15. Dezember 2025

Wuppertaler SV 2025: Eine Fahrt mit der Achterbahn

Das Sportjahr des Wuppertaler SV glich 2025 einer Achterbahnfahrt. Für den bergischen Traditionsverein war es das „Jahr eins“ nach dem Tode des langjährigen Mäzens Friedhelm Runge. Eine Zeitenwende mit ganz neuen Herausforderungen, anderen Bedingungen und Erwartungen, aber auch mit Pech und Pannen und zudem durchaus mit neuen Impulsen.

Auf WSV-Cheftrainer Sebastian Tyrala (l.) und Sportdirektor Gaetano Manno wartet ab Januar 2026 im Kmapf um den Klassenerhalt jede Menge Arbeit

Nach sieben sieglosen Spielen überwintert der WSV in der Regionalliga West aktuell auf einen möglichen Abstiegsplatz. Wie das letzte Spiel dieses Jahres 2025 bei Fortuna Köln zeigte, können oder wollen sich bei weitem nicht alle Fans mit den neuen Gegebenheiten abfinden. Wie anders sind die Forderungen nach Kurskorrekturen in der Führung zu verstehen, die mit „Blick auf die Tabelle“ ihre Meinung mit drastischen Worten plakativ zum Ausdruck brachten: „Der Fisch stinke vom Kopf an“?.

Es wäre für den Verein sicher fahrlässig, derlei Entwicklungen zu unterschätzen oder tatenlos zu ignorieren. Immerhin war bereits selbst im Vereinsportal Forum „rotblau.com“ jüngst eine derbe Kritik zu lesen, in dem neben persönlichen Anfeindungen gegen das Management die noch harmloseste Aussage so lautete: „Nicht nur das Team auf dem Platz stagniert, sondern der ganze Verein löst sich in alle Richtungen zu einem Kreisligisten auf“.

Misserfolg zahlt keine Rechnungen

Aber gegen wen oder was richtet sich die zunehmende Kritik? Ist es nur der fehlende sportliche Erfolg und die Befürchtung auf den Absturz diese Traditionsvereins alleine? Erfolg ist bekanntlich durch nichts zu ersetzen, so eine zugespitzte allgemein gültige Feststellung und meint in einem auf Wettbewerb ausgerichteten Umfeld, die Bestätigung einer Strategie. Man könnte auch sagen, ein langfristig angelegtes Gesamtpaket muß wie im Geschäftsleben, so auch im Vereinsleben stimmig sein. Misserfolg zahlt keine Rechnungen! Fußballs ist ein Ergebnisport. Beim WSV hat die Gesamtbilanz 2025 fraglos mehr als nur eine Schlagseite.

Ex-Vorstandmitglied Marvin Klotzkowski (l.) wird nach seinem Rücktritt vom Verwaltungsrats-Vorsitzenden Dr. Hoss (M.) und von Vorstand Dr. Leonhardt (r.) verabschiedet – © Jochen Classen

Da ist die Personalie Marvin Klotzkowski. Der damals erst 31jährige sollte und wollte trotz fehlender, ausreichender Erfahrungen dem WSV ein neues Gesicht verleihen. Man sprach 2024 von einem Fünfjahres-Plan mit der Zielsetzung „Dritte Bundesliga“ und soll den für Marketing und Vertrieb zuständigen Vorstandsposten nach Informationen eingeweihter Kreisen mit einem sechsstelligen Basisgehalt (!) ausgestattet haben. Als persönliches Ziel nannte der nicht unsympathisch auftretende Klotzkowsky, den Verein krisensicher aufstellen zu wollen.

Anspruch und Wirklichkeit – Klotzkowskys frühes Ende

Er wolle, so Klotzkowsky, wegkommen von „diesem einen Anker-Sponsor Emka“. Eine Aussage, die man in dem Velberter Unternehmen nach dem Tode von WSV-Mäzen Friedhelm Runge aus gutem Grunde vielleicht nicht ungern hörte. Glaubt man Insidern wie Norbert Müller, stehen da nämlich noch Verbindlichkeiten in siebenstelliger Größenordnung im Raum, von denen nicht klar ist, ob es sich um eine Schenkung oder ein Darlehen handelt (DS vom 27. Februar 2025 „WSV droht Bedeutungslosigkeit – Relaunch unausweichlich“).

