15. August 2025Peter Pionke
Tierschutzzentrum: Urteil im Landgerichts-Prozeß vertagt

Tiere können nicht sprechen, ihre Interessen nicht vertreten. Umso wichtiger ist es, dass es Menschen gibt, die ihnen eine Stimme geben und sich für notleidende Hunde, Katzen und andere Haustiere einsetzen, die kein liebevolles, festes Zuhause und keinen regelmäßig gefüllten Fressnapf haben und auch keine liebevollen Streicheleinheiten. Wuppertal ist eine der ganz wenigen Großstädte in Deutschland, in der es kein Tierheim gibt.
Und das bleibt auch so, wenn Björn Neßler vor Gericht Recht bekommt, Vorstand der Bergischen Diakonie Aprath. Sein Vorgänger, der beliebte Pfarrer Jörg Hohlweger, stand Franz von Assisi, dem Schutzpatron der Tiere, offensichtlich sehr viel näher als sein Nachfolger.
Er hatte nämlich mit Anke Süper, Vorsitzende des Vereins „Pechpfoten e.V.“, und Pfarrer Hohlweger, damaliger Leiter der Bergischen Diakonie Aprath, einen Vertrag geschlossen und diesen notariell absichern lassen. Das Ziel: In einem leer stehenden Gebäude auf dem Gelände der Bergischen Diakonie Aprath sollte das neue Tierschutzzentrum Wuppertal, eine neue Heimat für notleidende, ausgesetzte und herrenlose Tiere entstehen.
Wertvoller pädagogischer Nebeneffekt
Und das mit dem hehren, pädagogischen Nebeneffekt, dass in der Einrichtung nicht nur notleidenden Tieren geholfen, sondern auch die soziale Inklusion von behinderten Bewohnern der Diakonie maßgeblich unterstützt werden sollte.
Doch das Unheil für Anke Süper und ihre Mitstreiterinnen und Mitstreiter nahte, als Pfarrer Jörg Hohlweger sein Amt als hochverdienter Leiter der Diakonie aus gesundheitlichen Gründen an seinen Nachfolger Björn Neßler abgab. Eine der ersten Amtshandlungen von Björn Neßler: Er kündigte alle notariell beglaubigten Verträge mit dem Verein „Pechpfoten e.V.“
Nach über 6.500 ehrenamtlichen Arbeitsstunden am geplanten neuen Tierschutzzentrum war notgedrungen erst einmal Feierabend. Rechtsstreit statt liebevoller Betreuung von notleidenden, zum Teil kranker, traumatisierter Tiere.

Die renommierte Wuppertaler Künstlerin Ellen Neugebauer startete eine vielbeachtete Privat-Petition. Am Donnerstag (14.08.) dann der Prozess am Wuppertaler Landgericht. Richterin Ute Laukamp regte in der Verhandlung salomonisch an, dass beide Seiten noch einmal sehr ernsthaft über eine weitere Mediation nachzudenken sollten, um zu einer gütlichen Einigung zu kommen.
„Was mir auf der Seele brennt, ist, Euch allen Danke zu sagen für die Unterstützung vor Ort, für die guten Wünsche und Gedanken, für die Rückendeckung und dass ihr an uns glaubt!“, erklärte die engagierte Tierschützerin nach der Gerichtsverhandlung.
Da die „Pechpfoten“ und ihre Unterstützer an der Fortführung ihres Projektes interessiert sind, haben Anke Süper und ihr Anwalt dem Mediations-Vorschlag der Richterin zugestimmt. Allerdings mit der festen Zusage, dass, wenn es zu keiner zeitnahen Einigung komme, am 02. Oktober der Urteilsspruch über die heutige Verhandlung verkündet wird.
Unterstützung aus der Politik
Gleichzeitig betonte die Juristin allerdings, dass dies keinen Sinn habe, wenn eine der beiden Seiten auf ihrer Position beharre. Und das steht bei der neuen Leitung der Bergischen Diakonie Aprath zu befürchten – erst recht, wenn man die Stellungnahme der Bergischen Diakonie Aprath liest, die nach der Gerichtsverhandlung veröffentlicht wurde. Offensichtlich setzt man dort auf den längeren Atem. Auf der einen Seite eine kirchlichen Einrichtung, die über die Zuflüsse aus der Kirchensteuer zum großen Teil abgesichert ist, auf der anderen Seite ein gemeinnütziger Verein, der sich aus Spendengeldern finanziert.
Politiker wie Hendrik Dahlmann (Freier Wähler), MdB Helge Lindh (SPD) oder Dagmar Lisker-Frinker und Cornelia Kriege (Die Grünen) stärken Anke Süper und ihren „Pechpfoten“ und somit dem Projekt Tierschutzzentrum den Rücken. Andere Parteien und ihre Vertreter schweigen bislang wie die Karpfen.

