12. September 2022

„Macbeth“: Zeitlose Urfabel über Mord und Gewalt

Es geht um Fragen über Moral und ethische Grundsätze. Es geht um die ewigen Menschheitsthemen Machtgier, die Frage nach Vorherbestimmung des Sckicksals bis hin zu Sühne und Schild. Das Schauspiel Wuppertal hat Shakespeares Tragödie „Macbeth“ in dieser Spielzeit in sein Programm genommen.

Darsteller in „Macbeth“: (v.l.) Kevin Wilke, Thomas Braus, Rebekka Biener und Julia Meier – © Uwe Schinkel

Das Werk handelt vom Aufstieg des königlichen Heerführers Macbeth zum König von Schottland, seinem Wandel zum Königsmörder und weiteren Mordtaten sowie seinem Fall. „Macbeth“ ist eine zeitlose Urfabel über Machtgier, Mord und die sich fortsetzende Gewalt. Jetzt war Premiere im Opernhaus.

Shakespeares Klassiker eilt der Ruf voraus, blutrünstig und einen skrupellosen mordenden Tyrannen zu zeigen. Der historische Macbeth war gemessen an seiner Zeit indessen keineswegs der wahnsinnige Mörder, sondern eher ein Herrscher, der sich für die Einheit Schottlands einsetzte. Shakespeares Vorlage seines Werkes war von 1040 bis 1057 (nach Christus) schottischer König. Der Name „Macbeth“ bedeute „Sohn des Lebens“. 

Aberglaube, Mythologie und Fiktion

Shakespeares formte seine Geschichte 1606 nach den damals gültigen Theateregeln um und verknüpfte in seinem Drama geschichtliche Fakten über den historischen Schottenkönig Macbeth und den zeitgenössischen englischen König Jakob I. mit Aberglauben, Mythologie und Fiktion. Eine übersinnliche Ebene in Gestalt von drei Schicksalsschwestern mit dunklen Zaubersprüchen und Weissagungen. 

(V.l.) Alexander Peiler, Julia Wolff, Thomas Braus, Julia Meier, Rebekka Biener, Kevin Wilke – © Uwe Schinkel

Eine vielversprechende, aber breit interpretierbare Weissagung führt den erfolgreichen schottischen Feldherrn Macbeth in Versuchung, dem Lauf des Schicksals nachzuhelfen. Seine Frau, Lady Macbeth, ehrgeizig und anstachelnd, ist der Überzeugung, dass Macbeth sich nicht mit den Ehrentiteln „Than von Glamis“ und „Than von Cawdor“ zufriedengeben, sondern direkt nach der Königswürde greifen sollte.

Macbeth zögert und zweifelt, denn dieser Weg führt zwangsläufig über Mord und Schuld. Einmal im Mechanismus von Drohungen, Gewalt und falschen Anschuldigungen gefangen, vermag Macbeth seinem eigenen System nicht mehr zu entkommen.

Der Einblick in das Gedankendrama von Macbeth läßt zusätzlich Anteil an seine innere Kämpfe und Ängsten nehmen. Die Entwicklung des Schauspielstils trug zur Psychologisierung bei und ließ aus den handelnden Personen des Dramas komplexe Persönlichkeiten werden.

(V. l.) Alexander Peiler, Thomas Braus, Julia Meier – © Uwe Schinkel

Die Geschichte selbst lässt mehrere voneinander verschiedene Interpretationen zu, so dass man in Wuppertal auf die Inszenierung des überregional gefragten Dortmunder Direktor der Akademie für Theater und Digitalität Marcus Lobbes sowie der Wuppertaler Dramaturgien Barbara Noth gespannt sein durfte.

Symbol: Ein blutverschmierter Kopf

Die handelnden Personen, der ermordet König Duncan und seine Söhne Malcolm und Donalbain sowie sein Kriegsherr und Mörder Macbeth mit Gattin Lady Macbeth als Intrigantin und die Lehnsherren Banque und Macduff sowie die drei Schicksalsschwestern werden von Rebekka Biener, Thomas Braus, Julia Meier, Alexander Peiler, Kevin Wilke und Julia Wolf in wechselnden Rollen dargestellt, so dass die komplexen Personen nicht immer sicher zuzuordnen sind, zumal sie sich meist mehrstimmig artikulierten. Für die brillanten Künstler, aber auch für den Zuschauer eine Herausforderung.

Eindrucksvoll das Bühnenbild von Robi Voigt (Zürich) und die Kostüme von Pia Maria Mackert, beide bereits hochdekoriert. Knallgelbe Kostüme in einer Umgebung mit moderner Küchenzeile und einer Dusche, die zum symbolischen Abwaschen der Schuld dient, lassen einen modernen Zeitgeist erscheinen, der noch mit der in englischer Sprache gefassten, akustischen Einblendungen aktualisiert wird. Symbolisch wird der blutverschmierte Kopf des ermordeten Königs wie ein roter Faden durch das Geschehen getragen.

Beschwörungstheorien

Das Drama spielt sich zwischen Imagination und Realität in zwei unterschiedlichen Zeitstrukturen und Welten ab. Interessant deshalb auch die später im Mittelalter einsetzenden Beschwörungstheorien, wonach Shakespeare seinen Hexenfiguren Beschwörungsformeln in den Mund gelegt haben soll, die durch das Rezitieren auf der Bühne ihre dunkle Maggie entfalten….

(V.l.) Thomas Braus, Kevin Wilke, Alexander Peiler, Rebekka Biener, Julia Meier, Julia Wolff – © Uwe Schinkel

80 Minuten dauert die Vorstellung und muss das sehenswerte Geschehen damit zwangsläufig arg komprimieren. Das Premierenpublikum honorierte die Vorstellung mit lang anhaltendem Beifall. Sieben Aufführungen sind im Wuppertaler Opernhaus bis zum 26. März 2023 noch geplant, die nächste am Donnerstag, den 29. September.

Wer ohne Vorwissen in den vollen Theatergenuss kommen möchte, dem sei zum tieferen Verständnis angeraten, sich mit den Inhalten des Stück bereits im Vorfeld zu beschäftigen.

Text: Siegfried Jähne

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