7. Februar 2022

„DaCapo-Mädels“ begeistern mit ihrer musikalischen Vielfalt

Auch Chöre haben eine Geschichte. Einen Dirigenten, eine Vorsitzende, die sich um alles kümmert. Und einen Namen. Manchmal einen italienischen wie der Wuppertaler Frauenchor DaCapo. „Da capo“ heißt vom Kopf an, vom Beginn an und stammt wie so viele Begriffe in der Musik aus dem Italienischen.

Der Frauenchor „DaCapo“. Vorne links: Chorleiter Hans-Jürgen Fleischer – © Thomas Schnabel

Eine der treibenden Kräfte im 39 Köpfe umfassenden Chor heißt Iris Müller und wohnt am Katernberg. Ursprünglich stammt sie aus der Nähe von Chemnitz, das zu DDR-Zeiten Karl-Marx-Stadt hieß. Der Vater arbeitete als Ingenieur, die Mutter als Näherin in Heimarbeit.

Musik spielte im Leben der insgesamt achtköpfigen Familie keine Rolle. Doch ihr Hang zum Musikalischen brach früh durch, im Schulchor und im Spielmannszug des kleinstädtischen Limbach-Oberfrohna, dem sie ab der fünften Klasse angehörte.

Iris Fischer, die als Zweitälteste wichtige Funktionen in der Familie ausübte, nutzte ihren Einfluss auch dazu, die jüngeren Geschwister an die Musik heranzuführen. Sie selbst spielte so gut wie alle Instrumente, die es im Spielmannszug gab. In dem sächsischen Dorf sehr präsent, hat er die Wende nicht überlebt.

In der Gemeinschaft fand Iris Fischer Freunde

Wie so einiges andere den Bach abging. Iris und ihr Mann verloren ihre Arbeit und gingen Anfang der 1990er Jahre nach Wuppertal, wo eine Tante von Uwe Müller wohnt. Zuerst der Mann, dann folgte sie mit Sohn und Tochter, die heute ihrerseits wieder zwei Mädchen großzieht.

Die große Schwester Steffi ist mit ihrer Familie ein Jahr später auch nach Wuppertal gezogen. Und … singt im DaCapo-Chor mit. Iris Müller: „In der Gemeinschaft findet man schnell Freunde und kann sich schneller in eine neue Stadt oder Umgebung eingewöhnen. So war es ja auch bei mir.“

In der DDR war Iris Müller Kindergärtnerin. Übrigens hatte sie in ihrem Fachschulstudium zur Kindergärtnerin zusätzlich das Gitarrespielen erlernt. Das Instrument und der Gesang mit den Kindern waren tägliche Praxis. Mit den städtischen Kitas im Westen kam sie nicht recht klar, eher noch mit den kirchlich geführten, die in ihren Augen zielgerichteter arbeiten und beispielsweise mehr singen und mehr basteln.

Blumen als Lohn für einen tollen Auftritt. (2.v.l.) Iris Müller – © Thomas Schnabel

Auch das oftmals eingeübte Antiautoritäre war nicht ihr Fall. Kurzum: Ihre erste Arbeitsstelle im Westen war Telefondienst und das Sortieren von Karteikarten („Das Alphabet wirst du ja wohl können“) in einer strahlentherapeutischen Praxis. Also mit 30 eine Ausbildung unter lauter 18jährigen, denen sie „Freundin und Mutterersatz“ war.

Doch der ständige Umgang mit Krebspatienten erwies sich auf die Dauer als sehr belastend, so dass sie nach fünf Jahren umschulte und seit 1996 in der Dialyse arbeitet. Manche Patienten, die dreimal in der Woche zur Blutwäsche kommen, kennt sie schon seit 20 Jahren.

„Musik gehört zu meinem Leben“, sagt sie. „Mit meinen Kindern habe ich ständig gesungen und Gitarre und andere kindgerechte Instrumente gespielt.“ Doch erst in der Dialyse wird sie von einer Sängerin des Elberfelder Frauenchors angesprochen: „Du spielst doch so unterschiedliche Instrumente wie Querflöte, Lyra, die kleine Trommel oder Gitarre und singst im Übrigen gern. Komm doch mal zu uns.“

Gesagt, gesungen.