Damit Sie sich, liebe Leserinnen und Leser, ein umfassendes Bild machen können, hier die jeweiligen Statements ungefiltert und im vollen Wortlaut:
Die Erklärung von Björn Neßler zum Gerichtstermin zur Beendigung der Kooperation mit Pechpfoten e. V. (14. August 2025): „Die Idee, unseren psychisch teils schwerstkranken Menschen ein kontinuierliches Förderangebot in Form eines Tierschutzzentrums anzubieten, schien uns allen zunächst sehr überzeugend.
Wir müssen allerdings heute klar sagen: So gut die Idee war, so wenig ließen sich die Interessen eines Tierschutzvereins und die Aufgaben einer Diakonie hier vor Ort belastbar in Einklang bringen. Es hat sich im Laufe vieler gemeinsamer Gespräche zur Kooperation gezeigt: Wir können mit dem Tierschutzzentrum nicht verlässlich den geschützten Raum sicherstellen, den unsere zum Teil schwer psychisch erkrankten Klientinnen und Klienten rund um die Uhr brauchen.
Inklusive Teilhabe mit professioneller Begleitung im Alltag
Wir wollen inklusive Teilhabe mit professioneller Begleitung im Alltag ermöglichen. Dafür braucht es feste Rhythmen und klare Strukturen. Nachdem das nicht zu realisieren ist, ergibt die Zusammenarbeit für Bergische Diakonie keinen Sinn mehr. Wir haben daher den Kooperationsvertrag gekündigt.
Die Pechpfoten leisten aus Sicht des Tierschutzes Beeindruckendes – doch die Bergische Diakonie hat eine andere Aufgabe. Unser Auftrag ist es, hilfsbedürftige Menschen zu schützen und zu unterstützen. Darin dürfen wir keine Abstriche machen. Auch nicht für andere, sehr lobenswerte Ziele, wie den Tierschutz.
Mit dieser Haltung gehen wir nun in die vom Gericht vorgeschlagene Mediation und hoffen, gemeinsam mit den Pechpfoten eine Lösung zu finden, die den Zwecken der Bergischen Diakonie dient – zum einen im Sinne der uns anvertrauten Menschen, zum anderen weil auf dem dortigen Sonderbaugebiet nur solche Einrichtungen entstehen dürfen.“

Der Bundestagsabgeordnete Helge Lindh (SPD), der eigens für die Gerichtsverhandlung in seiner Heimatstadt aus der Bundeshauptstadt Berlin anreiste, erklärte: „Tierschutz hat recht! Und das ist auch gut so! Die jahrelange Arbeit für einen angemessenen Ort für den Tierschutz und die Tierwürde für Wuppertal ist gesellschaftlich notwendig und rechtlich begründet. Die Vorsitzende Richterin machte unmissverständlich klar, dass in der Auseinandersetzung zwischen dem Verein Pechpfoten und der Diakonie Aprath das Recht auf der Seite des Tierschutzvereins liegt.
Als Prozessbeobachter sah ich, wie sich gestern zwei engagierte Akteurinnen und Akteure in einem Rechtsstreit gegenüberstanden, die beide einen wichtigen Beitrag für unsere Gesellschaft leisten. Der Verein Pechpfoten mit seinem Einsatz für Tiere und die Diakonie Aprath als sozialer Träger sollten nicht vor Gericht gegenüberstehen, sondern gemeinsam an der Umsetzung von Tierschutz und Menschenwürde arbeiten.
Weitsichtige Richterin hofft auf Kompromissbereitschaft
Richterin Ute Laukamp hat bisher noch kein Urteil gesprochen, sondern beide Seiten aufgefordert, sich außergerichtlich im Rahmen einer Mediation sich zu einigen. Sollte das nicht gelingen, wird in rund sechs Wochen zugunsten der Pechpfoten entschieden werden. Ich hoffe sehr, dass es gelingt, den begonnenen Dialog zwischen Diakonie und den Pechpfoten fortzusetzen und zu einer gerechten, pragmatischen und Menschen – wie tierfreundlichen Lösung zu kommen.
Beide Seiten stehen für wichtige Werte unserer Stadt: Tierschutz, Inklusion und soziales Engagement. Das Projekt bietet Chancen für eine Win-Win-Situation, ein jahrelanger Rechtsstreit würde nur Verlierer hervorbringen.

