17. Oktober 2022

Anke Süper: Wir brauchen die Hilfe der Tierfreunde

Tierisch gute Nachricht! Wuppertal bekommt ein modernes Tierschutzzentrum. Und das in idyllischer Lage direkt neben der Bergischen Diakonie. Anke Süper, 1. Vorsitzende des Tierschutzvereins "Pechpfoten e.V.", und ihre Mitstreiterinnen und Mitstreiter haben jahrelang wie Löwen für dieses Projekt gekämpft.

Die Tierschützerinnen von „Pechpfoten e.V.“: (v.l.) Jennifer Caro, Alina Zaremba, Stefanie Friedrich, Anke Süper, Ulrike Fleischer und Gabriele Kramer – © Stefan Fries

Es wird übrigens zwischen Tierschutzzentrum und der Bergischen Diakonie nicht nur eine örtliche Nähe geben. Patienten der Einrichtung sollen in die Betreuung der Tiere eingebunden werden. Eine Art Therapie nach dem Motto: Tiere sind die beste Medizin. Inklusion als optimale Win:Win-Situation.

Mit der TV-Moderatorin und Buchautorin Birgit „Biggi“ Lechtermann („Danke Dog, ein Hund ist die beste Medizin“) konnte „Pechpfoten e.V.“ ein bekanntes und beliebtes Gesicht als Schirmherrin gewinnen.

Die Mitglieder von „Pechpfoten e.V., die alle ehrenamtlich tätig sind, freuen sich auf die neue Herausforderung, wohlwissend, dass eine Mammutaufgabe vor ihnen liegt. Wir haben uns mit Anke Süper, 1. Vorsitzende von „Pechpfoten e.V.“ und von Beruf Tiernaturheilpraktikerin, unterhalten.

DS: Als 2016 das Wuppertaler Tierheim geschlossen wurde, gab es einen Aufschrei unter Tierfreunden und großes Unverständnis darüber, dass es die Stadt mehr oder weniger achselzuckend tatenlos hinnahm, dass Wuppertal als Bergische Metropole ohne Tierheim dastand. Wie haben Sie das damals wahrgenommen?

Anke Süper: „Natürlich ist es für mich als gebürtige Wuppertalerin ein Unding, dass unsere Stadt kein Tierheim hat. Insofern kam der Aufschrei zu Recht. Es kamen damals viele Faktoren zusammen und wenn einem der Blick hinter die Kulissen gewährt ist, kann man den schwarzen Peter hier nicht allein der Stadt zuschieben. Für uns als damals noch ganz junger Verein war das natürlich gleich eine ordentliche Herausforderung, ohne eine stationäre Unterbringungsmöglichkeit auf einmal derart in der Verantwortung zu stehen. Aber natürlich sind wir an der Herausforderung auch – schneller als geplant – gewachsen.“

DS: Es wurde damals immer auf die angeblich so tolle Kooperation mit den Städten Solingen und Remscheid hingewiesen. Waren das für Sie eher Ausreden?

Anke Süper: „Was viele Menschen in der Bevölkerung nicht wissen ist, dass man im Tierschutz verschiedene Situationen unterscheiden muss. Fundtiere, Abgabetiere und Beschlagnahmungen gehen alle eigene Wege. Dabei ist die Stadt allein bei der Fundtierversorgung in der Pflicht und hat hierzu Verträge mit anderen Tierschutzvereinen geschlossen. Natürlich funktioniert das. Und es wäre den Vereinen, die jetzt Vertragspartner sind, gegenüber nicht fair, deren Arbeit nicht zu würdigen. Aber für Menschen, die ihr entlaufenes Tier suchen, ist es unverständlich und natürlich auch unpraktisch. Es gibt im Tierschutz generell keine Verpflichtung, Abgabetiere aufzunehmen. Das ist allein soziales Engagement, um Mensch und Tier in Notsituationen zu unterstützen so gut es geht. Ohne Ehrenamt und gemeinnützige Vereine läge da nicht nur im Tierschutz einiges im Argen.“

Mitglieder von „Pechpfoten e.V.“ auf dem Gelände, auf dem das neue Tierschutzzentrum entstehen wird – © Ann Marie Schwanke

DS: Ihr Tierschutzverein und auch der Katzenschutzbund waren ja zum Wohle von Streunern und herrenlosen Tieren die ganze Zeit über aktiv, um Tierleid zu lindern. Was hat Sie dazu bewogen, jetzt doch die große Lösung mit dem Tierschutzzentrum zu realisieren?

