WSV-Torwart Manni Müller machte ein Traumkarriere

Er ist der einzige der ehemaligen WSV-Stars, der nach heutigen Maßstäben richtiges Geld verdient hat. Manfred Müller ist zwar nicht unbedingt als Fußballer, dafür aber vom Fußball reich geworden...

 

Manfred Müller war 18 Jahre lang Fußballprofi. „Ich hatte halt immer das Pech, beim falschen Verein zu spielen” konstatiert er in einer Retrospektive. Als Torwart spielte der Essener von 1971 bis 1976 im Stadion am Zoo. Nach seiner Wuppertaler Zeit war er noch beim 1. FC Nürnberg und dem FC Bayern München aktiv, mit dem er zweimal Deutscher Meister und zweimal Pokalsieger wurde.

Der aktiven Spielerlaufbahn folgte ein Wechsel ins Management des 1. FC Nürnberg, danach gründete der heute 69jährige eigene Video- und Fernseh-Produktionsfirmen („TopVision“ / “Sports and More“) deren Geschäftsführer er seit 1987 ist. Für RTL sowie die Sat1-Sendung „ran“ produzierte er exklusiv die Außenübertragungen. Seine Firmen mit Sitz in Nürnberg, Köln und Berlin beschäftigen aktuell 70 Mitarbeiter, die für TV-Sender, Vereine der Fußball Bundesliga, Agenturen und Unternehmen arbeiten und uns Fernsehbilder ins Wohnzimmer liefern. Die vier Übertragungswagen (einer kostet um 8,4 Mio. €) sind für alle Fernsehanstalten bei sportlichen, kulturellen und politischen Spitzenereignissen unterwegs. Müllers Schwerpunkte sind dabei Fußball mit 70 und der Wintersport mit 20 Prozent Geschäftsanteilen. Das Markenzeichen ist „MM“.

Ohne diesen Torwart hätte es die Erfolgskurve der Rot-Blauen vielleicht gar nicht gegeben. Der WSV war in der Saison 1970/71 nach eigener Wahrnehmung der beste Dritte, den es je gab. Die Mannschaft, die im dritten Jahr unter Horst Buhtz trainierte, verpasste am letzten Spieltag beim 2:2 in Aachen den sicher geglaubten Bundesliga-Aufstieg. Nicht der WSV, der VfL Bochum und Fortuna Düsseldorf stiegen auf. Fachleute waren sich einig, dass der 1969 von Neunkirchen gekommene Torwart Rudi Krätschmer ebenso wie sein Vertreter, WSV- Eigengewächs Willi Janzik, die entscheidenden Schwachpunkte in der Elf waren.

Trainer Buhtz holte deshalb vom Liga-Konkurrenten Schwarz-Weiß Essen den damals 24jährigen Manfred Müller. Der hatte schon als Soldat von sich reden gemacht. Während seiner Militärzeit war Müller Torwart der deutschen Soldatennationalelf gewesen. Darüber erzählte er später: “Wolfgang Kleff war damals unser dritter Torwart, der danach dann bei Gladbach groß herauskam und sogar Nationaltorwart wurde“. Umworben wurde Müller 1971 von 1860 München und vom Wuppertaler SV.

Der höher dotierte Vertrag gab schließlich den Ausschlag für den WSV. Müllers Art zu spielen war eher unspektakulär, er gehörte nicht zu den “Fliegern”, sondern bevorzugte das solide, risikolose Torwartspiel. Horst Buhtz über ihn: “Mit seiner Ruhe und Erfahrung ist der Manni für uns unbezahlbar.” Und so war das dann auch: Wuppertal stieg 1972 mit ihm in die Fußball-Bundesliga auf. Der Neuling erreichte am Ende der Saison 1972/73 einen vielbeachteten vierten Tabellenplatz.

Training auf Asche

Drei Jahre spielte man mit Klassetorwart Manfred Müller in der Bundesliga, scheiterte aber letztlich vor allem aus finanztechnischen Gründen. Fast alle Spieler waren damals noch berufstätig. Bernd Hermes, der aus Köln geholt wurde: „Ich war bei der Brauerei Wicküler im Außendienst und trainiert wurde nur abends auf dem Aschenplatz des Stadions“. Wenn man das mit dem Training von heute vergleicht, sind das nicht über 40 Jahre, sondern gefühlte 140 Jahre her, hielt der verstorbene Sportamtsleiter Peter Keller in seinem Buch über diese Zeit fest.

„Wir waren der einzige Bundesligist, der auf Asche trainierte, gerade für einen Torwart ist das Gift“, sagte Manni Müller. Sportjournalist Friedemann Bräuer erinnerte sich an eine besondere Charaktereigenschaft des Torwarts, die dessen außergewöhnliches Selbstbewusstsein zum Ausdruck brachte: „Nie war er an einem Tor schuld.“ Müller resümiert seine Jahre in Wuppertal: „Mehr war nicht drin, an Nationaltorwart Sepp Maier wäre ich ohnehin nicht herangekommen.“
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Der WSV stieg 1975 mit Müller als Stammtorwart wieder ab. Danach kam der WSV nicht zuletzt wegen einer fetten Steuernachzahlung in finanzielle Schwierigkeiten und musste verkaufen. Als die Spieler monatelang kein Geld mehr sahen, wechselte Müller 1976 zum aufstiegsambitionierten 1. FC Nürnberg. Da kam er allerdings vom Regen in die Traufe: Den Club drückten 1,2 Millionen Mark Schulden. Sein erstes Jahr in Nürnberg bezeichnete er rückblickend als grausam. „Ich wollte dann auch so schnell wie möglich wieder weg.”

