8. Oktober 2025

Welthundetag: Liebevolle Erziehung mit klaren Ansagen

Aus Anlass des "Welthundetags" hat sich Autor Uwe Blass im Rahmen der lehrreichen, beliebten Uni-Reihe "Transfergeschichten" mit der Biologin Prof. Dr. Gela Preisfeld von der Bergischen Universität über "des Menschen besten Freund" unterhalten.

Sie sind schon lange domestiziert: Alaska Malamute Java (l.) und Spinone Italiano Pino – © UniService Third Mission

Am 10. Oktober ist es wieder soweit. Freunde der Fellnasen feiern den internationalen Welthundetag. Laut dem Zentralverband Zoologischer Fachbetriebe (ZZF) leben in Deutschland 10,5 Millionen Hunde in Privathaushalten. Grund genug, einmal bei Gela Preisfeld, Professorin für Zoologie und Biologiedidaktik an der Bergischen Universität nachzufragen, wie sich das Mensch-Tierverhältnis denn so im Laufe der Zeit entwickelt hat.

15.000 Jahre Partnerschaft

Vor ca. 15000 Jahren, in der Steinzeit, habe sich diese Partnerschaft, ausgehend vom Grauwolf (Canis lupus) entwickelt, erzählt Preisfeld. „Unser Hund wird ja wissenschaftlich ‚Canis lupus familiaris‘ genannt und ist damit eine Unterart. Man geht davon aus, dass sich die Beziehung zwischen Mensch und Wolf ganz selektiv für bestimmte Fähigkeiten, wie Jagen, Hüten und Schutz weiterentwickelt hat, wobei man aber nicht nur das Domestizieren betrachten darf, also die Anpassung des Wolfes an den Menschen, woraus dann irgendwann der Hund wurde, sondern, man muss sich auch überlegen, wie es überhaupt dazu gekommen sein kann, denn Mensch und Wolf haben ja nicht gerade friedfertig zusammengelebt, sondern auf jeden Fall auch in Konkurrenz.“

© Bergische Universität

Es musste also irgendwelche evolutionären Vorteile für beide Spezies gegeben haben. „Es gibt eine ganze Reihe von Vermutungen“, erklärt die Biologin. „Ganz wichtig dabei ist, dass Mensch und Wolf ein ganz ähnliches Nahrungsspektrum haben. Beide sind Allesfresser. Die Menschen damals haben viel gejagt und ein Wolf jagt eben auch. Man könnte sich das so vorstellen, dass die Wölfe den Menschen gefolgt sind, die Reste der menschlichen Jagd vielleicht aufgenommen haben, und die Menschen haben ihrerseits irgendwann bemerkt, dass, wenn die Wölfe ihnen folgen, andere Feinde abgehalten werden.“

Irgendwann hätten dann die Menschen die Wolfswelpen bei sich aufgezogen, und das könne man dann als Beginn der Hundewerdung deuten. „Ein weiterer Grund, warum es den Wölfen möglich war, sich den Menschen anzuschließen, könnte darin liegen, dass Wölfe Rudeltiere sind – sie brauchen Anführer!  Hunde ja letztendlich auch, und der Hund (früher der Wolf) akzeptiert den Menschen als Anführer.“

Alle Hunde stammen vom Wolf ab

Laut dem größten kynologischen Dachverband Fédération Cynologique Internationale (FCI) gibt es über 340 anerkannte Hunderassen, die wirklich alle vom Wolf abstammen. „Ja, das stimmt und dazu gibt es auch spannende Untersuchungen“, erzählt die Fachfrau. Man hat die mitochondriale DNA, die ausschließlich über die Mutter weitergegeben wird, von verschiedenen Haushunden, Kojoten, Wölfen und Schakalen untersucht. Heraus kam, dass Kojoten und Schakale außerhalb des Stammbaums der ganzen untersuchten Haushunde liegen und wesentlich früher entstanden sind.“ Um ganz sicher zu gehen, habe man natürlich auch die, nur durch die Männchen weitergegebenen, Y-Chromosomen untersucht. Beide Untersuchungen kamen zum gleichen Ergebnis: „Der Hund stammt eindeutig vom Wolf ab.“

