Claudio LiMura lässt Senioren durchs Leben tanzen

Angeregt von Pina Bausch und ihrem Ensemble hat der Cronenberger Claudio liMura ein Tanztheater für Senioren gegründet. Mit dem Stück „Zero und ich" reflektieren sie ihr eigenes Leben.

Der erfolgreichen Choreograph Claudio Li Mura vor seinem Ensemble – © Seniorentanztheater Claudio LiMura

Am Ende ist alles im Fluss. Alter, Jugend, Individualität, Gemeinsamkeit. Alles vermischt sich und scheint sich zu verbinden. Als die Musik einsetzt und die Tänzer anfangen, sich durch den Saal zu bewegen, liegt ein Schweben im Raum. Seniorentanztheater Wuppertal.

Bei den Proben im Nachbarschaftsheim erscheint der Name der Gruppe seltsam missverständlich. Denn das, was man sieht, ist erstaunlich alters- und zeitlos. Manchmal wirken die Bewegungen der Teilnehmer fast grazil und jugendlich beschwingt, dann wieder reif und nachdenklich. Zu allem Überfluss tadelt Claudio liMura, Gründer und Leiter des Tanztheaters, seine Tänzer, die nicht sofort auf seine Anweisungen hören wollen, mit dem empörten Ausruf: „Wie die Kinder!“ Und tatsächlich: Mit dem Stück „Zero und ich“, an dem das Tanztheater gerade probt, schließt sich der Kreis zwischen Jugend und Alter.

Auf den Spuren von Pina Bausch und Federico Fellini

Dabei geht es hier um nichts weniger als um die Reflektion über das eigene Leben. Und so spielen die Tänzer in einer Traumszene die Leichtigkeit ihrer eigenen Kindheit nach, während sie kurz darauf unter dem Motto „Bedürftigkeit“ die ganze Schwere des Alters auf die Bühne bringen. „Leben. Das ist die Zeit“, sagt eine Stimme dazu philosophisch. Vieles erinnert an die großen Tanztheaterstücke von Pina Bausch. Und auch ein wenig an die Filmklassiker des italienischen Regisseurs Federico Fellini. Und das ist kein Zufall. „Seit 40 Jahren verehre ich Pina Bausch“, sagt Claudio liMura. „Ihre Arbeit ist die größte Motivation für mich.“

Und auch mit Fellini, für den liMaura, in der Vergangenheit häufiger als Übersetzer gearbeitet hat, verbindet den Cronenberger eine besondere Beziehung. Wenn es um das Tanztheater geht, ist liMura voller Leidenschaft. Immer wieder probt er die kritischen Stellen. „Drei Stunden Probe müssen einfach sein“, sagt er bestimmt. Auch die eindrucksvollen Kostüme hat er selber ausgesucht und zusammengestellt.

Mit 55 Jahren fängt die Freiheit an

Wie beim großen Vorbild Pina Bausch geht es dabei nicht nur um Tanz, sondern auch um Bilder, Erzählungen und die Entdeckung des eigenen Ichs. Und die Tänzer? Einige hadern mit dem Namen Seniorentanztheater. Doch alle sind begeistert von der Selbsterfahrung, die sie hier machen können. Das Mindestalter von 55, das in der rüstigen Tanzgruppe gilt, sehen die meisten dabei vor allem als eine Art Freiheit, jetzt endlich das machen zu können, was sie wollen.

„Als auf meinem Online-Konto das erste Mal die Überweisung der Rente auftauchte, habe ich mir gesagt: Mensch dann kannst du doch auch gleich beim Seniorentanztheater mittanzen“, berichtet einer der Teilnehmer. Männer sind in der Gruppe besonders rar und deshalb sehr gefragt. „Sie tun sich schwerer damit, gefühlsbetont zu tanzen“, sagen die Frauen. „Solange man noch im Berufsleben steht, gilt man unter Kollegen als Tänzer schnell als verweichlicht“, beklagt sich einer der Männer. Auf die Nachfrage, ob es da nicht mit zunehmendem Alter mehr Toleranz gibt, meint er: „Nein, das ist völlig alterslos.“

Text David Fleschen

www.seniorentanztheater.com

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