Christian von Grumbkow: „Mit 70 gehe ich noch lange nicht in Rente…“

Er wirkt jung und unverbraucht, strahlt eine unheimliche Dynamik aus. Aber Personalausweise lügen nicht. Und dort steht unter Geburtsdatum nun einmal der 02. November 1946. Christian von Grumbkow, der erfolgreiche Wuppertaler Künstler, wurde runde 70 Jahre alt. 

Der Maler Christian von Grumbkow am Eingang seines Ateliers im Schloß Lüntenbeck – © Rupert Warren

Aus Anlass seines 70. Geburtstags gab  der bekannte und erfolgreiche Wuppertaler Künstler der STADTZEITUNG dieses Interview:

DS: 70 Jahre, welche Gefühle überkommen Sie da?

Christian von Grumbkow: „Die Zahl selbst lässt mich ziemlich kalt. Ich erlebe mich ja selbst. Da spielt die Zahl keine Rolle. Wenn ich das aber von aussen betrachte, klingen 70 Jahre schon schrecklich, wenn ich bedenke, dass mein Vater mit 72 Jahren gestorben ist. Dann setzt man sich schon ein wenig mit dem eigenen Ende auseinander. Insofern ist die 70 schon eine markante Zahl.“

DS: Setzten Sie sich wirklich schon mit dem Tod auseinander?

Christian von Grumkow: „Ich habe noch sehr viel vor, aber ich setze mich schon mit meinem Ende auseinander. Allerdings in dem Sinne, dass ich versuche, so zu leben, dass der Tod mich nicht so schnell ereilt. Ich ernähre mich beispielsweise sehr gesund und habe noch sehr viel Spaß an meiner Arbeit. Als Künstler geht man ja nicht in Rente. Solange die Schaffenskraft reicht und ich Erfolg habe, solange mache ich auch weiter.

DS: Wenn Sie Ihr Leben Revue passieren lassen, welche drei Meilensteine gab es?

Christian von Grumbkow: „Ich stamme ja aus einer preussischen Adelsfamilie. Der erste Meilenstein meines Lebens war die Entscheidung, mit 18 Jahren meinen eigenen Weg zu gehen. Meine Eltern wollten dagegen, dass ich Offizier werde. Der zweite Meilenstein war, dass ich mich als Kunststudent entschieden habe, mit Hoelderlin eine Profi-Musik-Karriere zu starten. Der dritte Meilenstein war, dass ich die Chance genutzt habe, u.a. an Hochschulen wie der Folkwang-Schule in Essen Kunst zu unterrichten und so meine Erfahrungen und Emotionen weitergeben konnte.“

DS: Wie sehen Sie aus heutiger Sicht Ihre Erfolge mit der Art-Rock-Band Hoelderlin?

Christian von Grumbkow: „Ich bin stolz darauf, weil wir als Gegenpol zum anglo-amerikanischen Rock etwas ganz Besonderes geschafft haben. Wir waren Anfang der 70er Jahre die ersten, die mit deutschen Texten gearbeitet haben. Wir haben mit Hoelderlin progressive Rockmusik gemacht, mit Cello, mit Geige und Querflöte. Wir konnten das auch live auf die Bühne bringen, weil wir das nötige musikalische Rüstzeug dazu hatten.“

DS: Kommen Ihnen Ihre Erfahrungen als Rockmusiker in Ihrer Karriere als Maler zugute?

Christian von Grumbkow: „In vielen Punkten. Ich habe für Hoelderlin auch die Platten-Cover gestaltet, Dia-Projektionen kreiert und auch die Songtexte geschrieben. Dann war ich bei den Konzerten und auf großen Festivals auch für die Ansagen zuständig. Vor 10.000 Menschen zu spielen, ist ein Ding, dann aber mit dem Publikum zu kommunizieren, ist eine andere Sache. Das hat mir viel Selbstbewußtsein gegeben. Als Sprecher der Band habe ich viele Radio-, TV- und Zeitungs-Interviews gegeben. Dadurch konnte ich viele Kontakte knüpfen, die ich heute noch nutze.“

Galerist Vok Dams (l.) mit dem Künstler Christian von Grumbkow – © Vok Dams iNotes

DS: Wie sehr hat der Tod Ihres Bruders Jochen Ihr Leben geprägt?

