27. März 2022

Yevgen Besedin: Hilfe für Ukrainer von der ersten Minute an

Kaum hatte der erste Panzer der Armee von Russlands Diktator Wladimir Putin die Grenze zur Ukraine gewaltsam passiert, glühten beim Wuppertaler Immobilienmakler Yevgen Besedin bereits die Telefondrähte. Der gebürtige Ukrainer schloß sich mit in Deutschland lebenden Landleuten kurz. Und in Windeseile war die Initiative "Stand With UA" gegründet. Erklärtes Ziel: Ukrainische Flüchtlinge zu retten und in Deutschland in Sicherheit zu bringen.

Erleichtert: Yevgen und Irina Besedin (vorne rechts) mit Helge Lindh (M.) und ukrainischen Flüchtlingen, darunter einige Gehörlose – © Stand With UA

Yevgen Besedin, seine Ehefrau Irina und ihre Mitstreiter organisierten Busse, die Flüchtlinge, fast ausschließlich Frauen und Kinder, aus der Ukraine oder von der polnischen Grenze abholten. In Nordrhein-Westfalen wurde sie auf verschiedene Städte verteilt. 3.500 Flüchtlinge, darunter 150 Waisenkinder, fanden in Wuppertal ein Zuhause auf Zeit.

Hier wurden Sie von den Behörden, dem SPD-Bundestagsabgeordneten Helge Lindh und der Ex-Stadtverordneten Rosemarie Gundelbacher und selbstverständlich von Yevgen und Irina Besedin herzlich in Empfang genommen.

Und auch Dr. Helena Malkus wartete mit dem Arztkoffer in der Hand auf die Ankömmlinge. Für die gebürtige Russin ist es eine Herzensangelegenheit, den Menschen aus der Ukraine zu helfen. Für sie sei es das Mindeste, was sie für die Opfer von Putins Krieg tun könne. Aller Ehren wert!

Innerhalb kürzester Zeit hatten Yevgen und Irina Besedin eine Webseite für ihre Hilfe-Initiative „Stand With UA“ aufgebaut. Hier gibt es für Flüchtlinge, Spender und ehrenamtliche Helfer Infos und wertvolle Tipps in deutscher und ukrainischer Sprache. Links wie „Erste Schritte“ – „Ärzte“ – „Haustiere“ – „Mobilfunk und Betreiber“ – „Deutsch lernen“ können angeklickt werden.

Rosemarie Gundelbacher hatte die geretteten Kinder aus der Ukraine sofort ins Herz geschlossen – © Stand With UA

Die Besedins und ihre engagierten Mitstreiter kümmern sich fast rund um die Uhr um ihre Schützlinge aus der Ukraine, die zum Teil alles verloren haben.

Im Interview mit der STADTZEITUNG spricht Yevgen Besedin auf seine Initiative, über seine Gefühle, seine Erfahrungen und zieht eine erste Bilanz:

DS: Was treibt Sie an, sich so sehr für die Flüchtlinge aus der Ukraine zu engagieren?

Yevgen Besedin: „Ich bin am 30. Mai 2000 aus der Ukraine nach Deutschland gekommen. Meine Frau Irina stammt auch aus der Ukraine. Wir haben das große Leid in unserem Heimatland und die langen Schlangen der Flüchtlinge gesehen. Und da war für uns klar: Da müssen wir helfen. Das ist für uns eine Herzensangelegenheit.“

DS: Wie viele Flüchtlinge sind inzwischen in Wuppertal angekommen?

Yevgen Besedin: „Mittlerweile sind rund 3.500 Flüchtlinge aus der Ukraine in Wuppertal. In erster Linie Frauen und Kinder. Männer zwischen 18 und 60 Jahren müssen ja ihr Land verteidigen. So gut es geht betreuen wir mit unserer Initiative ‚Stand With UA‘ die armen Menschen, die zum Teil traumatisiert sind, eine wahre Osyssee hinter sich haben und oft nur eine paar Habseligkeiten mitnehmen konnten.“

DS: Es gab auch verzweifelte Hilferufe aus ukrainischen Kinderheimen. Wie geht es den Kindern?

Yevgen Besedin: „Wir haben 150 Heimkinder, die zum Teil mehrere Nächte in feuchten, unbeheizten Luftschutzkellern ausharren mussten, während oben der Krieg tobte, nach Wuppertal holen und damit in Sicherheit bringen können. Viele Kindern mussten ärzlich behandelt werden. Inzwischen sind aber alle gesund. Darüber sind wir sehr ereichtert.“ 

Yevgen Besedin mit Nadeshda, die mit ihrer Tochter und ihrer Katze aus der Ukraine geflüchtet ist – © Stand With UA

DS: Wie zufrieden sind Sie mit den Unterkünften, die die Stadt zur Verfügung stellt?

Yevgen Besedin: „Im Prinzip sind fast alle ikrainischen Flüchtlingen mit der Unterbringung zufrieden. Mit Ausnahme der Frauen und Kinder, die in einer Turnhalle an der Gathe untergebracht sind. Dort gibt es Probleme mit der Sauberkeit und mit dem Essen. Mütter haben mir erzählt, dass ihre Kinder über Magenbeschwerden klagen. Wir haben dort auf Wunsch der Flüchtlinge unsere Hilfe angeboten, beispielsweise als Dolmetscher. Aber diese ist offensichtlich nicht gefragt, stattdessen wurde uns sogar ein Zutrittsverbot erteilt.“

DS: Wie klappt die Zusammenarbeit mit den Behörden?

