint die Katastrophe perfekt. Aber Ayse hat sich natürlich Gedanken gemacht und eine Reise auf dem ersten klimafreundlichen Schiff gebucht. Die beiden gehen auf große Fahrt und geraten auch an Bord in so manches denkwürdige Abenteuer. Es bleibt also spannend und wir freuen uns schon sehr!“

Das Interview führte Peter Pionke

 

Marcia Golgowsky (l.) und Lilay Huser in „Alman an Bord“ – © Antje Zeis-Loi

VITA Marcia Golgowsky

Die Wuppertalerin Marcia Golgowsky ist Sängerin, Schauspielerin und Autorin. 1996 nahm sie Schauspielunterricht am Liverpool Institute for Performing Arts (LIPA) in Liverpool (England) bei Donna Soto-Morettini und absolvierte anschließend ein klassisches Gesangsstudium an der Gesangsakademie Liselotte Goetz in Hilden & Düsseldorf bei Liselotte Goetz. Die Gesangausbildung schloß Marcia Golgowsky  2001 mit dem Diplom ab. 

1997 war sie Mitbegründerin und bis 2005 auch Darstellerin des Tournee­­theaters „Das Vollplaybacktheater“. Mit diesem unternahm sie bundesweite, ausverkaufte Tourneen und war in zahlreichen TV-Sendungen zu Gast. 

Als Sängerin gestaltet sie eigene Programme. Sie ist Sprecherin in Hörspielen und Werbespots und war von 2005 bis 2009 Hauptdarstellerin und Autorin der Musiktheater-Serien „Die Bergische Seifenoper“ und „Talort“. Sie ist auf diversen CD- und DVD-Produktionen zu hören und zu sehen.

2005 war Golgowsky als „Wilma vom Westkotten“ in einer eigenen Radio-Comedy bei Radio Wuppertal auf Sendung. Seit 2005 ist sie auch Sängerin, Schauspielerin und Workshop-Leiterin beim interkulturellen Wupper Theater.

Tourneen, Gastspiele und Konzerte mit diversen Produktionen und Programmen führten sie durch ganz Deutschland, nach Österreich, Italien, Russland und in die Türkei.

„Last but not least“ ist Marcia Golgowsky seit 2009 Hauptdarstellerin und Autorin bei „Die Trockenblumen“, dem deutsch-türkischen Kabarett-Duo des Wupper Theaters.

Seit 2013 ist Golgowsky auch in Filmrollen wie zum Beispiel in der in Wuppertal gedrehten und von Dirk Michael Häger und Christoph Schmidt produzierte Kino-Komödie „King Ping – Tippen Tappen Tödchen““ zu sehen. Hier stand sie u.a. Mit Christoph Maria Herbst, Bela B. (Die Ärzte), Godehard Giese, Hans-Martin Stier, Hans Richter und Angelika Bartsch vor der Kamera.

Und auch in der ARD-Produktion „Klassentreffen“ u.a. mit Annette Frier, Oliver Wnuk, Charly Hübner, Christian Kahrmann und Anja Kling spielte sie mit.

 

 

 

 

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