Matthias Nocke: Zwischen Pina Bausch und Politessen

Matthias Nocke ist zuständig für die schönen Künste, für die Oper, für das Pina Bausch Tanztheater und das Sinfonieorchester, das Von der Heydt-Museum, aber auch für Raser, Falschparker, Freibäder und für Feuersbrünste.

Dezernent Matthias Nocke – © Stadt Wuppertal

Als Dezernent für Kultur, Sport, Feuerwehr und Ordnungsamt muss Matthias Nocke einen Spagat hinlegen, der manchmal schmerzhaft sein kann. Breiter könnte sein Geschäftsbereich kaum aufgestellt sein. Peter Pionke sprach für die STADTZEITUNG mit dem engagierten Wuppertaler Dezernenten.

DS: Sie haben 20 Jahre im Leichlinger Stadtrat gesessen. Inwieweit fühlen Sie sich inzwischen als Wuppertaler?

Matthias Nocke: „Das ging relativ schnell. Ich arbeite ja – wenn auch in anderer Funktion – seit 2000 in Wuppertal und wurde 2008 zum Beigeordneten gewählt. Mit meiner Familie lebe ich auch seit dreieinhalb Jahren in Wuppertal. Seit ich hier wohne, hat sich meine Beziehung zu Wuppertal noch einmal deutlich vertieft. Es geht mir wie den meisten Menschen, die in diese Stadt ziehen, es ist eine Liebe auf den zweiten Blick, aber dafür ist die Zuneigung dann umso intensiver und nachhaltiger. Wenn ich unterwegs bin und an Zuhause denke, dann ist Wuppertal damit gemeint. Wuppertal wird von außen viel positiver wahrgenommen als noch vor 10 oder 15 Jahren. Und wenn ich Fremde durch unsere Stadt führe, gibt es bei vielen einen positiven Aha-Effekt, was diese Stadt alles zu bieten hat.“

DS: Ist es aus Ihrer Sicht ein Muss, dass ein Dezernent in der Stadt lebt, in der er arbeitet?

Matthias Nocke: „Es ist schon nützlich, wenn man sich mit dem Wasser die Zähne putzt, mit dem das auch die anderen Wuppertaler Bürger tun. Man bekommt ein tieferes Verständnis für die Stadt und die Sorgen der Bürger, wenn man auch in ihr lebt. Es gibt den altbackenen Begriff von der Residenzpflicht, der aber durchaus seine Berechtigung hat. So bekommt man abends in der Kneipe oder morgens beim Bäcker hautnah mit, wie die Entscheidungen, die man getroffen hat, wirklich beim Bürger ankommen. Als absolutes Muss sehe ich das aber trotzdem nicht. Wir sind im Bergischen Dreieck ja nah beieinander. Der Remscheider Oberbürgermeister wohnt beispielsweise in Vohwinkel und fährt jeden Morgen die paar Kilometer in die Nachbarstadt. Es ist schon ein großer Unterschied, ob ein Funktionsträger jeden Morgen aus Münster anreisen muss oder ob er im Bergischen Land zuhause ist.“

DS: Wie kommt man eigentlich als ausgebildeter Jurist wie Sie zur Kultur?

Matthias Nocke: „Das war eigentlich so wie mit der berühmten Jungfrau und dem Kinde. Dabei gab es bei mir schon immer eine große Affinität zur Kultur. Als Geschäftsführer der CDU-Ratsfraktion Wuppertal war ich ja mit unterschiedlichsten Themen beschäftigt und so eine Art Allrounder. Ich habe die Wuppertaler Kultur-Szene außerdem immer als sehr lebendig und vielgestaltig wahrgenommen. Insbesondere auch die freie Szene. Ich hatte schon als Schüler in Düsseldorf und Leverkusen ein Theater-Abo und habe zusätzlich das Opern-Abonnement meiner Großmutter regelmäßig genutzt, das sie schon seit Gustav Gründgens Tagen hatte. Ich besaß also schon immer das notwendige Maß an Aufgeschlossenheit und Interesse, was die Kultur anging. Es ist ja auch zum Glück für die Kultur nicht meine Aufgabe, Kultur zu machen, sondern die Rahmenbedingungen zu schaffen, damit Kunst und Kulturschaffende in dieser Stadt trotz der finanziellen Sachzwänge Möglichkeiten zur Entfaltung finden. Kultur ist für Wuppertal Motor der Innovation, Impulsgeber für die Stadtentwicklung, Standort- und Marketingfaktor und nicht zuletzt entscheidend für die Lebensqualität in unserer Stadt.“