Anke Süper: „Auch hier möchte ich noch etwas sortieren. Der Katzenschutzbund ist für die Samtpfoten der bezahlte Vertragspartner bei den Fundtieren. Die Menschen, die Tiere abgeben, finden in erster Linie bei uns Hilfe, egal ob Hund oder Katze. Die Grundstückssuche betreiben wir schon einige Jahre. Denn auch die Betreuung von Abgabetieren ist ohne stationäre Unterbringung ein täglicher Drahtseilakt. Pflegestellen sind sehr rar und oft wird eine sofortige Übernahme von Tieren angefragt, weil zum Beispiel die Besitzer verstorben sind. Ohne die Mitarbeit der beteiligten Familien und Nachbarn können wir dann manchmal nicht helfen. Und deshalb möchten wir unser Angebot unbedingt um die stationäre Aufnahme erweitern. Und natürlich haben wir den ambitionierten Wunsch, zentraler Ansprechpartner in allen Tierschutzfragen zu werden, damit es in Wuppertal wieder eine feste Anlaufstelle gibt. Eine Zusammenarbeit mit anderen Tierschutzvereinen macht dabei natürlich Sinn.“

DS: Wie schwierig war es, das geeignete Grundstück zu finden, das auch finanzierbar ist?

Anke Süper: „Die Grundstückssuche war tatsächlich eine harte Nuss und hat sich über Jahre hingezogen. Das jetzige Objekt ist ein echter Lottogewinn. Für die dauerhafte Finanzierbarkeit benötigen wir auf jeden Fall noch Zulauf. Mit aktuell noch zweistelliger Mitgliederzahl und einer – sicherlich auch der Allgemeinsituation geschuldeten – verhaltenen Spendenfreudigkeit der Menschen, wird es schwer.“

DS: Wie groß ist beim Projekt Tierschutzzentrum die Unterstützung von Seiten der Stadt?

Anke Süper: „Die Stadt zieht sich bisher auf ihre kommunale Pflichtaufgabe der Fundtierversorgung zurück, was für uns zwar sehr traurig, angesichts leerer Kassen aber leider nachvollziehbar ist.“

DS: Wie viele Tiere können Sie in Zukunft aufnehmen?

Anke Süper: „Die Aufnahmekapazität richtet sich zum einen sehr nach der Sozialverträglichkeit der Tiere, als auch – vor allem bei Hunden – zusätzlich nach der Körpergröße und der damit verbundenen Mindest-Grundfläche. Für die Katzen wird es nach aktueller Planung 3 Häuser mit je maximal 8 Tieren geben. Dazu sind aber hoftreue Katzen auch frei auf dem Gelände denkbar. Außerdem gibt es im Haus noch Reserveflächen zum Beispiel für sehr wärme- oder ruhebedürftige Katzen, dazu noch Kranken- und Quarantänestation. Für die Hunde sind 14 Gruppenräume mit jeweils angrenzendem Außengehege vorgesehen, plus natürlich ebenfalls Kranken- und Quarantänestation. Hier sind aufgrund der o.g. Faktoren Planzahlen kaum möglich. Bei Hunden bis 50 cm Widerristhöhe könnten zum Beispiel 3 Hunde in einem Gruppenraum zusammenleben. Ebenfalls vorgesehen ist ein großes Gruppenhaus für Kaninchen und Meerschweinchen.“

DS: Wie viele Mitglieder hat Ihr Verein momentan?

Anke Süper: „Stand heute liegen wir bei 90 Mitgliedern und 9 Tierpaten. Wir hoffen aber natürlich, dass sich mit dem anstehenden Bau des Tierschutzzentrums weitere Unterstützer finden lassen, die helfen, den großen Plan zum Leben zu erwecken. Denn nur mit bürgerschaftlichem Engagement schaffen wir gemeinsam ein liebens- und lebenswertes Wuppertal für Mensch und Tier. Große Projekte haben dies bereits erfolgreich vorgemacht.“

Das Team von „Pechpfoten e.V.“

DS: Der inklusive Ansatz – die enge Kooperation mit der Bergischen Diakonie – ist schon eine bahnbrechende Win-Win-Situation und ein echter Geniestreich. Wie ist es überhaupt dazu gekommen?

