20. Oktober 2023

BUGA 2031: Die Brücke in Wuppertals Zukunft?

Wuppertal steht vor einer gigantischen Herausforderung. Vielleicht ist es die größte städtebauliche Aufgabe seit dem Bau der Schwebebahn, klammert man einmal die kriegsbedingten Wiederaufbauten aus. Wuppertal hat den Zuschlag für die Bundesgartenschau (BUGA) 2031 erhalten. Alle Befürworter sehen die einmalige große Chance für eine nachhaltige Stadtentwicklung.

Oberbürgermeister Uwe Schneidewind, Holger Bramsiepe (Förderverein) und
Pascal Biesenbach (Kampagne) feiern das Ergebnis gegen den Bürgerentscheid und
für die BUGA 2031 – © Vok Dams iNotes

Sie argumentieren: Eine BUGA wird die Stadt danach attraktiver machen und einem neuen Zeitgeist Rechnung tragen. Die „Machbarkeitsstudie“ geht von 160 Mio. € für Planungs- und Baukosten aus. 70 Mio. € sollen im ungünstigsten Falle (Worst-Case) von der Stadt kommen, der Rest aus Bundes- und Landes- sowie aus Drittmittel fließen. Man rechnet mit 1,8 Millionen bis 2,2 Mio. Besuchern (täglich zwischen 10.000 und 20. 000), die am Ende sogar noch für einen Überschuss sorgen würden. Das Grobkonzept steht, die Zeit drängt, doch es gibt auch noch Risiken und Stolperfallen.

Ein Blick über den Zaun zeigt, dass Bundesgartenschauen ambivalent gesehen werden können. Die BUGA in Schwerin hatte 2009 einen Überschuss von fünf Millionen €, die gleiche Veranstaltung in Koblenz sogar 13 Millionen €. Die diesjährige BUGA in Mannheim war mit 2 Mio. Besucher eine einzige Erfolgsgeschichte. Die flächenmäßig zu breit aufgestellte BUGA 2015 im Haveland stellte sich mit 10 Mio. Euro „Miesen“ dagegen als Flop dar, Rostock bekam 2022 kalte Füße und zog mit immensen Imageschaden seine Bewerbung für 2025 noch kurzfristig zurück und nannte als Grund die Corona Pandemie und den Ukraine Krieg.

Die 450 Meter lange Hängebrücke über die Todtnauer Wasserfälle im Hochschwarzwald. An der höchsten Stelle misst sie 120 m über dem Tal – © Foto Siegfried Jähne

Einer, der die historischen Abläufe analysiert hat ist Michael Gehrke (58). Er ist als Leiter des Projektbüros BUGA, angesiedelt direkt beim Wuppertaler Oberbürgermeister Schneidewind, flammender Befürworter dieses Großprojektes. „Wir können aus den Fehlern der anderen ebenso lernen, wie aus deren geschickten organisatorischen Schachzügen“, sagt der gelernte Garten – und Landschaftsbau-Architekt. Er brachte jetzt einigen Pressevertretern das Projekt BUGA mit neuesten Erkenntnissen und vielen Details aus gutem Grund noch einmal näher.

Der spektakulärste Teil der BUGA ist die geplante Hängebrücke

Das Kerngebiet der BUGA Wuppertal 2031 wird das Brachland an der Vohwinkeler Tesche sein, ein Areal von 26 ha. „Die Bundesgartenschau wird Wuppertal nicht in eine Großbaustelle verwandeln“. So reagierte der Förderverein BUGA auf Kritik von Gegnerinnen und Gegnern des Projektes. „An einigen Stellen, an denen gebaut wird, ist bisher nur Brachland. Andere könnten eine Aufwertung durchaus brauchen“, sagte der Vereinsvorsitzende Holger Bramsiepe. In Vohwinkel werde ein Park geschaffen, von dem die Menschen auch lange nach der BUGA noch etwas haben. Der Förderverein hat bereits jetzt 2,4 Mio. € für das Projekt zugesagt.