DS: Sie wurden 2008 mit großer Rats-Mehrheit zum Dezernenten gewählt, die Bezirksregierung erkannte die Wahl aber nicht an, mit der Begründung, Sie hätten nicht genügend Führungs-Erfahrung. Berechtigter Vorwurf oder ein Politikum?

Matthias Nocke: „Was meine Eignung für dieses Wahlamt angeht, war ich immer anderer Meinung und glücklicherweise damit nicht alleine. Normalerweise ist es so: Wenn die Bezirksregierung jemanden mit dem Stempel „Nicht geeignet“ versieht, dann war es das für die Person. Ich aber konnte mich auf die volle Solidarität des Oberbürgermeisters und des Rates verlassen.“

DS: Sie haben das Amt ja zwei Jahre lang übergangsweise als Angestellter geführt, ehe Sie dann noch einmal vom Stadtrat gewählt und von der Bezirksregierung als Beigeordneter bestätigt wurden. Gab es einen gefühlten Unterschied in der Amtsführung?

Matthias Nocke: „Überhaupt nicht! Ich habe das Amt mit großem Engagement so angetreten, als ob ich die gesamte Wahlstrecke vor mir hätte. Die Definition, die wir damals gemeinsam gewählt haben, lautete ja ganz eindeutig „Leitender Angestellter in Dezernenten-Funktion“. Und das hat ganz prima geklappt.“

DS: Man sagt Ihnen ja ein glückliches Händchen im Umgang mit Menschen nach. Ist dieses Kompliment eine besondere Genugtuung für Sie – wenn Sie an den Vorbehalt der Bezirksregierung denken?

Matthias Nocke: „Ich selbst kann das am Schlechtesten beurteilen, aber ich glaube, ich bin bis jetzt immer ganz gut mit Menschen klargekommen…“

DS: In Ihren Zuständigkeitsbereich fallen das Sport- und Bäderamt, der Zoo, die Musikschule, das Sinfonieorchester, das Historische Zentrum, die Bibliothek, das Kulturbüro, das Von-der-Heydt-Museum, die Bergische Volkshochschule, die fachliche Aufsicht über Schauspielhaus, Oper, das Tanztheater Pina Bausch und nicht zuletzt die Feuerwehr und das Ordnungsamt. Wird Ihnen da nicht schwindelig?

Matthias Nocke: „Nein, ich bin eigentlich ganz gut aufgestellt. Ich stemme das ja auch nicht alleine. Das ist eine Gemeinschaftsaufgabe meiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und auch der Kolleginnen und Kollegen, die bei uns die Ämter, Stadtbetriebe und Einrichtungen leiten. Das sind alles hervorragende Persönlichkeiten. Allerdings habe ich nun wirklich keinen Mangel an Beschäftigung. Wir müssen viele Projekte und Baustellen abarbeiten und ich freue mich, wenn wir gemeinsame Erfolge verzeichnen können, die vielleicht nicht jeder Bürger auf den ersten Blick sieht.“

DS: Im Prinzip sind Sie ja zuständig für das Tanztheater Pina Bausch, das Geschichte schreibt und für die Politessen, die Knöllchen schreiben. Wie kriegen Sie das unter einen Hut?