Anke Süper: „Tatsächlich ist diese Ergänzung eine glückliche Fügung. Denn der Erbpachtgeber unseres Grundstückes ist die Bergische Diakonie, die einerseits unser Projekt an sich schon unterstützenswert fand, sich zum anderen aber auch Vorteile von dem Inklusionsgedanken verspricht.“

DS: In welchen Bereichen ist eine Zusammenarbeit mit der Bergischen Diakonie geplant?

Anke Süper: „Der Hauptaspekt ist die Beteiligung der Menschen vor Ort, zum einen beim Betrieb eines kleinen Tierschutzcafés, zum anderen aber auch bei der Tierversorgung. Dies gibt den Menschen Tagesstruktur, Verantwortung und eine liebenswerte Aufgabe. Unsere Schirmherrin Birgit (Biggi) Lechtermann hat dazu bereits in ihrem Buch „Danke Dog, ein Hund ist die beste Medizin“ die heilsame Wirkung von Tieren herausgearbeitet. Es ist sogar eine Studie im Gespräch zu Themen wie tiergestützte Therapie. Wirklich, es ist für alle Beteiligten eine tolle Bereicherung.“

DS: Wie stellen Sie sich eine konstuktive Zusammenarbeit mit anderen Tierschutz-Organisationen und -Vereinen in Wuppertal vor, die sich alle aus ihrem Blickwinkel mit großen Engagment für Tiere ohne Zuhause einsetzen, alle von Spenden abhängig sind und somit auch eine gewisse Konkurrenz für Sie darstellen?

Anke Süper: „Auf keinen Fall sehen wir andere Vereine als Konkurrenz. Das ist aus unserer Sicht der falsche Ansatz. Wir alle haben ein gemeinsames Ziel, Tieren in Not zu helfen, jeder mit etwas unterschiedlichen Schwerpunkten. Wir begrüßen gegenseitige Hilfe, kollegiale Koexistenz und ein Arbeiten Hand in Hand. Für Gespräche sind wir offen und pflegen auch heute bereits gute Kontakte zu dem ein oder anderen Verein. Nichts ist unproduktiver, als seine Energie in „Grabenkämpfe“ zu investieren. In unserem Verein wird überwiegend ehrenamtlich gearbeitet. Das heißt, die Menschen investieren ihre Freizeit, wollen Gutes tun, aber auch Spaß dabei haben. Es ist ein sinnstiftendes Hobby im Kreis Gleichgesinnter. Wenn die anderen Vereine ähnlich denken, dann ziehen wir alle gemeinsam am gleichen Ende des Taus.“

DS: Inwieweit macht es Ihnen Sorgen, dass wir uns zur Zeit wirtschaftlich in sehr schwierigen Zeiten befinden und damit die Bereitschaft, zu spenden, sinken könnte?

Anke Süper: „Tatsächlich ist das aktuell unsere größte Sorge. Wir hatten große Hoffnung auf mehr Zulauf und Spenden, nachdem aus unseren Plänen nun ein konkretes Projekt geworden ist und dies in der Presse bekannt wurde. Leider ist die Reaktion noch verhalten. Zwar bekommen wir verbal viel Zuspruch. Aber wenn es ums Mithelfen vor Ort, um Spenden und Fördermitgliedschaften geht, ist die Bereitschaft bisher eher gering. Man darf nicht vergessen, dass wir in Vorleistung treten und seit Schlüsselübergabe am 01.09. auch die laufenden Kosten zu tragen sind, von laufenden Pachtzahlungen angefangen über Versicherungen und die Energieversorgung.“

DS: Die neue Tierarztkostenverordnung macht Tierarztbesuche erheblich teurer. Befürchten Sie nicht, dass dadurch in ohnehin schwierige wirtschaftlichen Zeiten noch mehr Tiere auf der Strasse landen?

Anke Süper: „Diese Befürchtung steht absolut im Raum und ist berechtigt. Umso mehr bitten wir um Unterstützung durch die Bevölkerung, damit unser Projekt „zum Fliegen kommt“, um ein verlässlicher Ansprechpartner in schwierigen Lebenssituationen sein zu können.“

DS: Was macht Ihnen Mut, das Ihr Projekt ein Erfolg zum Wohle der herrenlosen Tiere wird?

