15. Januar 2023

Hans Osterberg: Engel der Kranken – Held der Kinder

Er ist im wahrsten Sinne des Wortes eine Seele von Mensch. Einer der hilft, wenn Not am Mann ist. Hans-Jürgen Osterberg steht in seinem Paß. Doch alle nennen ihn liebevoll nur Hänsken oder Hansi, obwohl er inzwischen 76 Jahre alt ist.

Verstehen sich blendend: Hans Osterberg mit Schwestern des Borromäerinnen-Ordens – © privat

Wer bei Wikipedia nach Wuppertaler Originalen sucht und Mina Knallenfalls, Zuckfritz oder Husch Husch findet, stösst auch auf Hans-Jürgen Osterberg als zeitgenössisches Original.

Hansi ist ehrenamtlich Patientenfürsprecher im „Kapellchen“ (St. Petrus-Krankenhaus), Sterbebegleiter, Kranken-Chauffeur, St. Martin, Nikolaus, Clown, Krankenhaus-Gärtner, Küster, Grabschmuck-Designer, Pilgerleiter, Buchautor und vieles mehr. Hans Osterberg, Engel der Kranken und Einsamen, Held der Kindergarten-Kids. Aber der Reihe nach!

Hans Osterberg, ein Mann, der der Menschen liebt. Dabei hat er selbst am Anfang seines Lebens nicht viel Liebe erfahren. Zumindest nicht von seinen Eltern. Diese ließen sich scheiden, als er noch ein Säugling war. Mit acht Monaten landete er bei seiner Großmutter väterlicherseits, die sechs eigene Kinder hatte. 

Als er sechs Jahre alt war, wurde seine Oma schwer krank. Fast jeden Tag besuchte er sie im „Kapellchen“. Dort war Hänsken bald bekannt wie ein bunter Hund. Die Krankenschwestern vom katholischen Orden des Heiligen Karl Borromäus mochten den kleinen, aufgeweckten Jungen, der so glockenklar singen konnte.

Hansi Osterberg & Dackel Attila bringen Spaß und Abwechslung in Altersheim – © privat

In der Weihnachtszeit begleitete er eine Ordensschwester, die ein fahrbares Hamonium spielte, von Station zu Station und sang für die Kranken Weihnachtslieder. Nicht nur im Krankenhaus, auch zuhause kümmerte er sich um seine kranke Oma. Bis zur ihrem Tod. 

Anschließend pflegte er seinen Großvater August 19 Jahre lang. Hans Osterberg blieb kaum Zeit für sich selbst, für seine Träume. Er sagt ohne eine Spur von Verbitterung: „Ich wäre sehr gern Priester geworden. Aber ich musste ja meinen Opa pflegen.“ Und so reichte es für ihn nur zum Volkschulabschluß. Keine Chance also, Theologie zu studieren und Priester zu werden.

Hans Osterberg machte stattdessen eine Lehre zum Dekorateur. Der Beruf erfüllte ihn aber nicht. Deshalb ließ er sich 1979 zum Masseur umschulen. 18 Jahre knetete er Frauen und Männer durch. Dann wurde in seinem Gehirn ein Aneurysma diagnostiziert und machte ihn zum Frührentner.

Doch seither befindet er sich im Unruhestand. „Ich wollte nicht tatenlos zuhause herumsitzen, sondern etwas Nützliches tun und Menschen helfen.“ Eigentlich etwas, was er schon von Kindesbeinen an tat.

Hans Osterberg als ehrenamtlicher Küster – © privat

Denn die Verbindung zum „Kapellchen“ war nie abgerissen. Als Hobby-Gärtner pflegte er das Gelände rund um die Josefsgrotte, er half Kranken als Patientenfürsprecher in vielen Belangen. Der gläubige Katholik brachte ihnen sogar  im Auftrag des Pfarrers die Kommunion ans Krankenbett.

Seit 1969 war Hansi Osterberg regelmässig als St. Nikolaus, St. Martin oder auch als Clown in Kindergärten, Schulen und Altersheimen wie dem BT-Edith-Stein-Haus unterwegs. Statt Knecht Ruprecht brachte „Nikolaus“ Hans seine Dackel Ingo und später dessen Nachfolger Attila mit – die Lieblinge aller Kinder und aller Heimbewohner.

