12. März 2022

Prof. Langner: Koblenz erzielte einen Überschuß mit der BUGA

In Wuppertal spielt das Thema Stadtmarketing nicht zuletzt wegen der vom Rat beschlossenen Bewerbung für die "Bundesgartenschau" BUGA 2031 in der theoretischen Diskussion eine große Rolle. Ein Thema, das auch an der Bergischen Uni groß geschrieben wird. Prof. Dr. Tobias Langner ist Inhaber des Lehrstuhls für Betriebswirtschaftslehre und Marketing an der Schumpeter School of Business and Economics der Bergischen Universität Wuppertal.

Prof. Dr. Tobias Langner – © Bergische Universität Wuppertal

Der renommierte Experte ist zudem Vorstandsmitglied des Marketing-Clubs Bergisch Land. Noch vor der Pandemie im Jahre 2020 hielt Prof. Dr. Langner in dem Sonderformat des Clubs, „Marketing im Dialog“, vor Wuppertaler Prominenz den vielbeachteten Vortrag: „Was eine Stadt von starken Marken lernen kann“.

Vok Dams, Marketing-Fachmann und Ehrenpräsident des Marketing Clubs Bergisch Land, nannte das in seinem NotizBlog unter dem Stichwort „Die Kunst der Kommunikation“ einen  „Crashkurs in Sachen Stadt-Marketing“.

Die STADTZEITUNG hat sich mit dem weit über Wuppertal anerkannten Marketing-Experten unterhalten.

DS: Was ist davon geblieben, wenn wir an die aktuelle BUGA-Diskussion in Wuppertal denken?

Prof. Dr. Langner: „Städte sind wie Marken umso erfolgreicher, je größer ihre Strahlkraft ist. Es geht letztlich darum, für möglichst viele Menschen innerhalb und außerhalb von Wuppertal attraktiv zu sein. Um das zu erreichen, sind eine möglichst große Bekanntheit über die Stadtgrenzen hinaus sowie ein positives Image notwendig. Bekannt ist Wuppertal, aber beim Image haben wir Nachholbedarf. Wie schon in meinem Vortrag erläutert, sind überregional wirkende Großereignisse ein besonders starker Hebel zum Aufbau von Bekanntheit und Image. Die BUGA ist ein solches Ereignis, von dem immense Bekanntheits- und Imageeffekte ausgehen können, wenn es richtig umgesetzt wird.“

DS: Wo sehen Sie persönlich den Mehrwert eines solchen Projekts wie der BUGA 2031?

Prof. Dr. Langner: „Im Marketing unterscheiden wir die Angebots- von der Wahrnehmungsebene. Auf der Angebotsebene geht es darum, das Produkt (hier die Stadt Wuppertal) zu gestalten und zwar so, dass es die Erwartungen der Menschen bestmöglich erfüllt oder sogar übertrifft. Auf der Wahrnehmungsebene dreht sich alles darum, wie man der Zielgruppe das Produkt vermittelt, welches Image sie in ihrer Wahrnehmung also damit verbinden wird. Viele Maßnahmen des Regionalmarketings setzen an dieser zweiten Ebene an, da sie vermeintlich einfacher zu beeinflussen ist. Mittels Kommunikation soll das Image einer Region oder einer Stadt verbessert werden. Das ist verständlich, da die Umgestaltung des Produkts „Stadt“ eben einfach lange dauert.“

Prof. Dr. Tobias Langner bei seinem Vortrag im Marketing Club Bergisch Land – © Vok Dams iNotes

DS: Was genau spricht jetzt aus Ihrer Sicht für dieses Groß-Ereignis?

Prof. Dr. Langner: „Das Starke an der BUGA ist, dass sie an beiden Ebenen ansetzt. Zum einen wird das Produkt „Wuppertal“ weiterentwickelt und verbessert – die Stadt erhält neue Attraktionen. Zum anderen wird die Wahrnehmung der Stadt durch die Berichterstattung im Rahmen der BUGA überregional mit neuen, positiven Inhalten aufgeladen. 

Als großen Mehrwert sehe ich auch den fast zehnjährigen Prozess zur Entwicklung der BUGA, auf den sich Stadt, Gesellschaft und Wirtschaft begeben werden. Das „große Ziel“ BUGA wird durch die mit ihm verbundenen Möglichkeiten, kreatives Potenzial und Engagement schon lange vor dem Event freisetzen. Hier gehört auch Streit dazu, um zu guten Lösungen zu gelangen – er sollte allerdings konstruktiv und zielorientiert ausgetragen werden. Außerdem erzeugt ein solches Projekt ein gemeinsames Ziel, das mit seinen städtebaulichen Maßnahmen und den geplanten kulturellen Ereignissen auch ein starkes Wir-Gefühl erzeugen kann. 