Da Kernelement der Wuppertaler BUGA aber soll die Hängebrücke von über 700 Metern Länge sein, welche die Nord – und Südhöhen über der Engstelle der Stadt an der „Wupperpforte“ auf spektakuläre Weise verbinden würde. Der Plan ist, mit einem Fußgängerüberweg die Wälder auf der Königshöhe und der Kaiserhöhe miteinander zu verknüpfen.  Eine Brücke, die – obwohl noch gar nicht gebaut – schon vor dem ersten Spatenstich für Zündstoff sorgt. Da tauchen Fragen auf, auch die im Zusammenhang mit dem Betrieb des benachbarten Bayer-Werkes (denkbare Störfälle) stehen.

Eine Brücke – zwei Seiten: Kritiker befürchten Natur-Eingriffe

Sollte die Idee „Hängebrücke“ zwischen Nord – und Südhöhen noch scheitern, entsteht automatisch die Frage, ob die BUGA auch ohne dieses spektakuläre Bauwerk denkbar wäre. Gehrke dazu: „Eine BUGA ohne Brücke wäre zwar denkbar, aber sie ist als bundesweite Attraktion natürlich ein zentrales Thema des Projektes. Ohne sie bräuchten wir eine neue Attraktion.“

So scheint die Brücke Symbolcharakter für das Gesamtprojekt BUGA zu haben. Sympathisanten sehen hier die sprichwörtliche Brücke in Wuppertals Zukunft. Für die Gegner, die eigentlich gar keine BUGA wollen und mit einem Bürgerentscheid gescheitert sind, ist die Brücke das Symbol in den eklatanten und in dieser Weise nicht hinnehmbaren Eingriff in die Natur der Stadt, den die Bundesgartenschau 2031 mit sich bringen würde.

Hier wird das andere Ende der Hängebrücke sein  – © Foto Fabian Breuer

Die Gegner der BUGA fürchten um ihre Besitzstände und warnen vor Rodung der Wälder und den Folgen für Anwohner und die Tierwelt. Insbesondere auf der Königshöhe macht sich Widerstand bemerkbar. Hier hatte einst die Familie von der Heydt für Aufforstung gesorgt und den gleichnamigen Turm bauen lassen. Jetzt fürchten Kleingärtner um ihre Parzellen und Anrainer Einbußen an Lebensqualität. Zahlreiche Protest-Plakate zeugen davon.

Gegenwind von Kaiserhöhe und Könighöhe

Befürchtungen gibt es ebenso auf der anderen Seite an der Kaiserhöhe. Hier hatte einst der erfolgreiche Knopffabrikant Emil Weyersberg lebenswerten, naturnahen Lebensraum geschaffen, waran der gleichnamige Turm heute noch erinnert.

Michael Gerke nimmt alle Vorbehalte sehr ernst und spricht deshalb von Anwohnerschutz und minimalinvasiven Eingriffen in die Natur. Bedenken gibt es auch zur Höhe der Kosten, die von Gehrke relativiert werden, weil EU, Bund und Land Fördertöpfe bereitstellen.

Hier am Horizont wird die Hängebrücke sich über das Tal “ Wupperpforte“spannen – © Foto Fabian Breuer

Auch private Investoren werde es geben. Außerdem würden die städtischen Mittel nicht auf einmal fällig, sondern würden auf die nächsten zehn Jahre verteilt. Es wird überwiegend in Attraktionen und Werte investiert, die Wuppertal auch nach einer BUGA erhalten bleiben.

Die von den Kritikern befürchtete hohe Besucherfrequenz in fünfstelliger Zahl ist in den Nadelöhren kaum zu erwarten. Die Zahl der Gäste reduziert sich hier deutlich, da sie sich auf das gesamte BUGA-Areal beziehen wird und sich die Menschen dementsprechend verteilen werden.

Man sei dabei im Gespräch mit den Beteiligten um Ersatzlösungen zu schaffen und plant etwa da, wo man verstärktes Verkehrsaufkommen befürchtet, den Einsatz von smarten Shuttlebussen mit digitalen Leitsystem.

Eine Seilbahn vom Stadion zur Königshöhe wird zudem die Situation entschärfen und auch den Zoo wieder attraktiver machen. Im Zoobereich soll ein neues Parkhaus entstehen, das zugleich auch bei den Heimspielen des WSV für deutliche Entlastung sorgen wird. Ansonsten setzt das gesamte Konzept vorwiegend auf die Einbeziehung des ÖPNV.

BUGA Proteste auf der Königshöhe  -© Fabian Breuer

Nachhaltigkeit und Klimaneutralität, aber auch moderne Städteplanung, sind Kernkonzepte der BUGA. Diese drei Aspekte sollen Wuppertal als Initialzündung auch für die Zeit nach dem Mammutprojekt dienen.