Anke Süper: „Ich glaube fest daran, dass Wuppertal für die gute Sache zusammen steht und werde nicht müde, die Menschen zu beteiligen und hoffentlich vom Tierschutzzentrum zu begeistern. Denn auch Bürger, die nicht selbst in einer Notlage sind oder auf der anderen Seite ein Tier adoptieren möchten, können sich nach Fertigstellung an unserer grünen Oase erfreuen. Ich wette, sie wird auch ohne konkrete Absicht einen Besuch wert sein.“

DS: Was treibt Sie ganz persönlich an?

Anke Süper: „Das ist zum einen meine angeborene intrinsische Motivation, Herausforderung anzunehmen, zum anderen natürlich meine große Tierliebe und am Ende die Liebe zu meiner Geburts- und Heimatstadt.“

Die große Tierfreundin Biggi Lechtermann ist Schirmherrin des neuen Tierschutzzentrums in Wuppertal – © privat

DS: Welche Tiere besitzen Sie selbst?

Anke Süper: „Ich habe selbst Hunde und Katzen und mag die unterschiedliche Lebensphilosophie beider Tierarten. Meine Katzen sind Freigeister und dank Katzenklappe viel draußen, die Hunde halten mich fit und fordern ihre täglichen Spaziergänge. „Hunde haben Herrchen und Frauchen, Katzen haben Personal“, da ist viel Wahres dran. Ich mag Beides. Früher hatte ich auch mal Kaninchen und in der Jugend zwei Wellensittiche.“

DS: Welche Rolle soll Biggi Lechtermann in Zukunft in Ihrem Verein spielen?

Anke Süper: „Biggi Lechtermann ist gleich der nächste kleine Lottogewinn und glückliche Fügung. Sie steht vor allem für die Kooperation und Inklusion und kann uns durch ihren Bekanntheitsgrad vielleicht die ein oder andere Tür öffnen. In jedem Fall springt der Funke ihrer Begeisterung für dieses ganz spezielle Projekt sofort über.“

DS: Wie sehen Sie die Tierschutz-Situation generell in Deutschland – was macht Sie wütend?

Anke Süper: „Ach, ein so schönes Interview mit negativen Gedanken und Gefühlen zu beenden fällt mir ehrlich gesagt schwer. Aber da ich versprochen habe, Rede und Antwort zu stehen, möchte ich letzteren Gedanken zumindest anreißen. Es ist schade, dass wir jahrzehntelang dafür kämpfen, dass Tiere im Gesetz nicht als Sachen behandelt werden und auf der anderen Seite diese Tiere nun auf Online-Kleinanzeigenportalen angeboten und weiter gegeben werden.“

DS: Und was macht Ihnen Mut?

Anke Süper: „Mut machen mir die vielen Glücksfelle, die wir begleitet haben, und von denen wir immer wieder Fotos und Berichte erhalten. Außerdem machen mir die Menschen Mut, die uns auch heute schon begleiten und unterstützen. Ich hoffe sehr, dass unser Engagement ankommt und wir noch viele Gleichgesinnte finden, die sich für das Projekt stark machen, mit Wort und Tat, aber eben auch mit finanziellen Mitteln. Auf unserer Homepage gibt es immer aktuelle Informationen, wie man sich beteiligen und helfen kann. Und auf unserer Spendengala am 03.11. gibt es übrigens für den Eintrittspreis, der der guten Sache hilft, gleich noch exklusive Infos und ein tolles Rahmenprogramm.“

DS: Vielen Dank für das interessante, offene Gespräch.

Das Interview führte Peter Pionke

 

Link zur Webseite von „Pechpfoten e.V.“

http://www.pechpfoten.de

Spendenkonten

Stadtsparkasse Wuppertal

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BIC     WUPSDE33XXX

 

Bergische Volksbank

IBAN DE86 3406 0094 0002 0935 73

BIC    VBRSDE33XXX

 

Lesen Sie auch „Biggi Lechtermann unterstützt neues Tierschutzzentrum“

https://www.die-stadtzeitung.de/index.php/2022/10/14/biggi-lechtermann-unterstuetzt-neues-tierschutzzentrum/

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