Nach nur einem Jahr beendete Klotzkowsky seine hauptamtliche Tätigkeit im Vorstand des WSV schon im März 2025, um dann zum 31. Oktober 2025 hier auch noch seine ehrenamtliche Vorstands-Tätigkeit zu beenden. Er ging ohne nach außen erkennbare Erfolge. Dennoch sprach Verwaltungsrat-Vorsitzender Dr. Jürgen Hoss bei Klotzkowskys Verabschiedung im Oktober von Dankbarkeit und drückte sein Bedauern darüber aus, dass der WSV nunmehr das „Gesicht des Vereins“ verliere. Eine Aussage, die im Verein nicht alle verstanden. Fans fragen sich indessen vielmehr, ob hier eigentlich nicht vorhandenes Geld schlicht verbrannt wurde, welches man besser hätte einsetzen können?

Siegfried Jähne – unser Journalist und hochkarätiger Experte für Kultur und Sport. Ein ausgezeichneter Kenner der Szene rund um den Wuppertaler SV – © privat

Gelder vielleicht für den Nachwuchs im vereinseigenen  „Löwenstall? Und hier gibt es auch noch die Personalie Tom Welz. Der 25jährige eloquente Leiter des Nachwuchs-Leistungszentrum (NLZ) galt lange als großer Hoffnungsträger des Vereins. Er wechselte einvernehmlich, wie es hieß, in den Jugendbereich des Zweitligisten Fortuna Düsseldorf. Es ist ein offenes Geheimnis, das die ambitioniertem Ziele des NLZ immer wieder durch Restriktionen und strukturellen Herausforderungen im Gesamtverein ausgebremst werden mußten. „Blutet unser Verein aus?“ Das sind die Fragen, die sich besorgte Mitglieder inzwischen stellen.

Co-Trainer Christian Fohs ein Bauern-Opfer ?

2025 war von Beginn an auch rein sportlich gesehen ein schweres Jahr. Die ersten sieben Spiele konnten nicht gewonnen werden. Trotz eines Trainingslagers in der Türkei gab es in Folge bei zwei Unentschieden gleich fünf bittere Niederlagen, mit denen man auf einen Abstiegsplatz landete. Das am 8. März in Schalke gegen die U23 mit 0:1 in letzter Minute verlorene Spiel war Höhepunkt einer sportlichen Krise. Schon damals gab des massive Kritik an der sportlichen Leitung, die dann zu internen Konsequenzen führte.

Schon kurz nach dem Spiel wurde der Profi Oktay Dal freigestellt und später fristlos gekündigt. Dal warf Sportdirektor Gaetano Manno später vor, ihn öffentlich bloßgestellt zu haben. In dieser Phase trennte man sich auch noch von Co-Trainer Christian Fohs, einem A-Lizenzinhaber, der erst im Juli 2024 unter dem damaligen, später aber gefeuerten Cheftrainer René Klingbeil, engagiert worden war.  Während der WSV sich über Hintergründe ausschwieg, sprach Fohs sehr offen über schwierige Strukturen, einem problematischen Umgang und bezeichnete sich selbst als „Bauern-Opfer“.

Zusammenhänge sind freilich nicht belegt. Aber: Nach dem Schalke-Spiel und den genanten Ereignissen holte der WSV aus drei Siege und drei Unentschieden 12 Punkte, mit denen man bei 30 Punkten vorzeitig das rettende Ufer erreichen konnte. Die Spielzeit 2024/25 endete dann am 17. Mai in Gütersloh mit einer peinlichen 7:0 Auswärtsniederlage des Tyrala-Teams, das die Saison mit dem rettenden 14. Tabellenplatz abschloss. In der Folge verliessen 20 Spieler den Verein.

Machtkämpfe in den WSV Gremien

Hinter den Kulissen tobte derweil ein heftiger Machtkampf, in dem es um Richtungsentscheidungen sowie relevante Zukunftsfragen des Vereins ging und in einer unschönen Aktion mündeten. Während des 2:2 Heimspiel gegen Rödinghausen am 17. März kam es zu einem Eklat, als sich Verwaltungsratsmitglied Eckhard Osberghaus öffentlich provoziert fühlte und dem Sportdirektor Gaetano Manno ebenso öffentlich den „Stinkefinger“ zeigte.

Ex-WSV-Verwaltungsratmitglied Eckhard Osberghaus beim Probesitzen der Trainer- und Ersatzspielerbank im Stadion am Zoo. Er hat dem WSV den Rücken gekehrt – © Siegfried Jähne

Bei der folgenden Jahreshauptversammlung (JHV) im April trat das langjährige Verwaltungsratsmitglied Eckhard Osberghaus, ein kreativer Kopf des Vereins, von seinen Ämtern zurück. Nicht alle Beteiligten machten hier eine gute Figur. Kenner der Szene sprechen von Zerstrittenheit in den Gremien, in denen nur noch vier Akteure das Sagen hätten.

