8. Juni 2025

Rüdiger Konetschny: Das Homeoffice als Schonoffice?

Was, wenn Homeoffice die Arbeit schlechter und teurer macht? Mit dieser Frage beschäftigt sich der erfolgreiche Unternehmer Rüdiger Konetschny, CEO der Werbeagentur ECHOPARK GmbH in Essen, in seiner ersten Kolumne für die STADTZEITUNG. Er wird künftig regelmässig, mit seiner Erfahrung als Expertise,aus seinem ganz persönlichen Blickwinkel Entwicklungen in der Wirtschaft betrachten und einordnen.

Der erfahrene Unternehmer Rüdiger Konetschny führt seit vielen Jahren die erfolgreiche Werbeagentur ECHOPARK – © Claudia Posern / Fotostudio Essen

Agile Methodik findet sich schon als Methodik zur Entwicklung für Software seit den 90ern und ist überhaupt nicht kausal oder inhaltlich an Homeoffice oder agiles Arbeiten gebunden, also: alter Wein in neuen Schläuchen. Seit 1995 findet Scrum schon Verwendung und ist jetzt nur eine aufgekochte alte Suppe. Aber bitte: hier von neuem Normal zu sprechen, zeigt, wie einfach wir alle durch Trends oder Umstände wie Corona manipulierbar sind.

Alles neu macht der Mai…, aber es bleiben die gleichen Pflanzen wie im letzten Jahr. Auch die Menschen bleiben gleich. Personalthemen hätten übrigens schon längst neu gedacht werden müssen. Lasst uns doch das Büro so schön wie möglich für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter machen und in begründeten Ausnahmefällen auch Homeoffice erlauben.

Auschlussreiche Studie der Columbia University

Aber ich versuche, meine Argumente jetzt etwas übersichtlicher zur Diskussion zu stellen. Homeoffice ist durch die New Yorker Columbia University eingehend untersucht worden. Aus der Perspektive meines Kompetenzfeldes – nämlich Marketing, Produktion, Kreation und Consulting – ergibt sich aus dieser Studie kurz gesagt Folgendes: Für kreative Abstimmung und den entsprechenden Austausch ist Homeoffice nicht geeignet.

Das Leistungsvermögen der untersuchten Probanden sank im Homeoffice deutlich. Weiterhin lehne ich Homeoffice – bis auf Ausnahmen, die es auch in meinen Unternehmungen mit gutem Grund gibt – grundsätzlich ab.

Seit der Corona-Pandemie ist Homeoffice vielfach in Mode gekommen – © Pixabay

Meine Argumente dagegen:

01. Die Datensicherheit und deren Schutz muss an zwei Arbeitsplätzen (zu Hause und im Büro) eingehalten werden.

02. Schnelle digitale Zugänge müssen für Home und Office doppelt bereitgestellt werden.

03. Etwa müssen Filmdatenmengen für einen Austausch von Homeoffice zu Büro langwierig gerendert werden. Upload und Download fressen zusätzliche wertvolle Arbeitszeit und belasten die energetische Nachhaltigkeit.

04. Ein direkter Austausch zu Produktionsprodukten wie hochwertigem Bildmaterial, audiophiler Musik, Funkspots oder hochwertigen Drucken sowie nonverbale Kommunikation, emphatisches Miteinander oder kreatives Chaos sind nur eingeschränkt oder überhaupt nicht möglich in einer Videokonferenz.

05. Es gibt keine Energiesparpotentiale, im Gegenteil: Videokonferenzen oder Telkos erzeugen zusätzlichen Energieverbrauch, denn der Produktionsrechner in der Firma und deren Server müssen genauso weitergenutzt werden und zusätzlich der Rechner zu Hause.

06. Organisatorisch kostet die Abstimmung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu Hause mehr Aufwand.

07. Die Arbeitszeitkontrolle und die Ergebnisse lassen sich nur erschwert durchführen oder überwachen.

08. Der Teamgeist, die schnelle Kommunikation und der beiläufige Plausch beim Kaffee bleiben ebenfalls auf der Strecke.

09. Im Homeoffice leidet die Arbeit, aber auch unter privaten Belangen, denen man sich nicht entziehen kann. Für die gut bezahlte Arbeit darf ich als Arbeitgeber auch 100 Prozent Leistung ohne Konzentrationssprünge zwischen Familie und Beruf verlangen.

10. Im Homeoffice kann ich meinem Mitarbeiter keine zusätzlichen Benefits wie Kaffee aus einem teuren Kaffeevollautomaten, Bio-Obst oder Ähnliches bieten.

Homeoffice – ein Thema, das in vielen Unternehmen zu kontroversen Diskussionen führt – © Pixabay

Hinzu kommt noch der Vorteil einer räumlichen Trennung von Zuhause und Arbeit. Es mag Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geben, die immer nur zu Hause sitzen wollen. Diese sind meist nicht nachhaltig genug und oft zu weit vom Puls unserer Arbeit entfernt. Dadurch schlagen solche Mitarbeiter kaum Wurzeln und sind somit auch keine wirklichen Teamplayer, zeigt meine Erfahrung. Auch eine schnelle Hilfe unter Kollegen, vielleicht auch mal nach Feierabend, bleibt im Homeoffice aus.

Verstehen Sie mich nicht falsch, wir nutzen natürlich fortschrittliche Methoden und moderne Kommunikationstechniken im Büro und Arbeitsumfeld. Doch das Homeoffice bleibt in unserem Metier nur für wenige Aufgabenarten sinnvoll. Aber das mag jeder selbst entscheiden. Erschwerend stellen wir fest, dass Arbeitswege sowie öffentlicher Nahverkehr unzumutbar geworden sind!

Von diesem entsetzlichen Missstand mit Homeoffice ablenken zu wollen, ist jedoch eine Verzerrung der Realität. Zweifellos geht die schlechte Erreichbarkeit von Arbeitsplätzen auf die katastrophale Bundespolitik der letzten 20 Jahre zurück. Und wenn ich in den Bundestag blicke, habe ich schon lange das Gefühl, dass dort viel zu viel Homeoffice gemacht wird!

Rüdiger Konetschny (r.) beim renommierten Netzwerk-Event STADTGESPRÄCHE.ruhr mit Impulsgast und Polit-Urgestein Sigmar Gabriel – © Claudia Posern / Fotostudio Essen

Über den Autor Rüdiger Konetschny

Der gebürtige Ruhrpottler Rüdiger Konetschny ist Werber mit ganzem Herzen. Seit 30 Jahren arbeitet er als studierter Germanist und Publizist erfolgreich in der Werbebranche. Als Gastdozent war er an der BIZ Iserlohn oder der Hamburg Mediaschool aktiv. Er und sein Team arbeiten europaweit für große Handelsmarken wie Poco, Möbel Boss, Adler, NKD, KiK, Woolworth, TEDi sowie für den BVB, Vorwerk, ThyssenKrupp (uvm).

Link zur Webseite der ECHOPARK Produktionsgesellschaft mbH:

http://www.echopark.de

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