Matthias Nocke (lacht): „Ich hatte früher einen sehr homogenen Geschäftsbereich Kultur, Bildung und Sport. Das ist jetzt anders, weil das nach der letzten Kommunalwahl vom Rat eben umgruppiert worden ist. Ich habe jetzt die Sicherheits- und Ordnungskomponente hinzu bekommen. Das führt zu anderen Kommunikationsformen. Da geht es in einigen Bereichen zwangsläufig um einen anderen Umgang mit den Bürgern, weil wir da nicht dienstleistend tätig sind, sondern hoheitlich agieren müssen. Um bei Ihrem Beispiel zu bleiben, das Tanztheater ist eine eigenständige GmbH, mit verantwortlichen Entscheidungsträgern. Hier nehme ich meine Aufgabe im Beirat wahr und bin – wie es so schön heißt – in Fragen der strategischen Steuerung tätig. Auch beim Ordnungsamt in der Gefahrenabwehr ist Kreativität hilfreich.

DS: Hätten Sie bei einer freien Auswahl Ihr Dezernat auch so zusammengestellt?

Matthias Nocke: „Das Leben ist kein Wunschkonzert und wer hat schon immer die freie Auswahl? Ich kann sagen: Meine Aufgabe macht mir Spaß.“

DS: Wie viel Geld gibt die Stadt Wuppertal 2016 für die Kultur aus?

Matthias Nocke: „Im Haushaltsplan 2016/17 investiert die Stadt Wuppertal 38,642 Mio. Euro in die Kultur unserer Stadt. Wenn ich das Kultursekretariat NRW, die Volkshochschule und den Zoo einbeziehe, sind es 50,862 Mio. Euro; das macht 3,9 Prozent des städtischen Gesamtetats aus. Die Lebensqualität unserer Stadt hängt ja auch eng damit zusammen, welches kulturelle Angebot wir präsentieren können. Für eine Stadt wie Wuppertal, in der es drei Hochschulen gibt, in der ein Globalplayer wie Bayer rund 400 Millionen in seinen Gründungsstandort investiert und wir viele qualifizierte Berufstätige haben, deren Entscheidung für den Wohnort Wuppertal wesentlich von der Qualität der Bildungseinrichtungen für ihre Kinder und unserem Kulturangebot abhängt, ist diese Frage von zentraler Bedeutung.“

DS: Theoretisch könnten ihre Politessen das Geld, das Sie für die Kultur ausgeben, bei den Autofahrern wieder einsammeln…

Matthias Nocke: „So einfach ist das Leben nicht und die öffentliche Verwaltung auch nicht. Die Kultur hat zwar jedem Menschen viel für die eigene Persönlichkeit zu geben, ist aber in dem einen oder anderen Bereich finanziell ein Kostgänger. Deshalb fährt man gut damit, sich freudig zum Gesamtdeckungsprinzip des städtischen Haushalts zu bekennen. Knöllchen dienen ja in erster Linie der Ordnung des ruhenden und fließenden Verkehrs und weniger der Einnahmenerzielung, auch wenn das sicher für jede Kommune ein willkommener Nebeneffekt ist.“

DS: Wann haben Sie eigentlich das letzte Mal selbst für ein Knöllchen zahlen müssen?

Matthias Nocke: „Noch vor 14 Tagen. Da habe ich dieses Knöllchen verdient bekommen und natürlich auch bezahlt.“

DS: Wie sehr ist Kultur eigentlich heute auf Sponsoren aus der freien Wirtschaft angewiesen?

Matthias Nocke: „Wenn ich das nicht nur auf die Wirtschaft beschränke, sondern auch auf das bürgerschaftliches Engagement von Fördervereinen und Stiftungen erweitere, manchmal etwas lieblos „Dritte“ genannt, dann ist das Kulturleben unserer Stadt, dann sind die Einrichtungen und Qualitäts-Standards, die wir hier haben und ausbauen wollen ohne diese „Dritten“ nicht leistbar. Das, was viele Unternehmen dieser Stadt, in Kultur, in Lebensqualität und Bildung investieren, ist bemerkenswert und beachtlich. Eines sage ich ganz klar: Die Stadt hat für den normalen Betrieb ihrer Einrichtungen aufzukommen. Das ist auch nicht einspartauglich. Aber selbstverständlich bin ich allen Unterstützern und Mäzenen sehr dankbar.“

DS: Das Projekt Pina Bausch Zentrum ist, seit der Zuschuss des Bundes in Höhe von 29,2 Millionen Euro feststeht, in trockenen Tüchern. Wie groß ist Ihr Anteil am Erreichen dieses Ziels?