Prof. Dr. Gela Preisfeld, Biologin an der Bergischen Universität – © privat

Wenn das domestizierte Haustier zum internationalen Problem wird

Weltweit gibt es ca. 500 Millionen Hunde, davon leben 75 Prozent frei. Indien hat mit 30 Millionen freilebenden Hunden die Spitzenposition. Da wird das domestizierte Haustier zum Problem. „Dieses vielschichtige Problem erfordert Maßnahmen an verschiedenen Stellen“, sagt die Wissenschaftlerin, „sowohl an den Tieren selbst, aber auch am menschlichen Umgang mit ihnen in Bezug auf die Erziehung, Aufklärung und natürlich die Prävention. Eine sehr gute Maßnahme ist das CNVR-Programm (Ein CNVR-Programm steht für „Catch-Neuter-Vaccinate-Return“, also Einfangen-Kastrieren-Impfen-Freilassen) und ist eine humane Methode, um Populationen streunender Hunde und Katzen zu kontrollieren, ihre Gesundheit zu verbessern und Tollwut vorzubeugen, Anm. d. Red.). Dadurch lässt sich die Anzahl der Streuner langfristig reduzieren. Das Impfen gehört auch dazu, um Krankheiten einzudämmen. Diese Programme dienen dazu, dass die Tiere gesünder sind, ihr Wohlbefinden besser ist. Die dazugehörige Aufklärung der Besitzer soll dazu führen, dass die Menschen verantwortlich mit ihren Tieren umgehen und sie nicht einfach irgendwo aussetzen.“

Der Hund, ein nie wertendes Wesen

Jagen, Hüten und Schützen sind die einen Eigenschaften, die sich der Mensch zu Nutze gemacht hat. Darüber hinaus schätzen wir aber noch eine andere, ganz einfache Fähigkeit. „Wir schätzen den Begleiter und Freund im Alltag“, sagt Preisfeld und betont die wesentliche Eigenschaft des Tieres. „Hunde werten nicht. Man sagt, sie seien bedingungslos treu und sie verstünden manche unserer Gemütszustände. Sie sind empathisch und man vermutet, dass diese Eigenschaften mittlerweile angeboren sind, dass sie durch Züchtung mittlerweile so manifestiert sind, also ein Produkt der Koevolution, des langen Zusammenlebens zwischen Mensch und Hund. Und diese Eigenschaften machen es auch möglich, dass man die Tiere zu Therapiezwecken oder der tiergestützten Pädagogik in Schulen einsetzt, weil man weiß, dass durch sie mehr Ruhe und Ausgeglichenheit in Klassen kommt.“

Vom Wolf (Canis lupus) stammen alle Hunderassen ab – © CC BY-SA 3.0

Hunde nehmen Schmerz bei ihren Besitzern wahr

Preisfeld zitiert eine Studie aus Ungarn, die festgestellt habe, dass Hunde offensichtlich Schmerzen bei ihren Besitzern spüren können. Diese nähmen sie über die menschliche Sprache auf. „Man hat die Hunde durch ein MRT geschickt und gefunden, dass sie ganz ähnliche Areale an ähnlicher Stelle für Sprachverarbeitung im Hirn haben wie wir. Man hat dann herausgefunden, dass sie aktiv werden, wenn die Sprache der Besitzer mit einem emotionalen Gehalt assoziiert ist. Und genau wie wir reagieren sie auf den emotionalen Ton der Sprache. Im Gegensatz zu uns brauchen Hunde nur mehrere Inputs. Sie brauchen den Inhalt, die Betonung und die Melodie in der Sprache und dann können sie sehr gut verstehen, was wir wollen, nur etwas langsamer. Wir Menschen verstehen ungefähr 4 bis 6 Silben pro Sekunde, ein Hund eher nur 3 Silben. Also hilft es schon, wenn man ein wenig langsamer spricht.“

Und dann ist da noch die Nase …

Hunde haben besondere Eigenschaften, die sich der Mensch auch zu Nutze macht, denn z. B. riechen sie um ein Vielfaches besser. „Hunde sind Nasentiere“, sagt Preisfeld, „das ist das wichtigste Organ für sie. Damit erfassen sie ihre Umwelt, finden Nahrung, spüren ihren Partner auf und erkennen Gefahren. Das liegt darin begründet, dass sie sehr viel mehr Riechzellen haben. Schäferhunde haben über 220 Millionen Riechzellen und wir Menschen haben ca. 10 Millionen. Dazu kommt, dass Hunde einen anderen Atemrhythmus haben. Beim Erschnüffeln können sie 300 Mal pro Minute schnüffeln, die Nasenflügel beben dann und sie nehmen verschiedene Duftstoffe auf. Diese leiten sie dann weiter ans Riechzentrum und dort werden sie verarbeitet.“

