18. Oktober 2025

Sichtbarkeit ist beim Vertrieb von Büchern ein Erfolgs-Hebel 

Haben Aussenseiter-, Rand- oder lokale Themen auf dem Buch-Markt überhaupt noch eine Chance? Bejahende Antworten hierauf gaben die vom bürgerlichem Engagement getragenen 18. Ronsdorfer Literaturtage.  Das Programm war vielfältig. Im Mittelpunkt standen literarische Lesungen von regionalen Autoren mit musikalischer Begleitung.

Der spätberufene Buchautor Norbert Müller sorgt für Gesprächsstoff – hier bei einer Lesung im Bandwirker-Musem – © Siegfried Jähne

Die Vorlesungen wurden an verschiedenen Ronsdorfer Schauplätzen ausgetragen und gelten  als Erfolgshebel. „Durch das grüne Ronsdorf“ war eine kulinarische Wanderung zum Auftakt der Literaturtage (LIT.ronsdorf), zu der Michael Dietz, Heike Teller und Susanne Giskes vom Heimat- und Bürgerverein e.V. eingeladen hatten.

Die Naturfreunde waren bei „Natur und Liebe“ federführend, einer Matinee mit Günter Wülfrath und Willi Trösten (Gitarre). Carsten Koch entführte mit Spiel und Stimme seine Zuhörer mit „Gebratene Ente“ auf fröhliche Weise zum Höhepunkt.

Autor Norbert Müller sieht sich als „Außenstehender“

An dieser traditionellen Veranstaltung zum ersten Mal dabei, Neu-Autor Norbert Müller (73). Er sieht sich nicht als Ausseneiter, eher als „Außenstehender“, der in seinen Darstellungen nicht durch  Gruppenzwang geleitet wird. In seinem, im Bandwirker-Museum vorgestellten zweiten Buch „Kein Rentner-Blues in Wuppertal“ berichtet er über seine Ängste, die ihm vor dem drohenden Renteneintritt plagten und ermöglichten einen Blick hinter die Kulissen seiner verschiedenen Ehrenämter.

Seine vielschichtigen Erfahrungen kamen ihm nicht nur als Dozent, als Prüfer bei der IHK und als Schöffe bei der Strafkammer zugute. Er will Hilfestellungen in der besonderen Lebenssituation des Rentnerdarseins geben. Da war seine Beirats-Tätigkeit bei einer Wohnungs-Eigentümergemeinschaft, in der er unter dem Untertitel „Wohnungseigentümer – Freiwild für Verwalter?“ eine inzwischen viel beachtete, erlebte Geschichte detailliert erzählt.

Autor Norbert Müller (M.) mit Nils-Christopher Weiland, Sänger, Musiker und Pädagoge (l.) – © Siegfried Jähne

Es ging um eine Hausverwaltung, die den Eigentümern eine teure Dachsanierung aufdrücken wollte, obwohl das Dach noch völlig in Ordnung war. Hierbei wurde mit betrügerischen Mitteln gearbeitet. Zwar hatte man nach mehreren Jahren vor Gericht Erfolg, doch, oh Wunder, der Verwalter sei heute noch auf dem Markt tätig.

WSV: Erst zur Kreuzfahrt eingeladen, aber dann…

Autor Norbert Müller war auch bis zum seinem Rücktritt am 08. August 2023 vier Jahre im Verwaltungsrat des Wuppertaler SV tätig und setzte sich schließlich in seinem Buch kritisch mit den vermeintlichen Unzulänglichkeiten dieses Aufsichtsorgans auseinander. Sein erklärtes Ziel: Noch rechtzeitig Schaden vom Verein abzuwenden. Die Reaktionen darauf waren sowohl positiv als auch kritisch. Es war sogar von vereinsschädigendem Verhalten die Rede.  Im finalen Stadium habe er  – wie Norbert Müller in seinem Buch schildert – das Gefühl gehabt, man sei als Verein zu einer Kreuzfahrt eingeladen gewesen, um dann auf hoher See die Rechnung präsentiert zu bekommen.

Die aktuelle Entwicklungen beim WSV, wie der schnelle Abgang von Vorstandsmitglied Marvin Klotzkowsky, sieht er in einem jetzigen Statement als Bestätigung seiner Befürchtungen. Aber er konstatierte auch Zukunftschancen, wenn eine Weichenstellung über die Spielzeit hinaus gelänge. Hier gelte es kreative Möglichkeiten zu entwickeln, um neu gewachsene Potentiale zu halten und nicht bereits nach einer Spielzeit wieder zu verlieren.

Ebenfalls im Bandwirkermuseum an der Remscheider Strasse 50 „Neues von Regine Radermacher“. In der Stadtbibliothek am Bandwirkerplatz „Die arme Poetin – Geschichten und Bühnentexte mit einer Lesung von Marina Jenkner. Einen Hundebesitzerin ohne Hund und Angst vor Gewitter, Themen aus einer bunten Mischung ihrer besten Geschichten.

Stefan Kühn und Andreas Mucke mit „Känguru-Chroniken“

Zu den Highlights der Ronsdorfer Literaturtage zählten auch die Vorlesung der ehemaliger Stadtgrößen Dr. Stefan Kühn und Andreas Mucke. Die trugen die „Känguru-Chroniken“ aus dem Leben eines kommunistischen Beuteltiers vor. Die Moderation hatte Michael Schumacher von Heimat und Bürgerverein übernommen. In den „Känguru-Chroniken“ geht es um ein Gespenst in Europa, dass in der Stadt von Friedrich Engels ein Zwischenstopp machte.

