Barbara Knoblauch: Führerschein für Eltern?

Wie erziehe ich eigentlich richtig? Brauchen Eltern einen Führerschein für die Erziehung ihrer Kinder? Professionelle Antworten auf diese Fragen gibt unsere Autorin, die Wuppertaler Diplom-Psychotherapeutin Barbara Knoblauch, in ihrem Ratgeber "Führerschein für Eltern - Teil 1".

Diplom-Psychologin Barbara Knoblauch – © Dirk Sengotta

Die Zeitungen sind voll mit Ratschlägen und Berichten zu erzieherisch richtigem Verhalten. Focus, Spiegel, Apothekenrundschau und die Yellow-Press bieten immer wieder seriöse oder weniger seriöse Beiträge zu effizienter Erziehung an: „Erziehungstipps: Kinder seid doch nett.“ „Warum Eltern ihre Kinder toben lassen sollten.“ „Erziehungsirrtümer unter der Lupe: eine Ohrfeige hat noch keinem geschadet.“

Der Bedarf ist hoch, doch bleibt das Angebot für die Eltern verwirrend und wenig befriedigend. Auch auf dem Büchermarkt gibt es ein verwirrend reichhaltiges, sich zum Teil widersprechendes Angebot.

Sendungen wie die „Super Nanny“ haben großen Zulauf. Zu sehen, was andere falsch und noch viel schlimmer machen, ist erst einmal tröstend. Da hat man nun neun Monate Schwangerschaft vielleicht mit Ängsten um die Gesundheit des Kindes, Hoffen und Sehnen verbracht, und meint, dass nach der Geburt alles besser wird.

Das Kind ist ja dann auf der Welt und man kann etwas tun, ist nicht mehr zum Abwarten verdonnert. Da liegt er dann, der süße Wonneproppen und bringt seine Eltern recht schnell zur Verzweiflung. Er schreit und schreit trotz Füttern, Kosen, frischer Windel, keiner weiß so recht warum. Das entspricht so gar nicht dem Bild eines strahlenden Säuglings in weichgespülter Schmusedecke, das die Werbung oft zeigt.

Und die Entwicklung geht immer so weiter. Das trotzende 3-jährige Töchterchen wirft sich kreischend auf den Boden des Supermarktes, will mit dem Schreien und Strampeln nicht aufhören, weil es die gewünschte Süßigkeit, an der Kasse ausliegend, nicht erhält. Die Umgebung quittiert das Geschehen mit meist wenig hilfreichen Kommentaren. Der 4-jährige Sohn will nicht einschlafen, brüllt beim Zubettgehen. Die Eltern nehmen ihn wieder auf, da sie Angst haben, dass die Nachbarn die Polizei benachrichtigen.

Der 7-jährige Sohn klaut aus dem Portemonnaie der Mutter, obwohl man ihn doch mit der Wichtigkeit von Ehrlichkeit und allem humanistischem Gedankengut, liberal und mit genügend Taschengeld erzogen hat. Die 9-jährige Tochter bekommt Wutanfälle, wenn ihr etwas versagt wird. Sie wirft die Bücher der Eltern durch das Wohnzimmer, reißt die Seiten heraus und trampelt darauf herum.

Die Eltern verspüren den drängenden Impuls zu schlagen und damit dem Geschehen ein Ende zu setzen. Und dann erst die Pubertät, die Periode des Wahnsinns zwischen Pickeln, Protest, Geschrei, Pampigkeit, auffälligem Make up, endlos langen Zeiten im Bad und Fröhlichkeit, als ob nie etwas gewesen sei. Und nach der Pubertät ist auch noch nicht Schluss. Die jungen Prinzen residieren oft im „Hotel Mama“ bis sie 30 sind. Die Liste ließe sich endlos fortsetzen. Nicht gerade ermutigend, weiteren Kinderwunsch ernsthaft zu verfolgen.

Für fast alle Tätigkeiten in unserer Gesellschaft benötigt man eine Genehmigung, eine Prüfung, meist verbunden mit einer vorherigen mehr oder weniger langen Ausbildung.

Führerschein für Autos und Motorräder mit verbindlichem Erste-Hilfe-Kurs, Hundeführerschein mit praktischer Prüfung als Befähigungsnachweis zur Haltung eines Hundes, eine Prüfung und ein Ausweis um Fische aus einem Bach angeln zu dürfen, Prüfung um ein Pferd reiten zu dürfen, eine Weiterbildung, dass man Kinder trainieren darf etc. Eine verbindliche Vorbereitung zur Erziehung eines Kindes, einen Führerschein, eine praktische oder eine theoretische Prüfung gibt es nicht. Jeder darf ein Kind bekommen, sogar so viele wie er möchte – ohne Nachweis jedweder Befähigung.

Eine schwierige Ausgangslage. Was machen die meisten, ohne Ausbildung, wenn sie nicht mehr weiter wissen? Man greift auf eigene Erfahrungen zurück, ertappt sich dabei, dasselbe wie die eigenen Eltern zu tun, obwohl man sich geschworen hatte, die Fehler nicht zu wiederholen.

Gut, wer erfahrene Freunde hat, intakte familiäre Beziehungen, wobei die eigene Familie eine hohe Herausforderung darstellt. Wer möchte schon die eigenen Nöte in der Erziehung der immer besser wissenden Schwiegermutter mitteilen. Professionelle Hilfe aufzusuchen wirkt wie eine Kapitulation der eigenen Erziehungsfähigkeit. Niemand möchte eine „schlechte Mutter“, ein „schlechter Vater“ sein und das auch noch offenbaren müssen. Die Hemmschwelle ist hoch.

Fortsetzung folgt…

Ihre Barbara Knoblauch
Dipl. Psych./Psychotherapeutin

Kommentare

Neuen Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert