Künstler Udo Dziersk malte mit Schalke-Stars ein Bild

Wuppertaler Künstler ist Kunst-Professor in China - Udo Dziersk ist ein weltweit gefragter Künstler und Kunst-Dozent. Sein Atelier und sein Zuhause ist eine alte Schreinerei in der Nähe der Steinstraße. Hier entstehen seine Werke, eine Mixture aus abstrakten und gegenständlichen Elementen.

Der Künstler Udo Dziersk in seinem Atelier – © privat

Der gebürtige Gelsenkirchener hätte beinahe nicht nur mit dem Pinsel, sondern auch mit dem Fußball Karriere gemacht. In der Oberliga-Mannschaft des STV Horst-Emscher spielte er im Tor. Udo Dziersk (56) ist Kunst-Professor an der Kunstakademie Düsseldorf. Außerdem erhielt er Lehraufträge der Academy of Fine Arts in Xi’an, der School of Arts in Beijing (China), der Kunstakademie in Tirana (Albanien), der Kunstakademie Savitski in Pensa (Russland) und der Accademia di Belle Arti in Palermo (Italien). Peter Pionke unterhält sich mit dem facettenreichen Künstler.

DS: Wie würden Sie Ihren Stil bezeichnen?

Udo Dziersk: „Reine Malerei. Ich befasse mich mit Problematiken der Malerei, die nicht unbedingt immer neu sein müssen, aber die man immer wieder neu definieren und neu zusammen stellen kann. Mich interessiert besonders die Abbildung einer Sache, die Linien im Bild und die Übermalung, die Räume schafft. Das sind so meine Kernfragen. Die Themen, die ich behandele, sind sehr persönlich. Zum Beispiel inspiriert mich meine neue, zusätzliche Professur in China immer wieder zu neuen Themen und Ideen. Das kann aber auch einmal wechseln, beispielsweise durch einen Aufenthalt in Italien, wo sehr häufig bin.“

DS: Wie sind Sie zur Kunst gekommen?

Udo Dziersk: „Ich habe festgestellt, dass ich zeichnen kann. Ich habe Ruhe gefunden für mich, habe Dinge, die mich interessierten mit einem Bleistift dargestellt. Das funktionierte ganz gut. Und da ist in mir eine große Neugierde geweckt worden. Das lag wohl auch mit daran, dass ich während meiner Schulzeit einen Kunstlehrer hatte, der gut ausgebildet war und sein Wissen auch spielerisch vermitteln konnte.“

DS: Wenn man Ihre Bilder so betrachtet, ist das eine Mischung aus Abstraktem und gegenständlichen Motiven, was bewegt Sie dazu?

Udo Dziersk: „Das Zusammenwirken von abstrakten und konkreten Momenten ist sicher eine Sache, die mich interessiert. Ein Bild durch zu deklinieren nur im Figurativen würde mich langweilen. Genauso reizt es mich wenig, ein Bild nur abstrakt zu gestalten. Die Kombination bereitet mit große Freude und ihr folge ich seit Jahren.“

Der Maler Udo Dziersk – © Orion Dahlmann

DS: Entstehen die Titel Ihrer Bilder eigentlich vorher oder nachher?

Udo Dziersk: „Während oder nachher. Es gibt vorher ein Thema – zum Beispiel China oder Aufenthalte in Italien, dann mache ich Skizzen und lege einen Oberbegriff fest. Es kommt auch vor, dass mir bereits nach den ersten Strichen ein Titel einfällt, der muss dann nicht unbedingt bezogen sein auf den gedanklichen Ort, den ich gerade darstelle. Es kann auch sein, das ich einen Song höre, der einen Titel oder eine Text-Passage hat, die zum Bild passt, dann übernehme ich das auch.“

DS: Welche Message verbreiten Sie mit Ihren Kunstwerken?

Udo Dziersk: „Meine Message ist, das, was mich betrifft, in anderer Form dar zu stellen und möglicherweise den Betrachter einzuladen in einen Kosmos, der für ihn interessant sein kann. Mehr kann ich als Künstler mit einem Bild auch gar nicht erreichen. Politisch würde ich mich verbal oder schriftlich äußern. Farbe in Bildern kann verführen und das ist ganz wichtig. Gleichzeitig lasse ich meine Gedanken immer noch ‚langsegeln‘ an dem Thema, das ich mir gestellt habe. Ich muss die Erfüllung im Bild nicht hundertprozentig finden. Es gibt auch Bilder, die mir entgleiten und am Ende nichts mehr mit dem Ursprung zu tun haben.“

DS: Emotionen haben ja fast alle Menschen. Ist es das Privileg eines Künstlers, diese Emotionen auf eine Leinwand bringen zu können?

Udo Dziersk: „Das mag sein. Aber eigentlich ist es schon allein ein Privileg, wenn man als Künstler arbeiten kann, ohne sich hauptberuflich im Sinne von Geldverdienen woanders festlegen zu müssen. Ich bin mein eigener Herr. Dieses Privileg geniessen natürlich auch alle anderen Künstler, die von dem, was sie machen und was ihre Erfüllung ist, leben können.“

DS: Was vermitteln Sie Ihren Malschülern?

Udo Dziersk: „Ich vermittele ihnen Maltechniken, ich mache ihnen klar, dass man Kunst nicht stringent verfolgen kann, sondern intelligent, spielerisch erarbeiten muss. Es gibt Wege, die nicht zum Ziel führen, da muss man zurück. Das muß man erst einmal begreifen. Die meisten haben ja so eine gewisse Zielerwartung: Ich muss das oder das darstellen können. Ich möchte schon mit den Schülern durchs Ziel kommen, aber es ist kein Muß, sondern ein Angebot meinerseits. Ich kann ihnen vermitteln, dass es Phasen gibt, in denen man besser nicht im Atelier arbeitet, sondern sich um seinen Kopf kümmern muss, dass man liest, dass man sich erholt. Es gibt die Unruhe-Momente von Studenten, in denen sie sich selbst unter Druck setzen. Es gibt bei fast allen Künstlern Phasen, in denen sie produktiv sind, ohne nach außen hin wirklich produktiv zu wirken.“

Udo Dziersk in seiner Atelier – © privat

DS: Was erwarten denn die Studenten von Ihnen, einem renommierten, erfolgreichen Künstler?

Udo Dziersk: „Natürlich habe ich mir schon in der Malerei ein Niveau erarbeitet, erdacht, erträumt und dargestellt. Das sehen natürlich auch meine Studenten. Ich will ihnen nicht vermitteln, wie ich male, aber wie man Farben differenzieren kann, welchen Effekt man erzielen kann, wenn man mit verschiedenen Schichten arbeitet und warum diese oder jene Technik für ihn ideal sein kann, für andere aber eben nicht. Das sind Erfahrungen, die man nur weitergeben kann, wenn man sie selbst erlebt und durchmalt hat. Ich greife in der Akademie an der Stelle ein, an der die Studenten allein nicht mehr weiter kommen.“

DS: Sie hatten ja berühmte Lehrmeister wie Gerhard Richter, Georg Baselitz, Per Kirkeby oder Markus Lüpertz. Was hat Ihnen das gebracht?

Udo Dziersk: „Sehr viel. Vorab muß ich aber sagen, dass ich es nicht darauf angelegt habe, möglichst viele berühmte Kunst-Professoren zu sammeln, sondern das war zum Teil eine Verkettung ungünstiger Umstände, die sich im Nachhinein als Segen erwiesen haben. Ich habe Lehrer kennen gelernt, die auf hohem Niveau völlig unterschiedlich arbeiteten und um ihre Werke rangen. Ich konnte von den Profis eine Menge lernen, gar nicht einmal so sehr, was die Technik angeht. Die haben ihre ganz individuellen Eigenarten und Brands, die sie sich erarbeitet haben. Aber die Art, wie die älteren, renommierten Kollegen sich artikuliert haben, wie sie Kritik übten, davon konnte ich als junger Künstler viel lernen.“

DS: Aber solchen weltbekannten Kunst-Größen über die Schulter geschaut zu haben, ist doch für Sie bestimmt keine schlechte Referenz?

