Jörg Knör – der Papst unter den Parodisten

Jörg Knör - der Papst unter den Parodisten. Der Wuppertaler Entertainer ist seit 40 Jahren im TV und auf der Bühne erfolgreich.

Ein Mann, zwei Gesichter: Jörg Knör – © Paladin

Kein Promi ist vor ihm sicher! Jörg Knör parodierte bekannte Köpfe wie Helmut Kohl, Gerhard Schröder, Dieter Bohlen, Udo Lindenberg, Marcel Reich-Ranicki, Karl Lagerfeld, Alfred Biolek und sogar Papst Johannes Paul II (Karol Jozef Woityla). Inzwischen ist der in Wuppertal geborene Entertainer selbst so etwas wie der Papst unter Deutschlands Parodisten. Comedy-Star Matze Knop bezeichnete Jörg Knör (59) mehrfach als sein Vorbild.

Im nächsten Jahr präsentiert der „King Of Parodie“ seine „100 Jahre Show“ – 60 Jahre „Life“ und 40 Jahre „Live“. Anders ausgedrückt: Jörg Knör feiert seinen 60. Geburtstag und sein 40jähriges Bühnen-Jubiläum. Sein Fest-Programm wird er auch in seiner Heimatstadt Wuppertal auf die Bühne bringen. Im großen „Hand aufs Herz“-Interview spricht er u.a. über sein Leben, sein Rezept, über vier Jahrzehnte erfolgreich zu sein und über seine Pläne und Träume.

Das Talent, Menschen zu unterhalten,
wurde Jörg Knör mit in die Wiege gelegt

Jörg Knör war ein Frühstarter. Sein Talent, Menschen zu unterhalten und zum Lachen zu bringen, wurde ihm praktisch mit in die Wiege gelegt. Er geniesst das Scheinwerferlicht und hat aus vollster Überzeugung sein Hobby zum Beruf gemacht. Diese Leidenschaft treibt ihn auch heute – nach 40 Jahren auf der Bühne und vor der TV-Kamera – noch an. Und das kommt auch im großen Interview mit der STADTZEITUNG in jeder Antwort herüber.

DS: Sie haben als Kind aus Schuhkartons Kulissen gebastelt und mit Gummibären TV-Shows nachgespielt. War das für Sie der erste Schritt ins Rampenlicht?

Jörg Knör: „Den ersten Scheinwerfer habe ich mir 1976 im Gemeindezentrum in Wuppertal-Ronsdorf aufgebaut, wo ich nach meinem Auftritt bei „Am laufenden Band“ mit Rudi Carrell selbst Spielshows inszeniert habe, um Showmaster zu werden. Dann gab es in Elberfeld gegenüber vom Schauspielhaus „Lemmys Künstlertreff“, ein Restaurant mit kleiner Bühne. Der Besitzer, Sänger Manfred Lemm, gab mir hier die Chance für Showeinlagen vor den Gästen, die nach dem Theaterbesuch von gegenüber noch einen Comedy-„Nachschlag“ haben wollten.“

DS: 1988 haben Sie sich 120.000 DM zusammengeliehen, um Ihre eigene „One-Man-Show“ zu produzieren und in Witten uraufzuführen. Ein Erfolg, weil Ihnen das ZDF die Show abgekauft hat. Würden Sie ein solches Risiko heute noch einmal eingehen?

Jörg Knör: „Vom Prinzip ja, nur mit mehr Erfahrung. Im Februar habe ich mein aktuelles Programm „FILOU!“ mit sechs Kameras aufzeichnen lassen. Wieder ohne Auftrag und mit eigenem Geld. „Es gibt nichts Gutes, außer man tut es!“ hat Erich Kästner schon gesagt. Es verkürzt den Weg, dem Glück entgegen zu gehen.“

DS: Sie haben Politiker-Persönlichkeiten wie Helmut Kohl oder Gerhard Schröder parodiert. Gehen Ihnen auf der politischen Bühne nicht allmählich die Typen aus?

Jörg Knör: „In 40 Bühnenjahren bin ich sogar mit fünf Kanzlern persönlich zusammen getroffen und gebe ihnen mit meiner Parodie noch heute Publikum. In der Regel bin ich mit meinen bald 60 Jahren genau in der Altersmitte meiner Zielgruppe.
Die freut sich über meinen Helmut Schmidt genauso wie über Bruce Darnell und johlt, wenn ich Rammstein einmal etwas von Howard Carpendale grölen lasse.“

DS: Fühlten sich die Promis, die Sie parodiert haben – von Udo Lindenberg, über den Papst bis zu den Kessler-Zwillingen – alle gebauchpinselt oder gab es auch Protagonisten, die sauer waren?