Hinzu komme noch ein viel interessanteres Organ, das sogenannte Jacobsen-Organ, eine kleine Öffnung am Gaumen. „Hinter den Schneidezähnen ist der Gaumen mit der Nase verbunden. Dieses Jacobsen-Organ nimmt vornehmlich Pheromone, aber auch andere Substanzen wahr. Das Besondere ist, dass der Hund das gar nicht wirklich riecht, sondern er nimmt mit der Zunge irgendwelche Spuren auf – das kennt man von jedem Spaziergang, wenn der Hund an was auch immer leckt – und diese gehen dann direkt über die Kanälchen hinter den Schneidezähnen an das Jacobsen-Organ und werden von dort ans Gehirn weitergeleitet, ohne über die Nase zu gehen. Dadurch können die Hunde Informationen über Sexualpartner oder Feinde direkt wahrnehmen. Auch Duftstoffe, die wir Menschen absondern, gelangen über dieses Organ ins Gehirn.“

Herzlichen Glückwunsch zum Welthundetag: Diese drei Vierbeiner feiern offensichtlich in aller Ruhe – © Preisfeld

Hundekörpersprache oder wie man den Hund lesen kann

Hunde haben eine eigene Körpersprache, die der Mensch bereit sein muss, zu lesen. Und nicht nur der Schwanz spielt dabei eine wichtige Rolle. „Das gesamte Verhaltensrepertoire des Hundes ist ein Produkt aus der Koevolution von Hund und Mensch“, sagt Gela Preisfeld. Neben dem Schwanzwedeln komme noch Mimik dazu, die Ohrenstellung und die Körperhaltung allgemein. Schwanzwedeln sei ja auch nicht nur positiv zu bewerten.

„Ist der Hund angespannt und der Schwanz ist mehr horizontal gestreckt, dann bedeutet das ja eher Unsicherheit und Angst oder gar Aggression, das muss man lernen zu lesen. Der Hund kann sehr gut Emotionen und Absichten ausdrücken. Wir alle kennen den sogenannten Hundeblick, diese Augenbrauenbewegungen, die bei uns den Beschützerinstinkt wecken. Der Kontext ist entscheidend, in dem der Hund gerade ist. Die Ohren sind ein wichtiger Teil der Hundekommunikation. Wenn der Hund etwas erschnüffelt, dann sind die Ohren nach vorne gerichtet, also ganz aufmerksam. Wenn sie zur Seite oder nach hinten gerichtet sind, dann ist er oftmals nervös oder unsicher und kann eine Situation nicht so gut einschätzen.“

Und dann spiele die Körperhaltung insgesamt eine Rolle. Ein angespannter Körper, ein angehobener Kopf und nach vorn gestellte Ohren, zeugen von Aufmerksamkeit und Neugierde. „Das ist auch immer ein guter Moment, ihm etwas beizubringen. Und dann hat er auch immer noch Signale, um Konflikte zu vermeiden, dann gähnt er oder schaut weg oder wirft sich auf den Rücken.“

Ein perfekter Hundetag

Am 10. Oktober ist der Internationale Welthundetag. Wie sieht denn ein perfekter Tag für einen Hund aus? „Ich denke, der sollte mit einem schönen Morgenspaziergang beginnen“ sagt Gela Preisfeld, „gefolgt von einem gesunden Essen, dann Spielen oder andere Herausforderungen, denn Hunde wollen beschäftigt sein. Ein zweiter Spaziergang, kurz mittags und abends wieder etwas länger, immer mit Spiel- und Bewegungsmöglichkeiten, die für den Hund unbedingt notwendig sind. Und damit sich ein Hund auch frei bewegen kann, dort, wo er es darf, ist es wichtig, dass er sehr gut erzogen ist, damit er auch hört. Das ist eine Grundvoraussetzung für den Freilauf und dazu ist eine liebevolle konsequente Erziehung nötig sowie ganz klare Ansagen.“

Der Dackel, eine beliebte Hunderasse in Deutschland – © Pixabay

Gourmetküche aus dem Tierhandel

Früher erhielten Hunde auch bei uns oft Abfälle, heute boomt die Hundefuttermittelindustrie mit den verschiedensten Produkten. Dazu die Wissenschaftlerin: „Aus der Forschung wissen wir, dass Hunde Allesfresser sind, sowohl pflanzliche als auch fleischbasierte Ernährungsweisen sind für eine gesunde Ernährung geeignet, solange eben alle notwendigen Nährstoffe, Proteine, Fette, Kohlenhydrate usw. enthalten sind. Es gibt viele Studien, die zeigen, dass sogar eine rein pflanzenbasierte Ernährung gut ist und die Hunde dann auch oftmals gesünder sind und nicht so stark und schnell an Arthrose und Gelenkbeschwerden leiden. Das Wichtige dabei ist die Ausgewogenheit der Nährstoffe, unabhängig von der Proteinquelle, ob die jetzt tierisch oder pflanzlich ist.“

