3. Januar 2023

Achtung Wildwechsel: Tiere kennen keine Verkehrsregeln

Was haben ein Elefant und ein Hirsch gemein? - Sie kennen keine Verkehrsregeln! Müssen sie auch nicht, aber die Gefahren, die im Straßenverkehr von ihnen ausgehen, sind sowohl in Afrika, als auch in Europa, erheblich. Achtung Wildwechsel! Absolventinnen der Bergischen Universität haben Spot über die Gefahren für Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer beim Aufeinandertreffen mit Wildtieren gedreht.

Diana Kaiser (l.) und Mareike Schlösser Schlösser – © Felix Brückner

Allein in Deutschland gab es 2021 nach Angaben des GDV (Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft) insgesamt 284.000 Wildunfälle. International warnen rotgerahmte Dreieckschilder mit heimischen Wildtieren, darunter u.a. Zebras, Giraffen, Schakale oder auch Strauße, die den Autofahrenden gefährlich werden könnten. Bei uns stehen sie für den Wildwechsel mit dem Symbol des springenden Hirsches.

Diana Kaiser und Mareike Schlösser, Absolventinnen der Fakultät Design und Kunst, Abteilung Mediendesign und Raumgestaltung, Diana Kaiser und Mareike Schlösser, machen mit einer Kampagne zur Verkehrssicherheit in Form eines Filmspots unter dem Titel „Tiere kennen keine Verkehrsregeln“ auf die Gefahren durch Wildwechsel aufmerksam.

Der Film handelt von einem fiktiven Wildtierunfall durch einen PKW. Um die Menschen für dieses Thema zu sensibilisieren, arbeiten die beiden Akademikerinnen mit dem Motiv eines Elefanten. Autor Uwe Blass hat sich in der Reihe Transfergeschichten mir Diana Kaiser und Mareike Schlösser unterhalten.

Starke Partner und Informationsquelle

Noch während des Masterstudiums Public Interest Design initiierten die beiden in einem Studienprojekt die Kampagne, weil ihnen Umweltthemen sehr am Herzen liegen. Unter der Federführung von Prof. Erica von Moeller, Prof. Dr. Christoph Rodatz sowie Pierre Smolarski entstand ein eindringlicher Kurzfilm, der wachrütteln soll. Das Projekt wurde in Kooperation mit dem Automobil-Club Verkehr (ACV) und dem Deutschen Jagdverband (DJV) umgesetzt.

© Bergische Universität

Pressemeldungen über Wildunfälle in NRW häufen sich, auch die A1 und A 46 sind betroffen. Um sich dem Thema zu nähern, recherchierten die Macherinnen zunächst zu vorhandenen Präventionsmaßnahmen, bereits umgesetzten Schritten und laufenden Projekten. „Da gibt es beispielsweise die Reflektoren, die am Straßenrand oder an den Feldern sind, aber auch Wildwarnapps und Ähnliches“, berichtet Mareike Schlösser.

Das wesentliche Problem sei vor allem die Tatsache, dass sich Tiere natürlich an keine Verkehrsregeln halten könnten, der Bau von Straßen aber immer mehr Wege der Tiere einschränke oder kreuze. „Auch die Zeitumstellung im Frühjahr und Herbst ist wichtig, denn da treten leider besonders viele Wildunfälle auf.“ Die Frage bei der filmischen Umsetzung war dann vor allem: Wie werden Menschen auf Wildunfälle aufmerksam?

Fahrschulen und Zeitumstellung

Die einzigen Orte, an denen jeder zukünftige Führerscheinbesitzer über die möglichen Gefahren beim Wildwechsel informiert wird, sind die bundesdeutschen Fahrschulen. Ansonsten wird über Wildunfälle in den Medien berichtet. „Es wird aber immer nur über das Thema an sich berichtet, die Leute werden aber nicht dafür sensibilisiert“, sagt Schlösser.

„Und das war unser Ansatz. Wie können wir Verkehrsnehmer*innen zum verantwortungsbewussten Fahrverhalten bewegen?
„Und dann haben wir geguckt, wer beschäftigt sich denn mit diesem Thema?“, fährt Diana Kaiser fort, die die Regie im Film übernahm. „Bei meiner Recherche bin ich dann auf den Jagdverband und den Automobilclub gestoßen, für die das Thema generell spannend ist.“  Kaiser setzt sich mit den Vereinen in Verbindung, die ihre Unterstützung als Kooperationspartner zusagen.

Bei einem Zusammenstoß mit Wildtieren wirken ungeheure Kräfte.

Nach Angaben des Deutschen Jagdverbandes (DJV) kommen jedes Jahr mehr als eine Million Wildtiere bei Unfällen ums Leben, wobei man neben gemeldeten Wildunfällen auch eine hohe Dunkelziffer durch Kleintiere beachten muss. Bei einem Zusammenstoß mit einem Rothirsch wirkt bei einer Geschwindigkeit von 60 km/h die Kraft von zirka fünf Tonnen Gewicht auf das Fahrzeug ein. Und da kommen wir wieder zum eingangs erwähnten Elefanten. Fünf Tonnen sind in etwa so viel, wie ein ausgewachsener Elefant auf die Waage bringt.