Matthias Nocke: „Das ist eine Gemeinschaftsleistung, die zurecht viele Väter hat. Es waren übrigens auch Mütter dabei. Wir bekommen 29,2 Millionen Euro aus dem Bundeshaushalt. Dafür danke ich unseren Wuppertaler Bundestagsabgeordneten ganz besonders. Selbstverständlich haben wir von Anfang an partnerschaftlich mit dem Land NRW zusammen gearbeitet. Ob Oberbürgermeister, Stadtdirektor und Stadtverordnete, alle haben an dem Erfolg mitgearbeitet. Und ich war auch daran beteiligt.“

DS: Sie haben ja das Wirken und Schaffen der großen Wuppertaler Choreographin und Tänzerin Pina Bausch noch live erlebt. Welche Erinnerungen verbinden Sie mit der Künstlerin.“

Matthias Nocke: „Ich habe Pina Bausch leider eine viel zu kurze Zeit begleiten dürfen. Ich bin ein großer Bewunderer dieser Künstlerin. Sie war eine beeindruckende Persönlichkeit. Die Gespräche mit ihr werde ich nicht vergessen. Sie stand ja damals schon auf dem Sockel. Und ich habe mich ihr – das gebe ich gerne zu – auch mit einer gewissen Ehrfurcht genähert. Als ich mal gefragt wurde, wie ich Pina Bausch in Erinnerung behalten würde, habe ich spontan gesagt: „Rauchend!“ Es war wirklich so: Immer wenn wir miteinander gesprochen haben, hielt sie eine Zigarette in der Hand.“

DS: Welche Stellenwert hat denn das Pina Bausch Zentrum in der Gesamtentwicklung unserer Stadt?“

Matthias Nocke: „Man kann das gar nicht hoch genug hängen. Dieses Zentrum wird in seiner Einzigartigkeit nicht nur national sondern auch international eine große Bedeutung für den modernen Tanz, für Transformationsprozesse und vieles mehr sein. Der Bau aus dem Jahr 1966 wird unterschiedliche Funktionen beherbergen. Er wird als Ort der Diskussion einer bunten und heterogenen Stadtgesellschaft dienen, er wird der Sitz der Pina Bausch Foundation sein und Produktionsort für internationale Produktionen – nicht zuletzt auch neue, künstlerische Heimat für das Tanztheater, mit Platz für rund 800 Zuschauern. Das Pina Bausch Zentrum wird der Stadt Wuppertal ungemein nützen.“

DS: Was würden Sie heute in der Nachbetrachtung, was die Personalie Toshiyuki Kamioka angeht, anders machen?

Matthias Nocke: „Zunächst einmal möchte ich feststellen, dass es außergewöhnlich ist, dass ein Mann wie Prof. Toshiyuki Kamioka zehn Jahre lang an der Spitze eines solchen ausgezeichneten Orchesters steht. Das ist meistens der Zeitpunkt, an dem sich normalerweise Dirigent und Orchester in mehr weniger gutem Einverständnis trennen. Wir in Wuppertal wollten diese erfolgreiche Arbeit mit Kamioka unbedingt fortsetzen. Und er hat dann den Wunsch geäußert, nicht nur die Funktion des Generalmusikdirektors zu übernehmen, sondern auch die des Opern-Intendanten. Aber das Medium von Toshiyuki Kamioka ist die Musik und nicht die Sprache – zumindest nicht die deutsche Sprache.“

