1. Mai 2020

Event-Branche legt eigenes Corona-Hygiene-Konzept vor

Die Event-Branche leidet ganz besonders unter den Corona-Maßnahmen. Messen und Ausstellungen wurden gecancelt, kleine und große Veranstaltungen abgesagt. Großveranstaltungen sind erst einmal bis Ende August verboten. Für viele Unternehmen geht es ums nackte Überleben. Die Branche will sich nicht allein auf die Virologen und Epedemiologen verlassen, die die Bundesregierung beraten, sondern entwickelte gemeinsam mit anerkannten Experten einen eigene "Stufenleitplan zur Durchführung von Veranstaltungen".

Colja Dams vor der Kamera im eigenen Digital-Studio – © Vok Dams worldwide

Colja Dams, CEO der weltweit agierenden Wuppertaler Agentur VOK DAMS, erklärt: „Damit ist von unserer Branche die Basis für die Politik geschaffen worden, Veranstaltungen – insbesondere aber vor allem Corporate Events – kurzfristig wieder zu genehmigen. Es sind – aus Branchensicht – sehr harte und massive Maßnahmen – aber von uns bewusst gewählt, um der Politik eine solide Entscheidungsbasis zu bieten.“

Folgende Spezialisten erarbeiteten den Stufenleitplan für die Einhaltung von Hygienerichtlinien als Fachempfehlung:

Prof. Dr. med. Klaus-Peter Hunfeld, Master of Public Health (MPH), Facharzt für Labormedizin, Medizinische Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie, Krankenhaushygiene, Frankfurt

Privat-Dozent Dr. med. Frank-Albert Pitten, Facharzt für Hygiene und Umweltmedizin, Institut für Krankenhaushygiene und Infektionskontrolle (IKI), Gießen

Prof. Dr. med. Prof. h. c. (MNG) Walter Popp, Leiter Krankenhaushygiene Uni-Klinikum Essen, 1. Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene

Colja Dams schaut wie die gesamte Branche hoffnungsvoll nach Berlin: „Wir freuen uns auf die Berücksichtigung der Politik bei der Diskussion um anstehende Lockerungen.“

 

VERANSTALTUNGSSICHERHEIT IM KONTEXT VON COVID-19 Version 2.0 vom 28.04.2020

(Auszüge aus de, 11-seitigen Konzept)

Handlungsempfehlung des Research Institute for Exhibition and Live-Communication (R.I.F.E.L.)

VORWORT

In den vergangenen Wochen und Monaten haben die Bundes- und Länderregierungen mit einem umfassenden Maßnahmenkatalog auf die Ausbreitung des COVID-19-Virus reagiert.

Die Entscheidungsträger haben stets betont, dass der Umfang und die Gestalt der Schutzmaßnahmen umsichtig und mit Augenmaß auf die jeweilige Entwicklung ange- passt werden. Dieses umsichtige Vorgehen muss nun auch zum Tragen kommen, wenn es um strategische Schritte hin zu einer gestaffelten Rückkehr zur Durchführung von Veranstaltungen geht.

Die nachstehende Handlungs- und Entscheidungsempfehlung für die zukünftige, gestaf- felte Durchführung von Veranstaltungen zeigt dabei auf, dass eine Risikoeindämmung für alle involvierten Personen einer Veranstaltung möglich ist. Diese Empfehlungen in Form einer Stufenbewertung dienen dazu, an die Entwicklung der Pandemie angepass- te, individuelle Veranstaltungsrisiken zu bewerten und entsprechende Maßnahmen zur Risikoeindämmung und der damit verbundenen Gewährleistung der Sicherheit aller Veranstaltungsbesucher abzuleiten. Es wird strikt angeraten, dass diese Empfehlungen als verbindliche Checkliste für Veranstalter dienen. Somit können Veranstaltungsplaner, Organisationen, Behörden wie auch Teilnehmer zukünftig von einer höchstmöglichen, überprüfbaren Sicherheitslage in Bezug auf die Gesundheit ausgehen.

Die Veranstaltungsbranche ist sich der großen Verantwortung für ihre Besucher, Kunden und Partner sehr bewusst. Die Besuchersicherheit und der Arbeitsschutz spielen bereits seit vielen Jahren eine zentrale Rolle bei der Planung und Durchführung von Veranstal- tungen. Daher ist die Messlatte dieser Empfehlung nicht die Erfüllung, sondern die Über- erfüllung behördlicher und institutioneller Vorgaben.

Die nachfolgenden Empfehlungen wurden durch eine interdisziplinäre Fachgruppe erstellt. Sie vereint die Expertise von Verantwortlichen für Veranstaltungstechnik, Tech- nischen Leitern, Bühnen- und Messebauern, Experten aus Veranstaltungssicherheit, Gastronomie und Logistik, Versammlungsstättenbetreibern und weiteren Berufsgrup- penvertretern wie Veranstaltungs- und Künstleragenturen. Die Empfehlungen werden unterstützt und mitgetragen von folgenden Institutionen und Verbänden: DPVT, FAMAB, ILEA, ISDV, IHK Hessen, THM Mittelhessen, TU Chemnitz, visitBerlin und VPLT.