Das „Areal Tesche“ in Vohwinkel – viel Brachland mit großer Zukunft

Der Bahnhof Vohwinkel ist als Eingangstor der BUGA vorgesehen. Die Besucher sollen dazu bewegt werden, mit der Bahn nach Wuppertal anzureisen. Eine Modernisierung des maroden Bahnhofes ist daher absolute Bedingung. Denkmalschutz und die fehlende Bereitschaft des Eigners, der Deutschen Bahn, dem Bahnhof Vorrang vor anderen Großprojekten zu erteilen, sind die ersten Hürden.

Pläne gibt es dennoch. Barrierefreiheit ist das große Stichwort. Ein Fußgängertunnel soll den Bahnhof mit dem benachbarten Lokschuppen-Areal verbinden. Dieses liegt derzeit noch gänzlich brach. Doch im Zuge der BUGA soll hier Wohn- und Freizeitfläche entstehen.

Man verspricht sich eine langfristige Entwicklung. Die hervorragende Anbindung des Bahnhofs Vohwinkel an die Metropolen Köln und Düsseldorf soll Menschen anlocken. Gerade in der „Rheinschiene“ und dem Ruhrgebiet mit der enormen Bevölkerungsdichte sieht man ein großes Potential über die BUGA hinaus.

Hier stellt Gehrke noch einmal klar, dass sie BUGA eben nicht als zeitweilige „Blümchen-Schau gilt, sondern langfristig zur urbanen Entwicklung Wuppertals beitragen soll: “Garten- und Landschaftsbau als Themengebiete werden aber natürlich trotzdem zu bestaunen sein“.

An der Ostseite schließt das Lokschuppen Areal an die „Alte Gärtnerei“ und die Nordbahntrasse an. Hier soll das Gärtnerherz befriedet werden, außerdem sind entlang der Trasse die kulturellen Angebote geplant.

BUGA Gegner operieren mit Zahlen, die die Organisatoren nicht bestätigen können – © Fabian Breuer

So ganz ohne Interessenkonflikte geht es aber auch im sogenannten „Areal Tesche“ nicht. Hier hat die BUGA besondere Auswirkungen auf den sich mit zahlreichen Neuanmeldungen im Aufwind befindlichen Jagdbogenclub Wuppertal (JBC).

Er muss im Zuge des Events, das von der Stadt Wuppertal gepachtetes Gelände aufgeben. Der Eisenbahnersportverein Ost (ESV Ost) soll sein Gelände teilweise an die Stadt abtreten. Auch hier ist also Konfliktpotenzial gegeben, allerdings bahnen sich im Dialog zwischen Stadt und den Vereinen Lösungen an.

Es entsteht der Eindruck, dass das Projekt BUGA in Vohwinkel schon deutlich weiter ist als an anderer Stelle. In Vohwinkel scheinen die Menschen mit im Boot zu sitzen.

Begeisterung aller Bürger muss noch entfacht werden

Aktuell beschäftigt die Stadt Wuppertal drei hauptamtliche Mitarbeiter mit dem Projekt. In der Ausbaustufe mit einer Gesellschaft sollen es rund 140 Mitarbeiter werden. Der Rat der Stadt Wuppertal hat gegen Widerstände mit breiter Mehrheit für das Projekt gestimmt.

Was die BUGA Wuppertal für dieses zukunftsweisende Projekt jetzt noch braucht, ist die Entfachung einer Begeisterung aller Wuppertaler. Nach Jahren des Stillstandes und auch der Rückschritte geht es für Wuppertal jetzt darum, die großen Chancen für diese Stadt zu erkennen und auch zu nutzen.

Text: Siegfried Jähne und Fabian Breuer

Kommentare

  1. Norbert Beutel sagt:

    „…ist die Brücke das Symbol in den eklatanten und in dieser Weise nicht hinnehmbaren Eingriff in die Natur“

    Ist das hier nicht die gleiche Gruppe, die wegen zwei oder drei Bäumen, für die es ohnehin entsprechende Ersatzpflanzungen gibt, Zeter und Mordio schreit, aber gleichzeitig das Abholzen ganzer Waldflächen für die Windkraft voll o.k. findet?

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