DS: Das müssen Sie uns jetzt aber näher erklären…

Matthias Nocke: „Gern! Als künstlerischer Leiter eines Stadttheaters muss man auch erklären, begründen und werben. Kamiokas Persönlichkeit, die uns sehr geholfen hat, die Musik-Stadt Wuppertal auf ein sehr hohes Niveau zu heben, ist aber für diese Seite der Aufgabenstellung nicht gleichermaßen gut aufgestellt. Kamioka wollte sich zu Beginn einer jeden neuen Spielzeit die Frage stellen: „Was will ich spielen?“ – und nicht die Frage: „Was kann ich besetzen?“ Er hat nachdrücklich deutlich gemacht, dass er deshalb zur Verwirklichung seines künstlerischen Konzeptes zunächst – mindestens zwei Spielzeiten lang – auf ein festes Ensemble verzichten will.

Die Anhänglichkeit des Publikums an „sein festes Ensemble“ darf man nicht unterschätzen, da der Ensemblegedanke zum Wesenskern des deutschen Stadttheaters gehört. Es hat gravierende Folgen, diese Aufführungsform auch nur vorübergehend zu suspendieren. Als uns Kamioka dann gebeten hat, ihn aus seinem Vertrag zu entlassen, war klar, dass es wieder ein Ensemble geben muss. Ich bin froh, dass wir mit Berthold Schneider einen ausgezeichneten Opernintendanten gefunden haben, der vielversprechende Ideen für die Zukunft der Wuppertaler Bühnen und Sinfonieorchester GmbH hat.“

DS: In Ihrem breitgefächerten Ressort muss man leidensfähig sein. Sind da die Erfolge beispielsweise der Oper oder des Tanztheaters so etwas wie Balsam für Ihre Seele?

Matthias Nocke: „Wo sehr viel Licht ist, gibt es manchmal eben auch Schatten. Das ist ganz unterschiedlich. Ich freue mich über eine schöne Ausstellung im Von-der- Heydt-Museum, im Historischen Zentrum oder über ein großartiges Sinfonie-Konzert. Nach dem 3. Sinfoniekonzert bin ich völlig verzaubert und beglückt aus dem Saal geschwebt.“

DS: Viele Wuppertaler weinen ja immer noch dem guten, alten Schauspielhaus nach. Sehen Sie das „Theater am Engelsgarten“ als echte Alternative oder eher als „Notunterkunft“?

Matthias Nocke: „Das „Theater am Engelsgarten“ sollte nie eine Alternative zum Schauspielhaus sein und ist keine Notunterkunft. Es gibt für die Bühnen ein großes Haus und zwar das Opernhaus und ein kleines Haus, das Theater am Engelsgarten. Beide Sparten bespielen beide Häuser. Das muss natürlich noch intensiver werden. Das Theater am Engelsgarten kann auch gar keine Alternative zu diesem wunderschönen Bauwerk des Architekten Gerhard Graubner sein, mit den tollen Wandelgängen und einem attraktiven, adäquaten Zuschauerraum, den wir zu Beginn des neuen Jahrzehnts als Pina Bausch Zentrum in Betrieb nehmen werden. Ich kann schon verstehen, dass so mancher Wuppertaler eine Träne im Knopfloch hat. Eigentlich müsste man das Gebäude für sechs Monate als altes Schauspielhaus einpacken, so wie Christo den Reichstag verhüllt hat, und als zukünftiges Pina Bausch Zentrum enthüllen, damit die Umwandlung deutlich wird. Doch eines muss klar sein: Der Bund investiert nicht in mangelnde Bauunterhaltung maroder Stadttheater. Er investiert auf der Basis eines vorliegenden Konzepts in etwas ganz Neues, das an diesem Ort entstehen wird.“

DS: Dann gehen wir jetzt einmal baden. Wie sehen Sie Wuppertal aufgestellt, was Frei- und Hallenbäder angeht?