Jörg Knör: „Je echter ich in der Rolle bin, desto irritierter ist das Original. Jochen Busse fand meinen Jochen zu „tuckig“ und Lindenberg fragte mich: „Hab ich wirklich so ´ne Nöhle?“ Gerhard Schröder lud mich begeistert als Vor-Schröder zur SPD Siegesfeier ein. Otto Waalkes beschwert sich, wenn ich ihn im Programm vergesse. Aber es gab auch schon einen frommen Innenminister, der bei meiner Papst-Parodie sauer den Saal verließ.“

DS: Die eine Schwierigkeit ist es, Stimme und Gestik Ihrer Protagonisten perfekt zu imitieren, aber dann muss das Statement auf den Punkt kommen. Schreiben Sie die Sketche selbst oder haben Sie ein Team?

Jörg Knör: „Da ich immer tagesaktuell bin, hilft es oft, eine eine Stunde vor dem Auftritt ein Lied, ein Gedicht oder einen Stand up-Sketch selbst schreiben zu können. Der Applaus ist für mich nicht nur das „Trinkgeld“ fürs Servieren, sondern auch das Honorar für mich als Koch des Gerichts. Die eigentliche Arbeit liegt in der Idee.“

DS: Gibt es bekannte Menschen, die eine sehr prägnante Stimme und Mimik haben, die Sie aber auf keinen Fall parodieren würden?

Jörg Knör: „Kaum, solche Einladungen muss man stimmlich annehmen. Gibt es aber leider nicht so häufig. Wenn es der AfD schadet, gebe ich auch gerne mal ein paar Sätze den „Adolf“. Allerdings sind Stottern und Hasenscharte kein Grund zur Imitation. Sich über Menschen lustig zu machen, ist nicht professionell.“

DS: Sie waren als 15jähriger Kandidat in Rudi Carrells Show „Am laufenden Band“. Sie haben Rudi Carrell später einmal als Ihr Vorbild bezeichnet. Was hat Sie an ihm so fasziniert?

Jörg Knör: „Rudi hatte den Charme eines Lausbuben und den Fleiß eines Managers. Außerdem hat er seit seiner Kindheit das Showbusiness aufgesogen. Ich war in meinen monatlichen Reisen von Wuppertal nach Bremen zu seinen TV-Shows sein Hospitant, habe mir viel von ihm abgeguckt. Er war damals der einzige mit undeutschem, britischem Humorverständnis. Das Wiedersehen mit Rudi Carrell Jahrzehnte später als Kollege bei „7 Tage – 7 Köpfe“ und das „Bambi“ aus seiner Hand waren für mich wie ein Ritterschlag.“

DS: Sie waren lange mit eigenen Shows oder Gastauftritten im TV unterwegs. In die letzten Jahren ist Ihre TV-Präsenz gefühlt weniger geworden. Wo liegen die Gründe dafür?

Jörg Knör: „Nach 40 Jahren jedes Jahr noch über 200 Auftritte in Theatern und Events zu haben, ist mir mehr wert als der kurze Hype, den jeder gute Comedian einmal für ein paar Jahre geschenkt bekommt. Stellen Sie bitte Luke Mockridge die gleiche Frage 2052, dann wird er hoffentlich die gleiche Antwort geben können. Aber ich bin der gute alte Rotwein, der schon bald wieder mit Trinkreife im TV entkorkt wird – wetten, daß?“

DS: Sie haben einen 10 Minuten jüngeren Zwillingsbruder. Ist Jens Ihr grösster Kritiker?

Jörg Knör. „Meine größten Kritiker sind meine Tochter Clara und meine Frau Kerstin.“

DS: Wie finden Sie eigentlich Matze Knop, der Ihnen so ein wenig die Idee und auch die Typen geklaut hat?

Jörg Knör: „Ich liebe Matze, wie jeden GUTEN Kollegen, weil er dem Genre „Parodie“ ein gutes Image gibt. Matze Knop ist eine Generation jünger und nennt mich schon mal sein Vorbild – klingt jedenfalls besser als „Alt-Meister“. Wir kommen uns auch gar nicht ins Gehege. Er ist viel in der Fussballecke unterwegs und ich auf den roten Teppichen. Klauen gibt es nicht zwischen uns. Nur Inspiration!“

DS: Inwieweit hat sich das Publikum in den letzten zehn Jahren verändert?

Jörg Knör: „Man darf mehr. Es gibt kaum eine Tabu-Verletzung, die nicht schon langweilig wird, weil sie nicht mehr neu ist. Durch TV-Comedy gefüttert, müssen wir auch live schneller sein in der Gag-folge und im Timing. Auch das Publikum ist lockerer geworden, weniger bürgerlich und besser informiert über meine Themen durch das Internet.“

DS: Könnten Sie sich ein Jörg-Knör-Bühnen-Programm vorstellen, in dem Sie niemanden parodieren?

Jörg Knör: „Andrea Bocelli könnte ja auch eine Lesung machen und Mario Barth Pantomime. Die Parodie war immer das Steak auf meinem Teller, allerdings stets mit den Beilagen der Karikaturen und meinen eigenen Songs. Ich könnte mir eher ein musikalisches Album ohne Parodie vorstellen. Eigentlich ein Wunsch, den ich mir erfüllen möchte.“

DS: Comedians gibt es wie Sand am Meer. Knacki Deuser hat in einem Interview gesagt, dass einige von ihnen genauso schnell wieder verschwinden werden. Was ist Ihr Erfolgs-Rezept?