Das Motiv des Straßenschildes mit einem Elefanten nutzte der deutsche Jagdverband bereits als Grafik. „Dieses Motiv ist so eindrücklich“, sagt Kaiser, „da kann man so viel mit machen. Da haben wir diesen Vergleich afrikanischer Wildtiere und Wildtieren, die bei uns leben. Man soll sich als Zuschauer in diesem Spot vorstellen, wie es ist, wenn sich ein Elefant auf ein Auto setzt.“ Jeder wisse, dass dann ein großer Schaden entstehe, aber allein die Vorstellung flöße Respekt ein. „Jeder kennt bei uns die Schilder Wildwechsel, auf denen ein Hirsch abgebildet ist“, erklärt Kaiser weiter.

Der Spot, der Helden soll, Mensch und Tier besser zu schützen – © Felix Brückner

„Und da, wo Elefanten leben, gibt es diese Schilder auch tatsächlich mit Elefanten drauf. Das haben wir in unserem Spot benutzt. Die Zuschauer, die den Spot sehen, denken: ´Oh, da fährt jemand in den heimischen Wald`, und auf einmal taucht dann dieses Warnschild mit dem Elefanten auf. Das ist der Eyecatcher, an dem man dann dranbleibt, weil man es interessant findet.“ Dass dann am Ende eine schemenhafte Silhouette eines Elefanten ins Bild läuft, gehört zum weiteren Konzept der Idee.

Not macht erfinderisch

Bereits in der Planung zu diesem Realspot war den Projektverantwortlichen klar, dass sie mit einem Hirsch drehen wollten. „Nun konnten und wollten wir ja nicht einen Hirsch einfach umfahren und dann vors Auto legen, sondern wir mussten gucken, wie wir das mit wenigen Mitteln umsetzen konnten“, sagt Kaiser. „Wir haben dann im Produktionsteam beschlossen, dass wir einen echten, ausgestopften Hirschkopf nehmen, legen den dann auf die Straße und helfen dann in der Postproduktion mit visuellen Effekten nach und hauchen diesem Hirsch noch mal ein bisschen Leben ein.“ Den Hirschkopf besorgte einer der insgesamt 15 Crewmitglieder, der jemanden kannte, an dessen Wand er hing.

Aus filmischer Sicht durften für Kaiser auch die Emotionen nicht fehlen. „Mir als Filmemacherin sind natürlich Emotionen sehr wichtig und ich weiß, wie ich die mit visuellen oder auch anderen Mitteln, wie Sounds oder Musik gestalten, oder wecken kann.“ Über diese Emotionen erreicht der Film auch seine Adressaten. „Wichtig war mir, zu zeigen, wie sich eine Person fühlt, wenn sie alleine in den Wald fährt, den Moment nach dem Aufprall erlebt, da wirklich alleine sitzt, hilflos ist. Wenn man das nachfühlen kann“, sagt Kaiser, „hat man vielleicht auch ein wenig Angst oder zumindest Respekt vor einer solchen Situation.“

Fahrverhalten der Situation anpassen

„Unser Ziel war es, Verkehrsteilnehmer*innen zum verantwortungsbewussten Fahrverhalten zu bewegen“, ergänzt Schlösser, die in der Produktion für den Bereich Social Media zuständig war, „d.h. an die Eigenverantwortlichkeit zu appellieren, zu erkennen, das ist jetzt eine Gefahrenzone und ich muss mich hier anders verhalten, aufmerksamer fahren. Ich muss versuchen, das Verhalten von Wildtieren besser einschätzen zu können.“ Der Vergleich des Aufprallgewichts eines afrikanischen Elefanten mit einem europäischen Hirsch sollte dabei bewusst schockieren.

Grundsätzlich solle man natürlich immer im Straßenverkehr aufmerksam sein, aber vor allem die Zeiten im Frühjahr und Herbst, diese Fahrzeiten zur Arbeit und zurück verschöben sich durch die Zeitumstellung, das aber merken die Tiere nicht. Besonders in den Dämmerungen sei besondere Vorsicht geboten. „Gefahrenzonen sind dann Feld- Wald- und Wiesenränder mit verschlungener Straßenführung“, erklärt Schlösser, „weil da die Sicht eingeschränkt und zu diesen Zeiten Wild unterwegs ist. Da muss ich die Geschwindigkeit drosseln, damit ich im Falle einer Begegnung auch noch reagieren kann.“

http://wildunfall-vermeiden.de/

Die Arbeiten an diesem knapp zweiminütigen Spot zogen sich von der Recherche bis zur Postproduktion knapp ein Jahr hin. Die Reaktionen belohnten den immensen Arbeitsaufwand. „Von unseren Kooperationspartnern kam das Feedback, was wir uns erwünscht hatten.

Die Bundesvereinigung der Fahrlehrerverbände hat sich positiv geäußert und auch der Deutsche Verkehrssicherheitsrat hat uns Lob ausgesprochen, und das ist schon toll für ein Studienprojekt“, sagt Kaiser und resümiert: „Der ACV wiederholt jedes Jahr zu den Zeitumstellungen unseren Film, den man aber auch auf Instagram und Facebook sowie unter http://wildunfall-vermeiden.de/ sehen kann.“

Uwe Blass

 

Über Diana Kaiser und Mareike Schlösser

Diana Kaiser und Mareike Schlösser sind Absolventinnen der Fakultät Design und Kunst, Abteilung Mediendesign und Raumgestaltung an der Bergischen Universität.

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