25. April 2022

„Wetten, dass… Frank Elstner 80 Jahre alt geworden ist?

"Wetten, dass Frank Elstner 80 Jahre alt geworden ist? Fast jeder Deutsche jenseits der 40 kennt die TV-Legende – und sein Leben. Dass er das kleine Radio Luxemburg so groß gemacht hat. Dass er die Jahrhundert-Show „Wetten dass..?“ erfunden und mit Sensationsquoten moderiert hat. Und dass er Parkinson hat, ein Glasauge – und fünf Kinder von vier Frauen. 

TV-Legende Frank Elstner in der Talkshow „Begegnungen“ mit  Peter Maffay – © Wolfgang Köhler

Zu seinem 80. Geburtstag am 19. April hat das Burda-Magazin „BUNTE“ mit ihm ein ausführliches Gespräch geführt, auch über eine Zeit, die weit zurückliegt – aber aktueller denn je ist. 

Frank Elstner, Sie wurden im Krieg geboren. In Zeiten eines anderen Krieges werden Sie 80 Jahre alt. Wie erinnern Sie sich an Ihre Kindheit im Krieg?

Frank Elstner: „Mein Vater inszenierte im Frühjahr 1942 in Linz an der Donau eine Operette. Da hat meine Mutter ihn besucht. Und bei die- sem Besuch kam ich in der Landesklinik von Linz auf die Welt. Wir sind dann wenig später zurück ins tschechische Brünn ge- gangen, wo mein Vater Oberspielleiter der Städtischen Operet- te war. Die erste Sprache, die ich gelernt habe, war die tsche- chische Sprache. Denn ich habe mich immer mit unserem Kindermädchen Vera unterhalten, das aus der Tschechei kam.“

Wann setzt Ihre Kindheitserinnerung ein? 

Frank Elstner: „Im Mai 1945, mit drei Jahren. Wir wohnten noch im tschechischen Brünn, wo damals viele Deutsche waren. Mein Vater war erfolgreicher Schauspieler. Meine Mutter eine erfolgreiche Sängerin und Schauspielerin. Es muss bis zum Krieg eine sehr schö-ne Zeit gewesen sein. Dann aber wurden die Männer in den Krieg geschickt und später in Gefangenschaft genommen. Mein Vater kam im Winter 1946/47 aus der Kriegsgefangenschaft nach Wien. Und war plötzlich ein furchtbar entstellter Mann mit einem Wasserkopf. Was eine Folge der Kasernierung in der Gefangenschaft war. Es hat ein paar Tage gedauert, bis er sich davon wieder erholt hatte. Es war das erste Erscheinungsbild meines Vaters, das mir bewusst war. Dieser fürchterliche Wasserkopf. Er tat mir unglaublich leid. Obwohl ich noch so klein war.“

Sie sind einer der letzten lebenden Zeitzeugen, die den sogenannten Todesmarsch von Brünn nach Wien erlebt haben. Woran erinnern sie sich?

Frank Elstner: „Meine Mutter und ich wurden am Morgen des 15. Mai 1945 – wenige Tage nach Kriegsende – wie 60.000 andere deutschsprachige Bewohner von Brünn in den Hof des Augustiner-Klosters St. Thomas gebracht und eingepfercht. Von dort begann der Marsch. Betroffen waren Frauen, Kinder und alte Männer. Vier Tage und vier Nächte sind wir gegangen. 55 Kilometer. 5.000 bis 6.000 Menschen sollen auf dem Brünner Todesmarsch gestorben sein. An Hunger, an Durst – und durch Gewalt. Erinnern kann ich mich noch – obwohl ich erst drei Jahre war – an die riesigen Menschenschlangen. Kilometer lang. Und ich erinnere mich an die toten Pferde, die am Straßenrand lagen. Komischerweise sehe ich noch meinen Kinderwagen vor mir. Ein weiß geflochtener Kinderwagen, in den meine Mutter unsere letzten Habseligkeiten gepackt hatte. Und ein Zelt, in dem die Menschen abends vor einem riesigen Topf an einer Feuerstelle saßen. Das alles sind die Bilder meiner ersten Kindheitserinnerungen. Meine Mutter war bis zum Schluss davon überzeugt, dass ich ihr das Leben gerettet habe, weil ich während der Flucht nur tschechisch gesprochen habe.“

Frank Elstner (r.) in der Talkshow von Peter Maffay (l.). In der Mitte Fußballnationalspieler Christian Günter – © Wolfgang Köhler

Ihre Eltern sind früh gestorben. Wie sind Sie mit diesem Verlust umgegangen?