2011 etwa beginnt die eigene Geschichte von „DaCapo“. Es rumort im polizeilichen Chor, weil einige Damen „freies Singen“ wünschen, was man sich so vorstellen muss, dass nicht vom Blatt gesungen wird, sondern die Darbietenden ihren Zuhörerinnen und Zuhörern ins Gesicht blicken, also auch textsicher sein müssen. 25 Sängerinnen demissionierten, standen buchstäblich im Freien, wo es Wuppertal-typisch Fäden regnete. Aber wer wollte und konnte die „meuternde“ Gruppe übernehmen?

Es gab dann tatsächlich jemanden, der das Dirigat übernahm und immer noch übernimmt, der mittlerweile auf die 80 zugehende frühere Studienrat an der Siegesstraße, ein Freund des freien Singens, Hans-Jürgen Fleischer, seit über vier Jahrzehnten Chorleiter aus Leidenschaft.

Der erfolgreiche Wuppertaler Frauenchor „DaCapo“ bei einem Auftritt – © Thomas Schnabel

Das Repertoire ist weit gefächert und umfasst Schlager und Pop, Filmmusik und Folklore, aber auch geistliche Lieder, Gospels und Spirituals. In der noch jungen Geschichte gab es schon viele besondere Highlights: Konzert mit integrierter Modenschau – choreigene Models liefen über den Catwalk, „Platt & Pop“ – Frauenchor trifft auf die Wuppertaler Mundartband „Striekspöen“, „Good Girls & Bad Boys“ – hier stand „DaCapo“ mit dem Dortmunder Barbershopchor „Bad Boys“ auf der Bühne, ein Adventskonzert mit Michael Hirte, dem Mann mit der Mundharmonika, ein Herbstkonzert „In Vino Musica“ inklusive Weinverkostung, das Adventskonzert mit dem lettischen Universitätschor „Mixed Aura“ aus Riga.

Auch das „soziale Singen“ ist für „DaCapo“ wichtig. Iris Müller: „Mit unseren fröhlichen Liedern erfreuen wir in Seniorenheimen und Kurkliniken auch die Menschen, die nicht in unsere Konzerte kommen können.“ 

Es ist erst einige Monate her, dass „DaCapo“ zehnjähriges Bestehen feierte und dazu Vertreter weiterer Frauenchöre, aber auch den Vorsitzenden vom „Mannenkoor Gouda’s Liedertafel“ begrüßen konnte. Übrigens geht die nächste „Erlebnis- und Konzertreise“ in jene hübsche holländische Stadt, die vielen Wuppertalern nur als namensgebend für Käse bekannt ist.

Jeden Donnerstag ist Probe

Jeden Donnerstagabend wird geprobt, alles Wichtige dazu steht auf der Homepage www.frauenchor-dacapo.de, die übrigens von Iris Müller gestaltet wird, der Kenntnisse in der Fotobearbeitung und im Umgang mit den gängigen PC-Programmen zugute kommen. Seit längerem arbeitet sie Teilzeit, um Dialyse, „DaCapo-Mädels“ und Familie – Tochter und Enkel wohnen im selben Haus – unter einen Hut zu bekommen.

„In dieser tollen Gemeinschaft hat sich ein starkes Wir-Gefühl entwickelt, welches dazu führte, dass, am Donnerstag zu proben, uns allen zum Bedürfnis geworden ist“, sagt Iris Müller zur STADTZEITUNG. „Unsere Auftritte im sozialen Bereich und unsere Konzerte sind die Highlights und Früchte unserer Proben. Gemeinsam mit unserem Chorleiter, Herrn Fleischer, und den weiteren sechs Vorstandsmitgliedern darf ich die Geschicke unserer DaCapo-Familie organisieren.“

Ihr Motto lautet: „Singen macht mir Spaß, entspannt und fordert mich zugleich. Singen im Chor entwickelt das Wir-Gefühl, stärkt und gibt uns Zuversicht.“

Text: Dr. Matthias Dohmen

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