Dreimal überschlagen

Im Mai 1978 überlebte Müller einen schweren Verkehrsunfall unverletzt. Er hatte sich mit seinem Wagen auf regennasser Straße dreimal überschlagen. Nur einen Monat später wurde er für Nürnberg zum Helden, als er am 9. Juni 1978 im Essener Georg-Melches-Stadion im entscheidenden Relegationsspiel um den Bundesligaaufstieg einen Elfmeter von Horst Hrubesch pparierte und somit den Franken den Aufstieg in die Bundesliga sicherte. Doch diesen Ruhm konnte er nur relativ kurz genießen; es folgte der direkte Wiederabstieg der Nürnberger.

Beim 3:3 gegen den Hamburger SV in der Saison 1978/79 bestritt er nach einem Streit mit Trainer Zapf Gebhardt (der war 1963/64 in der Regionalliga West Trainer des WSV) sein letztes Spiel für den Club. In der Pause hatte er Trainer Zapf Gebhardt wutentbrannt die Kapitänsbinde vor die Füße geworfen.

Am nächsten Tag wurde Manni Müller fristlos entlassen. Der wenig angenehme Abschied sollte für ihn jedoch noch zum Glücksfall werden, dessen Ausgangspunkt ein weitere Autounfall war. Bayern Münchens Torwart-Legende Sepp Maier musste nämlich seine Karriere in der Folge eines am 14. Juli 1979 selbst verschuldeten Verkehrsunfalls beenden. Die Bayern in höchster Not, holten sich den inzwischen zum ESV Ingolstadt gewechselten 33jährigen Manni Müller als Ersatztorwart für den noch jungen unerfahrenen Walter Junghans. Müller stand fortan bis 1982 im ständigen Wechsel mit dem unerfahrenen Keeper im Tor der Bayern.

Im Bayern-Tor stand er auch im legendären Finale des DFB-Pokals gegen den 1. FC Nürnberg 1982: Nach einem zwischenzeitlichen 0:2-Rückstand gewann er mit den Münchenern am Ende mit 4:2. Hier kassierte Müller ein Tor von Reinhold Hintermaier aus knapp 40 m Entfernung, das in die Geschichte einging. Müller diesmal ungewöhnlich selbstkritisch: “Klar, den hätte ich halten müssen. Wenn ich eine Schaufel gehabt hätte, ich hätte mich in den Boden eingegraben.“ Pal Csernai, Trainer der Bayern, meinte: “Wenn nicht dieser Ball, was ist dann überhaupt haltbar?” Den besten Kommentar aber gab “Fußballfachfrau” Hilde Breitner in der Pause ab: “Wofür haben wir eigentlich einen Torwart? Wohl nur, dass irgend jemand das Trikot mit der Nummer 1 trägt?”

Kurioses Eigentor

Wohl auch deshalb kam nach der Weltmeisterschaft 1982 der Wechsel des belgischen Weltklassetorhüters Jean-Marie Pfaff zustande. Manni Müller mußte in der Folge zurückstehen und kam nur noch sporadisch zum Einsatz. So im Endspiel des Europapokals der Landesmeister 1982, wo er gegen Aston Villa eine 0:1-Niederlage hinnehmen musste. Mit dem FC Bayern München wurde er 1980 und 1981 Deutscher Meister und dann als Ersatztorhüter 1984 Deutscher Pokalsieger.

1984 beendete er nach insgesamt 48 Einsätzen im Tor der Bayern seine Laufbahn und arbeitete fortan im Management des 1. FC Nürnberg. Allerdings kehrte er noch einmal für ein Spiel als Ersatz für den rotgesperrten Andreas Köpke am 1. November 1986 ins Tor des 1. FC Nürnberg zurück. Gegen Fortuna Düsseldorf gewann seine Mannschaft mit 4:3.

Nach diesem kurzen Gastspiel in diversen Funktionen gründete Müller seine eigene Video- und Fernsehproduktionsfirma. Ein ehemaliger Bundeswehr-Kamerad war Sportlehrer und man sprach darüber, dass es keine Fußball-Lehrfilme gebe. Da hatte der gelernter Sportartikel-Kaufmann die Geschäftsidee, dessen Umsetzung der Chef von Foto Quelle Nürnberg finanzierte. Manfred Müller ist verheiratet und hat zwei inzwischen erwachsene Töchter. Er ist ein Elvis-Presley-Fan und spielt heute in seiner Freizeit gerne Golf, am liebsten mit seinem Freund Dieter Hoeness . Müllers Golfhandicap ist 10,1, also auch ein Traumwert in einer insgesamt traumhaften Karriere.

Text: Siegfried Jähne

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