Matthias Nocke: „Was die räumliche Verteilung unserer Schwimmbäder im Stadtgebiet angeht, sind wir zugegebenermaßen nicht optimal aufgestellt. Die Stadt musste leider über die letzten Jahrzehnte die Anzahl der Bäder verringern. Wir betreiben jetzt noch fünf städtische Hallenbäder und ein Freibad. Und die befinden sich alle in einem Top-Zustand. Wir haben hier in Wuppertal das Glück, dass das Bandwirker-Hallenbad in Ronsdorf sowie die Freibäder Eckbusch und Vohwinkel durch engagierte Fördervereine weiter betrieben werden. Für die Sanierung des Bades Mählersbeck stehen 5 Mio. Euro Investitionsmittel zur Verfügung. Außerdem hoffen wir noch zusätzliche Fördermittel zu bekommen. Derzeit läuft gemeinsam mit dem Gebäudemanagement (GMW) die Planung mit den Bürgern und der Politik.“

DS: Was sagen Sie Sportfunktionären oder auch Schüler-Eltern, die sich beschweren, wenn Sporthallen vorübergehend als Flüchtlingsheimen genutzt werden?

Matthias Nocke: „Denen sage ich, dass es nur eine kurzfristige, vorübergehende Maßnahme war. Und dass wir die einzige Stadt in NRW sind, in der alle Sporthallen auch wieder für den Sport genutzt werden können, weil wir andere Möglichkeiten der Unterbringung gefunden und geschaffen haben. Wir sind auch ein Stück weit begünstigt durch die Situation des Wuppertaler Wohnungsmarkts. Das sieht in Düsseldorf sicher anders aus. Ich bedanke mich ausdrücklich bei den Sportvereinen und beim Stadtsportbund. Die haben von Anfang an die Entscheidung, Flüchtlinge kurzfristig in Sporthallen unterzubringen, ganz selbstverständlich mitgetragen.“

DS: Sie haben der freien Kulturszene bei einem Meeting, bei dem es um fällige Einsparungen ging, als Trost ein Apfelbäumchen geschenkt. Was ist daraus geworden?

Matthias Nocke: „Es steht an der Hebebühne in der Nordstadt und wächst tapfer vor sich hin. Es war damals in der Zeit der massiven Kürzungen. Das Jahrestreffen des Oberbürgermeisters mit der freien Kulturszene begann mit einer „die in – Performance“. Deshalb habe ich mich vorher an das alte Luther-Wort erinnert: „Wenn ich wüsste, dass morgen die Welt untergeht, würde ich heute noch ein Apfelbäumchen pflanzen.“ Also habe ich in einer Baumschule ein Apfelbäumchen gekauft und dies einer Vertreterin der freien Kulturszene als symbolische Geste übergeben.“

DS: Was macht Matthias Nocke, wenn er nicht am Schreibtisch sitzt oder irgendwelche Termine wahrnimmt?

Matthias Nocke: „Meine Frau würde sagen: schlafen! Ich bemühe mich, durch Laufen fit zu bleiben, was ich am Wochenende im Mirker Hain mache. Im Sommer schwimme ich im Freibad Eckbusch. Ich habe früher Basketball gespielt und bin auch geritten. Aber dafür bleibt mir heute leider keine Zeit. Ich lese und verbringe möglichst viel Zeit mit der Familie und mit Freunden.“

DS: Und wenn jetzt die berühmte Fee um die Ecke käme und Ihnen 50 Millionen Euro zweckgebunden für die Kultur in Wuppertal übergäbe – wofür würden Sie das Geld ausgeben?

Matthias Nocke: „Den Sportler müsste ich bei dieser Vorgabe zunächst sagen: Sorry, aber die Fee hat gesagt „zweckgebunden für die Kultur“. Also würde ich für eine auskömmlichere, nachhaltigere Finanzierung der Wuppertaler Bühnen- und Sinfonieorchester GmbH sorgen. Dann würde ich mit Ausblick auf das Engelsjahr 2020 in das Historische Zentrum investieren und außerdem Geld für die Umsetzung des Konzepts „Der grüne Zoo“ in die Hand nehmen. Sicher werden wir auch noch Geld für das Pina Bausch Zentrum und die freie Kulturszene unserer Stadt benötigen.“

DS: Vielen Dank für das Gespräch

Peter Pionke

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