Eine erfolgreiche BUGA wird letztlich zahlreiche positive Effekte auslösen: Die Stadt wird um einige Attraktionen reicher, zahlreiche Besucher werden die Stadt mit positiven Erinnerungen verbinden, die Bekanntheit und das Image der Stadt werden sich weiter verbessern und die Anwohner werden einen größeren Stolz auf ihre Stadt entwickeln.“

DS: Darf sich eine ambitionierte Großstadt wie Wuppertal mit einer modernen Industrie, einer weitgefächerten Kulturszene sowie architektonischen und kulturellen Highlights aus ihrer Sicht eine solche Chance überhaupt entgehen lassen?

Prof. Dr. Langner: „Meines Erachtens bietet die BUGA eine einmalige Möglichkeit, Wuppertal als Stadt und in der überregionalen Wahrnehmung der Menschen weiterzuentwickeln. Die BUGA passt auch hervorragend zur Wuppertaler Positionierung als „Großstadt im Grünen“. Ich persönlich fände es sehr schade, wenn man diese Chance ungenutzt ließe.“

DS: Die Wuppertaler Gesellschaft, bekannte Persönlichkeiten, viele Entscheider stehen hinter dem Projekt BUGA: Wie schafft man es, auch Ottilie Normal-Wuppertalerin und Otto-Normal-Wuppertaler mit ins Boot zu holen?

Prof. Dr. Langner: „Wichtig ist, dass man die Menschen mitnimmt: Zuhören, Gegenargumente ernst nehmen und Lösungen gemeinsam erarbeiten. Ziel muss es sein, die BUGA zu einem gemeinschaftlichen Projekt aller Bürgerinnen und Bürger zu machen. Dazu sollten die Interessengruppen sowie die lokalen Vereine aktiv in die Konzeption und Umsetzung einbezogen werden. Maßnahmen wie die Integration der lokalen Vereine in das Veranstaltungsprogramm sowie die Einbindung der späteren Nutzer bei der Gestaltung der Flächen haben beispielsweise bei vergangenen BUGAs zur erfolgreichen Identifikation mit dem Großprojekt beigetragen.“

Prof. Dr. Tobias Langner mit Silke Asbeck, Geschäftsführerin der Historischen Stadthalle – © Vok Dams iNotes

DS: Kaum war der Förderverein gegründet und der Ratsbeschluss gefasst, da hat sich schon eine Opposition zum Projekt BUGA formiert. Die Argumente sind die gleichen wie bei der verhinderten Seilbahn: Nicht refinanzierbar, die Landschaft  wird verschandelt und für soziale Einrichtungen fehlt dann das Geld. Dann kommt immer der berühmte Kinderspielplatz ins Spiel. Was kann man diesen Kritikern entgegensetzen?

Prof. Dr. Langner: „Es ist zweifelsfrei zentral, dass das Projekt BUGA solide geplant und finanziert wird. Die Details der Finanzplanung kenne ich nicht. Wie erfolgreich eine BUGA allerdings sein kann, hat Koblenz gezeigt. Hier wurden die Kosten nicht nur gedeckt, man hat sogar einen Überschuss erwirtschaftet und hat langfristige, positive Impulse für Stadt, Gesellschaft und Wirtschaft ausgelöst. Viele der Anlagen werden auch heute noch genutzt und ziehen immer noch erfolgreich Besucher an.“

DS: Ein Verein, der massiv gegen die BUGA kämpft, nennt sich „BUGA – so nicht“. Der Name impliziert ja, dass sich die Mitglieder doch mit einer Bundesgartenschau in welcher Form auch immer anfreunden könnten. Können Sie sich eine BUGA light überhaupt vorstellen?

Prof. Dr. Langner: Das kommt darauf an, was mit „BUGA light“ gemeint ist. Meines Erachtens wird eine BUGA, die eine überregionale Strahlkraft erzeugen soll, nicht ohne Attraktionen wie beispielsweise einer Seilbahn oder einer Hängebrücke auskommen. Solche Faszinationspunkte gehören zum Projekt. Sie erzeugen besondere Erlebnisse, die sich auch positiv auf die Besucherfrequenz auswirken. Wichtig ist, dass diese Attraktionen so geplant werden, dass sie nachhaltig sind, also auch nach Abschluss der BUGA noch Sinn ergeben und sich in die langfristige Stadtentwicklung einfügen. Hierüber kann und muss man diskutieren. Aber wie gesagt, ohne besondere Attraktionen wird das Projekt nicht funktionieren.“

DS: Danke für das offene, informative Gespräch

Das Interview führte Peter Pionke

 

Link zum NotizBlog von Vok Dams:

https://vokdamsatelierhaus.de/2020/02/10/wuppertal-undmarketing-club-bergisch-landwir-bewegen/

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