Heike Teller vom Arbeitskreis „LIT.Ronsdorf“ bei der Begrüßung im Ronsdorfer Bandwirker Museum. In der Mitte Autor Norbert Müller, links der Musiker Nils-Christopher Weiland – © Siegfried Jähne

Aus seinem Leben als Gemeindepfarrer trug Eckehard Fröhmelt  (1975-2011) Alltägliches und Außergewöhnliches, Heiteres und Ernstes vor. Wolfgang Voosen, ehemaliger Mitarbeiter der Rechtsabteilung eines großen hiesigen Versicherers beschrieb in „Das Dossier“ spannend, für seinen Roman verfremdet, Kapitaldelikte, die sich im ersten Jahrzehnt dieses Jahrhunderts in verschiednen Ländern ereigneten.

Um Kriminelles ging es auch bei „Lenya lebt los“ von Maria Soula, ein aufregender Roman, in dem es um einen Unfall mit eines mysteriösen Anhalter ging. Der Sonnborner Michael Lutz hatte Kurzgeschichten aus seinem Buch „Twin Town Blues – Mit Fahrrad von Wuppertal nach South Tyneside“ im Programm.

Krimis mal blutig, mal hinterhältig, mal clever

Und mit „Krimis aus dem Bergischen“ vom Bergischen KrimiKartell wurde noch einer drauf gesetzt, mal blutig, mal hinterhältig, mal clever. Manuela Sanne und Michael Itschert lasen aus ihrem neuen Roman „Küstenkrimi“. Dieser  spielte an der Nordsee und hatte mit Drohnen über einem Marinestützpunkt zu tun.

Um „Arbeiterfrauen. Engagiert im Alltag. Couragiert im Gegenwind.“ging es bei der Lesung mit Linda Weißgerber: Sie schildert in ihren Geschichten persönliche Erfahrungen. Die Lesung in der Ronsdorfer Bücherstube mit Dr. Sibyl Quinke und Brigitte Lamberts war dem Thema „Gift“ gewidmet. Ganz anders „Jazz und Texte – ein Crossover“, wo sich Sonja Jungmann, Michael Schumacher und Christian Ose „Im Vogelsholz 40“ gegenseitig inspirierten.

Depressionen zwangen TV Journalisten zur Auszeit

Eine Depression zwang TV-Journalist Georg Lobos vor 25 Jahren eine Auszeit zu nehmen. Er zog sich nach Südfrankreich in das buddhistische Kloster Plum Village, einer Mönchsgemeinschaft, zurück. Seit seiner Rückkehr vermittelt er die Themen Achtsamkeit und Meditation, z.B. in Büchern. Titel seiner Lesung: „Halt finden – in sich selbst“.

Einen satirischen Einschlag hatte „Flash-Fiction und Lieder“. Es gab Texte mit und ohne Bezug zur Wuppertaler Lokalpolitik von und mit Georg Wilke. Gerhard von der Heyden bestritt den zweiten Teil des Abends am 15. Oktober mit vertonten Geschichten von Reinhard Mey. Unterhaltsam auch „Afrika – Leben, lachen, frei sein“. Der „Feldführer und Geschichtenerzähler“ Silas Jäkel erzählte über seine Erlebnisse in Afrika und las aus seinem Buch vor. Das Kuratorium „Liedgut…“ bot dazu  erhaltenswerte Musik zum Mitsingen und Zuhören.

Autor Norbert Müller (r.) und die Gäste der Lesung geniessen die Musik von Nils-Christopher Weiland – © Siegfried Jähne

„Alltag – humoristische Aufheiterungs-VERSuche“ machte erfolgreich Wolfgang Luchtenberg, der seit 50 Jahren in Ronsdorf lebende Hobbydichter. “Alles Liebe oder was?“ fragten Anne Fisch und E.U.Walter. Zum Thema machten sie die verschmähte Liebe und deren oft langzeitige Schmerzen.

Uta Plehwe, Wuppertaler Dipl. Legasthenie-und Dyskalkulie-Trainerin (Schreib und Rechenschwäche), las interaktiv aus ihrem Buch „Die Buchdetektive“.  Nicht Rechtschreibung, die Liebe zum Inhalt stand für Kinder ab 8 Jahren und „ihre“ Erwachsenen  im Vordergrund.

Randthemen sind nicht tot, aber schwierig

Beobachtungen auf der Frankfurter Buchmesse 2025 zeigen,  dass Randthemen nicht tot sind, aber tatsächlich oft Schwierigkeiten, sich auf dem Büchermarkt durchzusetzen. Einzelverlage und spezialisierte Verlage geraten zunehmend unter Druck. Finanzierungsprobleme, Sichtbarkeit und Distribution sind Herausforderungen, die nicht kleingeredet werden können. Logistik und Produktion werden immer teurer. Immer mehr Bücher erscheinen heute im Selbstverlag.

Dennoch läßt es sich auch sagen, dass Randthemen und Aussenseiter-Literatur heute in der Branche mehr Chancen als früher haben, weil die Frankfurter Buchmesse bewußt Platz für Nischen, Spezialgenres und experimentelle Literaturformen läßt. Sichtbarkeit ist für den Erfolg einer der größten Hebel, neue Chancen bietet da insbesondere Social Media. Auch Veranstaltungen wie die „Ronsdorfer Literaturtage“ sind deshalb für Autoren von besonderer Bedeutung.

Text: Siegfried  Jähne


        

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