5. Oktober 2021

Was Wuppertal von Paris oder Mons lernen kann

Der erfolgreiche Wuppertaler Fotograf Wolf Birke hat der Stadt Paris als Privatmann einen Besuch abgestattet. Grund war die Verhüllung des weltberühmten Triumphbogens "Arc de Triumphe", an der Christo seit 2017 arbeitete, die er aber selbst nicht mehr erlebte. Der auf dem ganzen Globus bewunderte Künstler mit bulgarischen Wurzeln starb im Mai 2020 im Alter von 84 Jahren.

Der von Christo verhüllte „Arc de Triumphe“ in Paris  beeindruckte und begeisterte den Wuppertaler Fotografen- © Wolf Birke

„Es wird wie ein lebendes Objekt sein, das im Wind lebendig wird und das Licht reflektiert. Die Falten werden sich bewegen, die Oberfläche des Denkmals wird sinnlich. Die Leute werden den Arc de Triomphe anfassen wollen”, hatte Christo voller Vorfreude erklärt.

Das kann Wolf Birke voll unterschreiben. Er kehrte von seiner Reise nach Frankreich und Belgien mit vielen Eindrücken und Gefühlen im Gepäck zurück. In all die Bewunderung für das Gesehene und Erlebte mischt sich aber ein wenig Neid und Wehmut, wenn er an seine Heimatstadt Wuppertal und die Chancen denkt, die hier zum Teil leichtfertig vergeben werden.

Hier Wolf Birkes Eindrücke in Wort und Bild:

„Wenn man, so wie ich gerade, für eine Woche unsere eigentlich doch schöne Stadt verlassen hat und dann aus Anlass von Christos Arc de Triumphe – Verhüllung einige Tage durch Paris streift, danach auf der Rückfahrt über die Normandie für einen Tag in Mons in Belgien Station macht, ist man bei der Heimkehr doch eher desillusioniert.

Wolf Birke: „Die Bahnhofsbaustelle in Mons (Belgien) ist echt grandios. Die relativ kleine Stadt schließt sich damit adäquat an die Strecke Paris-Köln an.“ – © Wolf Birke

Im Zentrum der Millionenmetropole bis fast an die „Périepherique“ wie auch im Innenstadtbereich der 95.000 Einwohnerstadt Mons überhaupt keine sogenannten „Graffitis“, große Sauberkeit und offensichtlich Respekt vor jeglicher Architektur – dazu eine radikale Minimierung und Reglementierung des automobilen Verkehrs in einem Ausmaß, das in der Wippertaler Rundschau hier täglich zu vier Seiten wütender Leserbriefe führen würde.

Man fragt sich unwillkürlich, wann zeigt unser Oberbürgermeister soviel Courage wie Frau Hidalgo in Paris, ist doch der Franzose nicht gerade für seine lammfromme Haltung gegenüber der „Obrigkeit“ bekannt…

Ich liebe die Kolumne von Roderich Trapp, aber bei uns scheint ja weder Satire noch ernsthafte Kritik der Bürger an manchmal unerträglichen Zuständen in der Stadt bei den Entscheidern etwas zu bewegen.

Der „Grand Place“ in der der französischen Stadt Arras. Wolf Birke: „Diese habe ich  auf dem Heimweg auch noch kurz besucht. Wie so viele Städte in Frankreich und Belgien, wie in Brüssel, Antwerpen oder Löwen, würde sich da wohl jeder Europäer die Augen reiben, wenn er die Aufregung um den 50 Meter gesperrten Laurentiusplatz mit ansehen müsste.“ © Wolf Birke

Die kleine Stadt Mons, vom Strukturwandel mindestens so getroffen wie Wuppertal, bekommt übrigens gerade einen neuen Bahnhof, hinter dem sich der Wuppertaler Hauptbahnhof dreimal verstecken kann – und sie hat es 2015 zur europäischen Kulturhauptstadt gebracht, woran man noch heute an vielen Stellen erinnert wird.

In der Diskussion um eine Bewerbung zur Austragung der Bundesgartenschau beginnt dagegen hier schon wieder der „Chor der Wuppertaler Klageweiber und -männer“, vereint mit dem örtlichen „Kassenwart“, zu jammern: „Geht nicht, brauchen wir nicht, können wir nicht bezahlen, reparieren wir doch erst mal die Schlaglöcher in irgendwelchen Nebenstraßen…“

Der Wuppertaler Fotograf: „Das andere Beispiel aus Mons hatte ich nur wegen des leuchtend blauen Autos fotografiert, aber diese stille Nebenstraße am Rande der Innenstadt, unserem Ölberg vergleichbar, zeigt sich wie alle anderen auch von ihrer besten Seite.“ – © Wolf Birke

Wie können wir’s nur schaffen, dass sich die positiven, zukunftsorientierten Wuppertaler endlich genauso lautstark wie die Jammerlappen zu Wort melden???

Ich versuch’s weiter, wenn ich meine momentane „Wuppertal-Depression“ überwunden habe.

Wolf Birke

Wolf Birke: „Was Graffiti-freie Innestädte angeht, hier ein Beispiel aus Paris: eine Ecke an der Rue Lepic am Montmartre, ein absoluter Touristen-Hotspot rund um die Uhr, aber trotzdem schön genug für ein kleines Jazzkonzert am frühen Sonntagmorgen zur Freude der Anwohner.“ – © Wolf Birke
Wolf Birke: „Das Quartier Latin im alten Zentrum von Paris gehört bis auf einige Boulevards den Fußgängern und Radfahrern, der wohl meist befahrene Kreisverkehr der Welt wurde mal eben für 2 Tage komplett gesperrt, weil an dem Wochenende „Paris sans Voitures“ (autofreies Paris) angesagt war.“ – © Wolf Birke

 

 

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