Christian von Grumbkow: „Jochen war ja nicht nur mein Bruder, er war auch mein Freund. Wir bildeten ja den Kern der Band Hoelderlin und haben fast alle Songs geschrieben. Er war 40, als er in einem Anfall einer endogenen Depression aus dem Fenster gesprungen ist. Ich habe es als persönliche Niederlage gesehen, dass ich ihm nicht habe helfen können. Das hat dazu geführt, dass ich meine Malerei, die mir bei der Bewältigung meiner Probleme hilft, noch einmal umgestellt habe. Ich habe beispielsweise damit begonnen, mit Öl zu malen. Damit konnte ich mich letztlich von der Todeserfahrung befreien.“

DS: Ihre Philosopie lautet: „Ich male Farbe, keine Gedanken“. Was wollen Sie damit ausdrücken?

Christian von Grumbkow: „Mir ist es wichtig, authentisch sein. Es ist eine Selbstlüge, wenn man glaubt, man könne mit Kunst die Welt verändern. Ich bringe ja wirklich nur Farbe auf die Leinwand. Aber wenn meine Werke beim Betrachter positive Bilder in der Phantasie hervorrufen oder wenn er durch die Farbe auch noch emotional berührt wird, dann habe ich mein Ziel erreicht. Farbe ist nun einmal Träger und Auslöser von Emotionen.“

DS: Wenn Sie die vergangenen 70 Jahre betrachten, was würden Sie heute anders machen?

Christian von Grumkow: „Ich habe in meinem Leben viele Fehler gemacht, sowohl im privaten, wie auch im professionellen Bereich. Nachzukarten bringt wenig, weil man diese Fehler ja nicht rückgängig machen kann. Aber ich habe jedenfalls immer aus meinen Fehlern gelernt und mich ständig weiter entwickelt.“

DS: Welche Ziele haben Sie für die nächsten Jahre?

Christian von Grumbkow: „Ich träume immer noch davon, das optimale Bild zu malen. Dieser Traum wird sich nie erfüllen. Aber ich werde mich bemühen, dem Ideal immer wieder ein Stück näher zu kommen. Das Geheimnis von Malerei ist Gottseidank noch nicht entschlüsselt.“

DS: Wer sind denn Ihre Vorbilder?

Christian von Grumbkow: „Ich hatte ja mehrere Lehraufträge in London und habe mir bei der Gelegenheit die Originale von William Turner anschauen dürfen. Das war eine unglaubliches Erlebnis. Das ist ein Künstler, den ich bewundere und der mich auch beeinflusst hat.“

DS: Wie sehen Sie die Wuppertaler Kultur-Szene?

Christian von Grumbkow: „Ich sehe Wuppertal als Aufsteiger. Wir haben hier tolle Möglichkeiten. Es gibt viele spannende Unternehmen und spannende Leute. Dazu haben wir kulturelle Highlights, um die uns andere Städte beneiden. Da nenne ich stellvertretend Tony Craggs Skulpturenpark „Waldfrieden“ und demnächst das Pina Bausch Zentrum oder auch das von der Heydt-Museum, von dem ich mir wünsche, dass auch einmal Wuppertaler Künstler berücksichtigt werden.“

DS: Welchen Geburtstagswunsch haben Sie?

Christian von Grumbkow: „Ich wünsche mir für die Wuppertaler Glück, Zufriedenheit, Ausgewogenheit, Ehrlichkeit, Offenheit, Authentizität. Das versuche ich vorzuleben und das möchte ich auch mit meiner Kunst herüber zu bringen. Und dann wünsche ich mir, dass unser Charity-Projekt für Flüchtlings-Kinder „Kunst kann helfen“ weiterhin so erfolgreich ist.“

DS: Vielen Dank für das interessante Gespräch.

Das Interview führte Peter Pionke

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