Man müsse sicher auch auf die jeweiligen individuellen Verträglichkeiten des Hundes achten, manche Tiere vertrügen z. B. keinen Weizen. Wichtig sei ein Fütterungsplan, der ähnliches Futter mit leichten Variablen nutze. Auch Obst werde von vielen Hunden gern angenommen. „Dann gibt es auch das Barfen, also die Rohfütterung, das kann man auch machen, man sollte dann aber auch immer qualitätvolles Fleisch verwenden und auf die Hygienevorschriften achten, sonst besteht die Gefahr von Parasiten.  Ich glaube, die ganze Palette, die man im Supermarkt oder im Tierhandel kaufen kann, wäre sicher nicht nötig.“

Ein Freund aus dem Ausland?

Neben Rassehunden von Züchtern nehmen viele Hundehalter Tiere aus ausländischen Tierschutzorganisationen auf. Die bringen aber auch Krankheiten mit, die wir hier gar nicht haben. „Das ist ein schwieriges Thema“, gibt Gela Preisfeld unumwunden zu. „Im Ausland leben die Hunde unter unsagbar schlechten Bedingungen und werden auch oftmals recht brutal getötet. Das möchten wir hier nicht und sind daher geneigt, Tiere aus solchen Tierschutzorganisationen zu holen. Das ist auch in Ordnung, solange einige Dinge beachtet werden. Die Organisationen müssen seriös sein, müssen den Impfschutz gewähren, die Hunde müssen auf jeden Fall auf Tollwut und z.B. „Mittelmeerkrankheiten“ wie Leishmaniose untersucht, und gechipt worden sein und erst nach einer Quarantäne nach Deutschland kommen, wo sie nach einer weiteren Quarantäne in ein stabiles neues Zuhause vermittelt werden. Sollte sich doch eine Erkrankung entwickeln, muss der neue Besitzer alles Weitere in enger Absprache mit dem Tierarzt regeln.“

Bindungshormon vereint Mensch und Tier

„Der Hund, des Menschen bester Freund“ ist ein Satz, der erstmals im 18. Jahrhundert von Kaiser Friedrich dem Großen verwendet wurde. Woher kommt diese Treue dem Menschen gegenüber? „Die Treue des Hundes resultiert aus dieser beidseitigen emotionalen Verbindung“, erklärt die Biologin abschließend. „Es geht nicht nur vom Hund in Richtung Mensch, sondern auch von Mensch in Richtung Hund. Da gibt es Forschungen zu, die sowohl die biologischen als auch die verhaltensbezogenen Grundlagen dieser besonderen Beziehung untersuchen. Die Hunde haben sich im Laufe der Domestikation an den Menschen angepasst und zeigen auch eine besondere Orientierung an die menschliche Bezugsperson, mit der sie zusammenleben. Es scheint aber so zu sein, dass die Hunde eine echte emotionale Beziehung zu den Menschen entwickeln, die auf so etwas wie einer gegenseitigen Wertschätzung beruht und nicht ganz einseitig die Erfüllung menschlicher Bedürfnisse ist.“

Psychologische Studien, die man mit Menschen und Hunden durchgeführt habe, belegten die Ausschüttung des Hormons Oxytocin. „Das ist das sogenannte Bindungshormon. Das wird beispielsweise bei der Geburt ausgegeben, beeinflusst soziale Interaktionen und auch die emotionale Entwicklung. Es wirkt stressregulierend, senkt den Cortisolspiegel und reduziert den Blutdruck. Die Ausschüttung passiert bei Mensch und Hund durch Blicke und Berührungen, und das fördert die gegenseitige Zuneigung.“

Uwe Blass

Prof. Dr. Gela Preisfeld – © Privat

Über Prof. Dr. Gela Preisfeld

Professorin Dr. Gela Preisfeld studierte, promovierte und habilitierte an der Universität in Bielefeld. Nach kurzen Forschungsaufenthalten in Australien und einer Vertretung an der Goethe-Universität Frankfurt/Main nahm sie 2006 den Ruf auf den Lehrstuhl Biologie und ihre Didaktik, Zoologie an der Bergischen Universität an.

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