Frank Elstner: „Der Tod meiner Mutter hat mich wahnsinnig getroffen. Er kam so plötzlich. Ich war 22 Jahre alt. Sie hatte einen Schlaganfall. Sie hat wie ein Schlot geraucht, 60 Zigaretten am Tag. Mein Bruder und ich haben immer gesagt: Unsere Mutter hat sich tot geraucht.“

Hätten Sie Ihrer Mutter gerne noch etwas gesagt? 

Frank Elstner: „Meine Mutter hat sich ihr Leben lang einen Apfelbaum in einem Garten gewünscht. Als sie noch lebte, hatte ich noch kein Geld, mir einen Gar- ten zu leisten. Es tut mir leid, dass mir das damals nicht möglich war.“

Was haben Sie von Ihren Eltern mitbekommen? 

Frank Elstner: „Von meinem Vater habe ich die Gabe, die Menschen zu unter- halten. Meine Mutter hat gemerkt, dass ich sehr gut sprechen kann. So kam ich zum Kinderfunk und habe mit acht Jahren das „Bambi“ in Walt Disneys „Bambi“ gesprochen.“

Erinnern Sie sich noch an den Text? 

Frank Elstner: „An die erste Szene kann ich mich noch sehr gut erinnern. Ich – also das kleine Reh „Bambi“ – stehe auf der Lichtung und beschreibe, wie der Tau auf den Blättern liegt und langsam die Sonne herauskommt. Der große Dichter und Schrifsteller Hermann Hesse („Der Steppenwolf“, die Red.) stand damals zufällig im Studio und sagte den anwesenden Leuten, dass aus mir etwas werden könnte.“

Hätten Sie sich gewünscht, dass Ihre Eltern Ihre großen Erfolge noch mitbekommen hätten?

Frank Elstner: „Kurz vor dem Tod meiner Mutter bin ich durch das Abitur gefallen und konnte deshalb nicht Theater- wissenschaften studieren, wie es meine Mutter sich gewünscht hätte. Wir waren schließlich eine Schau- spielerfamilie. Radio Luxemburg suchte damals Discjockeys. So landete ich beim Radio. Meine Mutter hätte sich gefreut, dass aus ihrem Jungen doch noch etwas geworden ist. Mein Vater hat noch meine ersten beiden Folgen der Fernseh-Sendung „Die Montagsmaler“ mit- erlebt.“

Sie gelten – im besten Sinne – als strebsam, diszipliniert und ehrgeizig. Wie kam es dass Sie das Abitur nicht bestanden ha- ben?

Frank Elstner: „Ich war in einem Katholischem Konvikt. Ich hatte einfach kei- ne Lust mehr auf die Schule und interessierte mich mehr für Mädchen als für den Unterricht. Außerdem spielte ich damals schon Theater. Dass ich durch das Abitur gefallen bin, hat mich sehr geschmerzt. Es war ein Wendepunkt in meinem Leben, weil ich dieses Scheitern nie vergessen habe. 

Es waren andere, strengere Zeiten. Wie hat Ihre Mutter auf Ihre frühe Vaterschaft reagiert?

Frank Elstner: „Sie hat sich für mich und über ihren Enkel gefreut. Aber sie hat mir übelgenommen, dass ich mich von meiner Frau wegen einer anderen wenig später getrennt habe. Als ich meine Mutter mit meiner neuen Freundin besuchen wollte, hat sie mir klipp und klar gesagt: Die lässt Du bitte unten im Auto sitzen. Ich will sie nicht kennenlernen. Das haben wir bis zu ihrem Tod leider nie ausdiskutiert.“ 

Nun liegen bereits acht Lebens-Jahrzehnte hinter Ihnen. Was war das schönste Jahrzehnt?

Frank Elstner: „Ich bin kein Mensch, der durchs Leben geht und abends ein Resümee zieht. Oder am Monatsende. Ich sage nicht am 31. De- zember, das war ein gutes oder ein schlechtes Jahr. Ich nehme das Leben, wie es kommt und wie es der liebe Gott bestimmt.“

Und – wie war das Leben für Sie? 

Frank Elstner: „Es war ein wirklich schönes Leben. Ich mache mir keine Ge- danken darüber, ob ich noch zwei Jahre oder 20 Jahre lebe. Ich mache mir Gedanken über meine Kinder, die mein größtes Ver- mögen sind. Ob sich meine Kinder im Leben durchsetzen und unabhängig werden. Unabhängigkeit schafft Freiheit. Freiheit gibt Gelassenheit. Und je älter ich werde, desto gelassener bin ich. Und ich hoffe, dass es das Leben noch ein bisschen gut mit mir meint. Und auch der liebe Gott.“ 

Interview: Martin Heidemanns / BUNTE

 

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http://www.bunte.de

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