Die Richterin erinnerte in der Verhandlung daran, dass der Konflikt ursprünglich aus einer gemeinsamen Vision heraus entstanden ist: Der Aufbau eines Tierschutzzentrums als Inklusionsprojekt, bei dem Klientinnen und Klienten der Diakonie Aprath aktiv eingebunden werden: zum Beispiel bei der Pflege der Tiere oder durch die Mitarbeit in einem geplanten Café. Der Verein Pechpfoten, der seit 2016 Tiere an neue Besitzer vermittelt, übernahm dafür das 1,8 Hektar große Gelände per Erbpachtvertrag und unterzeichnete einen Kooperationsvertrag mit der Diakonie Aprath.
Dabei hatte diese unter der vorherigen Geschäftsführung das Grundstück selbst aktiv angeboten. Diese Kooperation geriet jedoch ins Stocken, als sich Ende 2023 abzeichnete, dass die Erwartungen in Bezug auf den Umfang der angedachten inklusiven Leistungen trotz des gemeinsamen Vertrages auseinanderdriften. Im Juni 2024 kündigte die Diakonie Aprath den Vertrag außerordentlich und unterzeichnete auch nicht die Baulast – woraufhin der Verein den Rechtsweg beschritt.
Tierschutz mit Inklusion gehören zusammen
Die ursprüngliche Idee, Tierschutz mit Inklusion zu verbinden, ist nicht nur richtig, sie ist beispielhaft. Deshalb wäre es ein wichtiges Signal für Wuppertal, wenn im weiteren Verfahren nicht Konfrontation, sondern Kompromiss und Miteinander den Weg bestimmen. Aufgrund der rechtlichen Lage sieht es so aus, dass wir am Ende zwei Nachbarn hätten, die sich im Dauerkonflikt einander gegenüberstehen. Die sinnvolle Alternative ist, dann doch lieber gute Nachbarn zu sein und mit viel Pragmatismus letztlich mehr Tierschutz und mehr gesellschaftliche Inklusion konkret möglich zu machen. Tierschutz und soziale Arbeit dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden – sie gehören gemeinsam in den Mittelpunkt einer verantwortungsbewussten Gesellschaft.
Ich werde das Thema und das Projekt weiterhin aufmerksam begleiten und bin überzeugt: Eine gute Lösung für alle Beteiligten ist möglich. In Zeiten, in denen sozialen Einrichtungen unter hohem Druck stehen, ist Kooperation das Gebot der Stunde. Höchstes Lob verdienen alle Ehrenamtlichen der Pechpfoten aussprechen, die mit ihrem großen Engagement und Arbeitsaufwand das historische Fachwerkhaus auf dem Gelände der Diakonie Aprath bereits zum Herzstück des geplanten Zentrums umgebaut haben. Das Tierschutzzentrum ist auch Best Practice für bürgerschaftliches Engagement.“ Soweit Helge Lindh.

Dagmar Liste-Frinker, Grüne-Stadtverordnete, Bürgermeisterin und Kandidatin für das Amt des Oberbürgermeisters gab dieses Statement ab: „Wir stehen im regelmäßigen Austausch mit dem Verein Pechpfoten und freuen uns sehr, dass beide Seiten gestern vor Gericht noch einmal den Willen zur gemeinsamen Lösung gezeigt haben. Richterin Ute Laukamp mahnte an, dass schlimmstenfalls beide Parteien Dauergast vor Gericht werden. Der Verein und die Diakonie Aprath haben den Vorschlag eines Mediationsverfahrens akzeptiert, das ist ein wichtiger Schritt. Das Tierschutzzentrum mit Konzept der Einbeziehung von Menschen mit Behinderungen und der therapeutischen Arbeit mit Tieren unterstützen wir sehr, deshalb haben wir uns frühzeitig um einen Dialog zwischen Pechpfoten und Bergischer Diakonie bemüht.“
WDR berichtete über den Rechtsstreit
Ihre Partei-Kollegin Cornelia Krieger, Stadtverordnete und Bezirksvertreterin in Uellendahl-Katernberg ergänzt: „Gestern hat die Richterin sehr klar gemacht, dass ein Urteil wahrscheinlich zugunsten des Vereins Pechpfoten ausgehen wird. Sie hob hervor, dass der Kooperationsvertrag grundsätzlich weiterbesteht; eine außergerichtliche Einigung wurde dringend empfohlen. Nun gibt es zwei Wochen Bedenkzeit und Gespräche. Das Urteil wird erst in sechs Wochen verkündet, sofern keine Einigung erzielt wird. Wir drücken die Daumen, dass das Märchen eines Tierschutzzentrums in Wuppertal wahr wird.“
Das Daumendrücken geht weiter und das Hoffen und Bangen auch. Das Daumendrücken geht weiter – und das Hoffen und Bangen auch. Denn wie formuliert es der Volksmund so treffend: „Vor Gericht und auf hoher See ist man in Gottes Hand“. Auch der WDR griff das Thema in der Sendung „Lokalzeit Bergisch Land“ auf. Auch wir bleiben an dem emotionalen Thema dran – fair, aber dennoch verbissen! (pp)
Link zur Webseite der „Pechpfoten“ e.V.:
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