Im Karneval war Hansi ziemlich schmerzfrei, wenn es um die Kostüme ging. Da „flog“ er auch schon mal als Biene Maja ein. „Unser Pastor Pier hat das auf seine Art kommentiert: ‚Nee watt haste tolle Beene‘,“ erzählt Hans Osterberg lachend. Sein Humor, sein Optimismus und seine Lebensfreude sind bis heute die Triebfeder seines vielfältigen ehrenamtlichen Engagements. 

Denn er muss seit vielen Jahren mental verkraften, dass Krankheiten und der Tod seine ständigen Begleiter sind. Und das nicht nur in seiner Funktion als Patientenführsprecher und Freizeitgestalter im Altersheim. 

Hans Osterberg als Bannerträger auf einer Fronleichnams-Prozession – © privat

Auch im privaten Bereich musste er viele Schicksalschläge wegstecken. Von seiner ganzen Familie lebt nur noch eine Tante. Und selbst mit seinen Eltern schloß er Frieden. Obwohl sie ihn schon als kleines Kind im Stich gelassen haben, pflegte er sie vor ihrem Tod. 

Ablenkung von den Schattenseiten des Lebens erhält er in den Kindergärten: „Es gibt nichts Schöneres als Kinder. Sie freuen sich immer riesig, wenn ich mit meinem Dackel Attila zu ihnen komme.“

Er selbst war nie verheiratet und hat auch keine Kinder. Da bleibt ihm auch der große Schmerz erspart, den die Eltern eines kleinen Jungen gerade ertragen müssen, der vor einigen Tagen gestorben ist. Sie haben Hansi darum gebeten, einen Stern aus Blumen als Grabschmuck herzustellen. Für ihn eine Ehrensache.

„Zu helfen ist für mich ein Gebot der christlichen Nächstenliebe“, sagt er, als wenn es das Normalste auf der Wet wäre und lebt das auch jeden Tag vor.

Hans Osterberg kümmerte sich vier Jahre lang um die schwerkranke Ilona – © privat

Vier Jahre lang hat er sich aufopferungsvoll um Ilona gekümmert und sie bis zum letzten Atemzug begleitet. Als sie schließlich nach unzähligen Operationen an multiplen Organversagen starb, hielt er ihre Hand.

Einen ihrer letzten Wünsche konnte Hans ihr leider nicht erfüllen. Ilona hatte einen Herz zerreissenden Brief an die Muttergottes geschrieben, in dem sie darum flehte, Maria möge doch ihre schlimmen Schmerzen lindern und dafür sorgen, dass sich alles noch zum Guten wende.

Diesen Bittbrief sollte Hans Osterberg mit auf die Pilgerreise nach Lourdes (Frankreich) nehmen. Jedes Jahr zu Pfingsten besuchte er mit einer Gruppe von Kranken den weltberühmten Wallfahrtsort. 

Wegen der Corona-Pandemie musste die Wallfahrt zweimal ausfallen. Für Hansi Oster Berg steht jetzt schon fest: Bei seiner nächsten Reise nach Lourdes wird er den Brief mitnehmen und ihn wie von Ilona gewünscht in der Mariengrotte ablegen. 

Für Hans Osterberg eine Selbstverständlichkeit, auch wenn der Brief dann viel zu spät ankommt: „Ich habe Ilona versprochen, dass ich ihn bei der Muttergottes abliefere und das tue ich auch. Das bin ich ihr schuldig.“ Auf sein Wort ist eben Verlass wie auf das Amen in der Kirche…

Text Peter Pionke

 

Das Cover von Hans Osterbergs Autobiografie – © privat

„Hänsken vom Ölberg“

Hans-Jürgen Ostenberg hat sein bewegtes Leben und seine Erlebnisse in dem Buch „Hänsken vom Ölberg“ niedergeschrieben. Seine Biografie gibt es für 9,95 € in der Buchhandlung Mackensen am Laurentiusplatz.

Die erste Auflage von 100 Exemplaren ist vergriffen. Nachschub ist bestellt.

Hans Osterberg als „St. Nikolaus“ – © privat

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