Mit 16 externen Neuzugängen sowie Aufstockungen aus der U19 waren dann Anfang Juni 2025 für die beginnende Spielzeit 25/26  insgesamt wieder 22 Akteure unter Vertrag. Junge Spieler sollten es richten. Erste Erfolge sprachen auch für die Richtigkeit der Philosophie, doch es gab dann zahlreiche verletzungsbedingte Ausfälle, die schließlich die Frage nach der ausreichenden und effizienten medizinischen Betreuung aufwarfen. Dann ein „Schlüsselspiel“: Der WSV unterlag am 17. September nach einer desaströsen ersten Hälfte in Paderborn beim Zweitliga-Nachwuchs des SCP mit 6:1 (5:1) Toren.

In der Konsequenz operierte man beim WSV danach mangels Alternativen im Offensivbereich überwiegend aus der Defensive – und das nicht ohne Erfolg. Die Rotblauen bewegten sich schon Richtung Mittelfeld der Tabelle, als man sogar in Bocholt einen 3:1-Sieg verbuchte, bevor es dann in einer schier unglaublichen Pechsträhne mit sieben sieglosen Spielen in Folge erneut wieder abwärts ging.

Die nicht unberechtigten Hoffnungen, im Pokal eine beachtliche Rolle spielen zu können, nahmen im November beim Oberligisten FC Büderich nicht nur ein jähes, sportliches Ende. Nach dem Abpfiff gab es sehr unerfreuliche Begleitumstände, als von einem Teil der WSV-Fans schwere Ausschreitungen ausgelöst wurden, die erst unter massivem Polizeieinsatz aufgelöst werden konnten.

Gibt es eine qualifizierte Fan-Betreuung?

Sportvorstand Thomas Richter verurteilte die Vorfälle und versprach eine Aufarbeitung. Er stellte einen enormen Imageschaden für den Verein fest, da sich solche nicht tolerablen Ereignisse durch Presse und Social Media sehr schnell verbreiteten. Von den finanziellen Folgen ganz abgesehen, musste sich der Verein die Fragen gefallen lassen, wie qualifiziert die so wichtige Fan-Betreuung in Wuppertal aufgestellt sei?

Vorstand Dr. Jochen Leonhardt erklärte bereits vor der JHV 2023, es gehe um Kontinuität. “Wir denken  daran, unsere Spiele künftig anders, nämlich zielgenauer zu vermarkten“. Alle Bemühungen um lange geforderte und endlich auch umgesetzte marketinggerechte „Verkaufsfördernde PR-Massnahmen“ konnten 2025 noch keinen Tendenzumschwung bewirken. Man denke dabei etwa an zahlreiche, gut gemeinte Events rund um die Meisterschaftsspiele.

WSV-Sportvorstand Thomas Richter (l.) und Gaetano Manno wollen dafür sorgen, dass ihr WSV trotz eines Mini-Etats eine Zukunft in der Fußball-Regionalliga hat – © Archivfoto Jochen Classen

Positiv zu sehen ist auch das vielversprechende, erstmalige „Weihnachtssingen“ im Stadion am Zoo, welches am 21. Dezember 2025 auf der Haupttribüne stattfinden wird und schon im Vorfeld restlos ausverkauft ist. Der WSV hatte zwar bereits 2024 ein Rot-Blaues-Weihnachtssingen“ veranstaltet – allerdings auf dem Stadionvorplatz. Zur Wahrheit gehört freilich auch, dass die Idee „Weihnachtssingen“ in Deutschlands Fußball-Stadien bereits seit 2003 Tradition hat. Union Berlin hatte damit begonnen und freut sich  inzwischen mit 28.000 Zuschauern in ihrer „Alten Försterei“ regelmäßig über ein ausverkauftes Haus. Nachahmer fanden sich in Köln Gelsenkirchen, Dresden und Aachen.

Zuschauerzahl um die 1.000 unakzeptabel

Für 2026 darf man hoffen, dass es richtige Weichenstellungen geben wird und vorhandene Potentiale abgerufen werden können. Die Hoffnungen auf bessere Zeiten sind nicht gänzlich unbegründet, wenn sich das Lazarett nach dem Trainingslager in Lara an der türkischen Rivera vom 12. bis zum 18. Januar wieder gelichtet haben sollte. Dann könnte es sportlich wieder aufwärts gehen und damit am Ende wieder ein größeres Zuschauer-Interesse bewirken. Vorstand Dr. Leonhardt hatte schon bei früherer Gelegenheit eine Hausnummer genannt, als er uns sagte: „Eine Zuschauerzahl um die 1.000 deckt nicht einmal die Kosten für notwendige Begleitmassnahmen und ist damit auf Dauer unakzeptabel“.

Text: SIEGFRIED JÄHNE

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