Yevgen Besedin: „Abgesehen von der Gathe sind wir mit der Zusammenarbeit ganz zufrieden. Und sie wird auch von Tag zu Tag besser. Am Anfrang sind wir alle von der Entwicklung in Ukraine und der Flüchtlingswelle überrollt worden. Da gab es noch das eine oder andere Abstimmungs-Problem und aus unserer Sicht unnötige Zeitverzögerungen. Inzwischen ist alles eingespielter und die Koordination mit Jugendamt und Ausländerbehörde funktioniert besser. Außerdem unterstützen uns der Bundestagsabgeordnete Helge Lindh, die Ärztin Dr. Helena Malkus und die Ex-Stadtverordnete Rosemarie Gundelbacher nach Kräften.“

DS: Wo sehen Sie noch Verbesserungspotential in der Zusammenarbeit?

Yevgen Besedin: „Ich würde mir wünschen, dass die Behörden noch mehr mit uns kooperieren. Was die Unterkünfte angeht, könnten wir viele Lösungsansätze anbieten und Manpower stellen, um die Umstände zu verbessern. Zumal die Stadt über Personalmangel klagt. Unsere Vorschläge werden von bestimmten Behörden gerne angenommen, von anderen aber leider strickt abgelehnt.“

DS: In welchen Bereichen benötigen Sie noch Unterstützung?

Yevgen Besedin: „Wir brauchen unbedingt noch mehr Hilfsgüter für die Flüchtlinge und auch mehr Geldspenden. Und wir wünschen uns eine bessere Kommunikation.“

DS: Viele der geflüchteten Frauen würden doch sicher gern einen Job annehmen. Wie ist da die Situation?

Yevgen Besedin: „Auf unserer Webseite haben wir so eine Art Job-Börse geschaffen: Arbeitgeber, die Flüchtlingen einen Job anbieten wollen, können sich dort melden. Außerdem gibt es dort auch Integrations-Tipps, wie und wo Frauen und Kinder beispielsweise schnell einen Deutschkurs belegen können. Fast alle wollen auch sofort deutsch lernen.“

Das engagierte Team der Initiative „Stand With UA“ – © Stand With UA

DS: Wie viele Flüchtlinge werden Ihrer Meinung nach für immer in Deutschland bleiben?

Yevgen Besedin: „Im Moment sagen alle, dass sie sofort wieder in ihre Heimat zurück wollen, sobald der Krieg vorbei ist. Wir gehen aber davon aus, dass am Ende 10 – 15 Prozent der Flüchtlinge hier in Deutschland bleiben wollen, weil sie in Ihrer Heimat gar kein Zuhause mehr haben. Ihre Häuser sind weggebombt, die Städte total verwüstet.“

DS: Wie ist es um die Sicherheit der geflüchteten Frauen und Kinder in Wuppertal bestellt?

Yevgen Besedin: „Wir sind in den Unterkünften regelmässig vor Ort und beraten die weiblichen Flüchtlinge, warnen sie beispielweise vor zwielichtigen Männern, die versuchen könnten, das traurige Schicksal der Frauen eiskalt auszunutzen. Wir geben ihnen Tpps, wie sie sich bei Fahrten mit Bussen und Bahnen verhalten sollten. Warnungen und Ratschläge kann man auch auf unserer Instagram-Seite nachlesen.“

DS: Was war bisher Ihr traurigstes Erlebnis seit Beginn der Flüchtlingswelle?

Yevgen Besedin: „Es gibt so viele traurige Schicksale, die einem das Herz zerreißen. Besonders nahe ist mit die Geschichte einer 28 Jahre alten Mutter gegangen, die mit ihren zwei Söhnen (10/5) nach Wuppertal gekommen ist. Sie hatte nichts dabei außer der Plastiktüte eines ukrainischen Supermarktes. Sie hat mir erzählt, dass sie sich mit ihren Kindern gerade noch aus dem Haus retten konnte, bevor dieses von einer Bombe völlig zerstört wurde. Sie hat ihr ganzes Hab und Gut verloren. Zum Glück hat sich bei uns eine Familie gemeldet, die eine leerstehende Einliegerwohnung besitzt und diese jetzt der Mutter und den beiden Kindern vorübergehend zur Verfügung stellt. Die Ukrainerin hatte vor Rührung Tränen in den Augen.“

DS: Wenn man soviel Leid, Elend und Verzweifelung hautnah miterlebt, gibt es da überhaupt Lichtblicke?

Yevgen Besedin: „Die gibt es zum Glück. Wir haben mit einem Bus Hilfsgüter zur ukrainischen Grenze gebracht und auf dem Rückweg acht Flüchtlinge mit nach Wuppertal genommen: Eine Großmutter mit zwei Töchtern und drei Kindern und eine Oma mit ihrem Enkel, der seinen Vater und seine Mutter durch Putins Kieg verloren hat. Alle acht kannten sich offensichtlich schon vorher. Uns ist es dann gelungen, sie alle zusammen in einer Wohnung unterzubringen. Wir haben uns so für sie gefreut und sie, die alles verloren haben, sind so unendlich dankbar, dass sie jetzt in Sicherheit sind und ein Dach über den Kopf haben. Ein kleiner Silberstreif am Horizont.“

Das Interview führte Peter Pionke

„Stand With UA“-Gründer Yevgen Besedin freut sich über die tatkräftige Unterstützer durch Wuppertaler Mitglieder  von Hilfsorgansitionen- © Stand With UA

 

Link zur Webseite von Stand With UA

http://www.standwithua.de

 

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