Udo Dziersk: „Das kann man so sehen. Aber auf der anderen Seite scheiden sich an einem Künstler wie z.B. Markus Lüpertz die Geister. Es gibt Leute, die mögen seine Werke. Andere wiederum können mit ihm und seiner Kunst gar nichts anfangen, möglicherweise, weil er als Persönlichkeit polarisiert. Wenn man an einen solchen Kunstliebhaber gerät, ist das nicht mehr lustig. Denn dann ist meine Begegnung mit Lüpertz alles andere als ein Referenz.“

DS: Mit Kunst kommt ja mittlerweile jeder in Berührung und sei es im Möbelhaus. Kommen Ihre Kunden denn eher aus dem intellektuellen Spektrum?

Udo Dziersk: „Eher ja! Das liegt aber wohl zwangsläufig an den finanziellen Mitteln. Als ich in den 80er Jahren meine ersten Bilder verkauft habe, waren das schon in erster Linie junge Ärzte und Rechtsanwälte, also Leute aus privilegierten Berufsschichten. Daraus rekrutiert sich dann zwangsläufig eine Schicht von Leuten, von denen man annimmt, dass sie intellektuell sind – aber das sind sie auch nicht immer.“

DS: Wie kommt es zu Ihrer Affinität zu China?

Udo Dziersk: „Ich habe im Jahr 2000 erstmals in Korea ausgestellt und war begeistert. Ich bekam dann den Tipp, nach China zu gehen. 2001 habe ich mir Geld besorgt und einen Schlafplatz in Peking und bin ohne Stipendium einfach für drei Monate hingeflogen. Es war eine wunderbare Zeit. Ich habe dort in einem Hochhaus gewohnt und drei Tage gemalt. Den Rest der Woche war ich Tourist. 2014 habe ich dann ein Stipendium bekommen und habe zweite Monate lang an den Kunst-Akademien in Xi’an und Peking unterrichtet. Inzwischen bin ich Gast-Professor in China und halte mich dort regelmässig auf.“

DS: Sie sollen ja beinahe nicht nur als Maler, sondern als Fußball Karriere gemacht haben?

Udo Dziersk: „Ja, ich habe beim STV Horst-Emscher in Gelsenkirchen in der Jugend und danach zwei Jahre mit der Seniorenmannschaft in der Oberliga gespielt. Ich war der Torwart und der heute bekannte Bundesliga-Trainer Peter Neururer war mein Vorstopper. Es lief ganz gut und ich wurde auch in die Kreisauswahl NRW berufen. Zeitgleich habe ich gezeichnet und gemalt. Als ich mich dann an der Düsseldorfer Kunst-Akademie beworben habe und auch eine Zusage erhielt, hatte ich ein Problem: Ich liebte den Fußball so sehr, sodass ich zunächst beides parallel laufen ließ. Aber schließlich hat dann doch die Kunst obsiegt.“

Udo Dziersk vor seinen Werken – © privat

DS: Wie kam es denn, dass sogar eines Ihrer Werke im Schalke-Museum hängt?

Udo Dzierks: „Ich hatte irgendwann einmal die Idee eine Mal-Aktion mit Fußballern zu machen. Das gab es bis dahin noch nicht. Mein Freund Sven Backhaus, der bei Fortuna Düsseldorf spielte, hat den Kontakt zu Schalke-Stars hergestellt. Trainer Huub Stevens stand der Aktion sofort positiv gegenüber. Und ich durfte mein Anliegen in der Kabine vortragen. Die Spieler haben zunächst gedacht, ich würde sie auf den Arm nehmen, doch Stars wie Andy Möller, Ebbe Sand, Asamoah oder Olaf Thon haben zugesagt. Ich habe eine Leinwand besorgt, die groß genug war, dass elf Spieler daran Platz fanden und habe Overalls organisiert. Dann habe ich ein Drittel des Schalke-Museum frei geräumt und mit Folie ausgelegt. In einer Trainingspause sind Huub Stevens und seine Spieler herübergekommen und haben gemalt, was ihnen gerade zum Thema Fußball in den Sinn kam. Das hat alles wunderbar geklappt. Ich habe das Bild danach mit in mein Atelier genommen und leicht überarbeitet. Heute hängt es im Schalke-Museum.“

DS: Vielen Dank für der interessante, offene Gespräch.

Das Interview führte Peter Pionke

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