Jörg Knör: „Lust vor Geld zu setzen und Dankbarkeit vor Stolz.“

DS: Kommt man heutzutage überhaupt noch ohne Gala-Geschäft – also Auftritte bei Firmenfeiern und Jubiläen – über die Runden?

Jörg Knör (lacht): „Auch über die „Eckigen“. Diese Art von Galas sind auch fast verschwunden. Statt Live-Bands engagiert man DJ´s mit Pult und lässt Mitarbeiter lieber Drachenboot rudern, als einen Entertainer mit den Armen. Ich bin aber immer noch für viele Firmen der „Auf-Maß-Arbeiter“, der Ihnen persönliche Shows zu ihrem Anlass liefert. Und das bezahlbarer als viele TV-Comedians, die für Riesengagen nur Ausschnitte aus ihrem längst bekannten Bühnen-Programm liefern.“

DS: Was sind die Sonnenseiten in Ihrem Job?

Jörg Knör: „Begegnungen mit tollen Persönlichkeiten, kreative Ergebnisse, Vorfreude vor dem Auftritt und die Erlösung danach. Aber vor allem die Freiheit, ohne Chef von seinem Hobby leben zu dürfen.“

DS:…und die Schattenseiten?

Jörg Knör: „Begegnungen mit unempathischen Menschen, Last der kreativen Aufgabe, Angst vor dem Auftritt und manche Leere danach. Und der Existenzdruck, sein eigener Chef zu sein.“

DS: Haben Sie sich eine Deadline gesetzt, an der Sie sagen: Jetzt ist Feierabend, jetzt gehe ich nur noch Golfen?

Jörg Knör: „Golfen wäre meine Höchststrafe und Feierabend gehört ins Repertoire geregelter Arbeit. Ich gönne mir viel mehr Auszeiten als früher und achte darauf, meine Batterien zusammen mit meiner Frau auf Kurztrips aufzuladen. Ich möchte nicht auf der Bühne abbauen, sondern lieber ohne Beobachtung. Wann das soweit ist? Ich fühle mich immer noch an zu vielen Anfängen, um aufzuhören.“

DS: Wenn Sie heute völlig frei Hand hätten und könnten für einen großen TV-Sender eine große Show frei gestalten, ohne Kostendruck. Wie würde diese aussehen?

Jörg Knör: „Großartig! Und beseelt!“

DS: Welchen Bezug haben Sie heute noch zu Ihrer Heimatstadt Wuppertal?

Jörg Knör: „Hier hatte ich und eine wunderbare Kindheit in Ronsdorf. Ich liebte das Wäldchen dort. Und alle Premieren in Wuppertal: Meinen ersten Schrei, mein erstes Kinoerlebnis in der Lichtburg, meinen ersten Kuss, meine erste Steuernummer. Hier habe ich Oboe im Orchester und meinen Lehrern Streiche gespielt. Hier habe im Haus der Jugend Schauspiel gelernt und bei Karl vom Kothen ein Vermögen für Schallplatten gelassen. Und es gab Originale wie Ötte, Johannes Rau und die Striekspöen.“

DS: Vielen Dank für das interessante, spannende Gespräch

Das Interview führte Peter Pionke

 

VITA

Jörg Knör wurde am 17. Juli 1959 in Wuppertal geboren. Er ist zehn Minuten älter als sein Zwillingsbruder Jens. Bereits als Kind bastelte er aus Schuhkartons Kulissen, um mit Gummibären TV-Shows nachzuspielen. Am Gymnasium am Kothen machte Jörg sein Abitur und spielte im Orchester Oboe.

Als 15jähriger war Jörg Knör 1975 jüngster Kandidat in Rudi Carrells Show „Am laufenden Band“. Mit 17 Jahren führte er als Fernsehansager durch das Vorabendprogramm des WDR (ab 1977). 1978 moderierte er das „ZDF-Ferienprogramm“.

1981 trat Jörg Knör zusammen mit Ute Lemper und Hape Kerkeling in der Sendung „ARD-Talentschuppen“ auf. Eine weitere Sprosse auf seiner Karriereleiter.1990 bekam er im ZDF seine eigene Show. Seine Parodien machten ihn bundesweit bekannt, wobei er nicht nur prominente Männer imitierte, sondern er wagte sich auch an die Stimmen bekannter Frauen wie Inge Meysel, Hannelore Kohl oder Nadja Abdel Farrag – genannt „Naddel“ – heran. Sieben Jahre lang synchronisierte Jörg Knör in der TV-Show „Der Große Preis“ die von Loriot erfundenen Zeichentrickfiguren Wum und Wendelin.

Mit seinen Bühnen-Live-Programmen – „Knörs Köpfe“ – „Vojör“ – „Lachfinger“ – „VIP VIP Hurra“ u.a. – tourte er erfolgreich durch Deutschland, Österreich und der Schweiz.

Jörg Knör ist Vater von drei Kindern. In dritter Ehe ist er seit 2014 mit Kerstin Goeritz verheiratet. Das Paar wohnt in Hamburg.

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