Die medizinisch-wissenschaftliche Beratung erfolgte durch Prof. Dr. med. Klaus-Peter Hunfeld, MPH, Facharzt für Labormedizin, Medizinische Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie, Krankenhaushygiene, Frankfurt, PD Dr. med. Frank-Albert Pitten, Facharzt für Hygiene und Umweltmedizin, Institut für Krankenhaushygiene und Infektionskontrolle (IKI), Gießen und Prof. Dr. med. Prof. h. c. (MNG) Walter Popp, Fach- arzt für Innere Medizin, Arbeitsmedizin, Hygiene; Ärztliches Qualitätsmanagement, ABS- Experte (DGKH), Dortmund.

EMPFEHLUNGEN ZU SCHUTZLEITLINIEN

Die nachfolgenden Empfehlungen stehen im Einklang mit den „Key Planning Recommendations for Mass Gath- erings in the Context of COVID-19“ der WHO (Stand 19.03.2020), den Standards zum Arbeitsschutz SARS-CoV-2 des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales sowie den allgemein gültigen Richtlinien und Definitionen des jeweiligen bauordnungsrechtlichen Regelwerks der Bundesländer, insbesondere der Versammlungsstättenver- ordnungen, der Länderbauordnungen und der Richtlinien zu Fliegenden Bauten:

SCHUTZLEITLINIE A:

Veranstaltungen können grundsätzlich im Rahmen der vorgenannten, gängigen Regeln durchgeführt wer- den, wenn sichergestellt werden kann, dass während der gesamten Dauer einer Veranstaltung (Aufbau, Durchführung, Abbau) alle involvierten und anwesenden Personen (Veranstaltungsbesucher sowie alle im Rahmen der Veranstaltung beschäftigten Dienstleister, Mitarbeiter, Künstler) nachweislich nicht anste- ckend mit COVID-19 sind bzw. bereits eine Immunität erlangt haben.

Für alle Veranstaltungen ist grundsätzlich eine manipulationssichere Teilnehmerliste („Teilnehmermanage- ment“ und „Mitarbeiterakkreditierung“) inkl. der Erfassung der Anwesenheits- und der Arbeitszeiten zu führen. Eine lückenlose und datenschutzkonforme Nachverfolgung wird sichergestellt und bei Bedarf den Behörden zur Verfügung gestellt. Zudem wird die Nutzung einer Tracing-App ausdrücklich empfohlen. Ergänzend dazu gelten weiterhin die zum Veranstaltungszeitpunkt gültigen und bekannten Hygienevor- schriften, die im Rahmen mit COVID-19 seitens des RKI herausgegeben werden.

[Anmerkung der Autoren: Den Autoren ist bewusst, dass diese Schutzleitlinie zum Zeitpunkt des Verfassens an dieser Stelle so noch nicht darstellbar ist; diese Schutzleitlinie beruht auf der Annahme, dass durch tech- nische und wissenschaftliche Fortschritte (Schnelltests) der Nachweis einer erlangten Immunität bzw. einer akut vorliegenden Erkrankung mit COVID-19 dargestellt werden kann.]

SCHUTZLEITLINIE B:

Wenn die Ausführungen aus Schutzleitlinie A nicht sichergestellt werden können, können Veranstaltungen durchgeführt werden, wenn ergänzende Regelungen zur Einhaltung von Mindestabständen und von zu- sätzlichen Hygienekonzepten eingehalten werden.

Hierzu bedarf es einer dokumentierten Risikoanalyse des Veranstalters, welche auf einem in Zusammen- arbeit mit einem unabhängigen Institut zu erstellenden, allgemeinen Hygienekonzept aufbaut.

SCHUTZLEITLINIE C:

Sollten Mindestabstände in Einzelfällen oder in einzelnen Bereichen des Veranstaltungsortes nicht umsetz- bar sein, gelten erhöhte Hygienebedingungen und Hygienemaßnahmen. Diese sind in der Risikoanalyse ausdrücklich zu benennen und behördlich zu genehmigen.

Die vorgenannten Schutzleitlinien werden anhand eines Stufenleitplanes zur Durchführung von Veranstal- tungen für die Bewertung der maximal zulässigen Personenzahl bei Veranstaltungen zusätzlich reguliert. Somit werden flexible Anpassungen an die jeweilige regionale Situation ermöglicht (s. Anhang).

Die Bemessung der Abstufungen wird in 4 Phasen vorgenommen; der Härtegrad bemisst sich z.B. anhand der Basis-Reproduktionsrate (R0) nach vorheriger Abstimmung mit den zuständigen Behörden.
Die Abstufung berücksichtigt ebenfalls die jeweilige Inzidenzrate im Herkunftskreis der Besucher (z.B. bei nationalen Veranstaltungsbesuchern die nationale Inzidenzrate, bei regionalen Veranstaltungsbesuchern die Inzidenzrate der Region).

Veranstaltungssicherheit im Kontext von COVD-19 V 2.0 vom 28.04.2020 |

AUSFÜHRUNGEN ZU SCHUTZLEITLINIE A:

Allgemeine Vorschriften zur Durchführung von Veranstaltungen

Zur Sicherstellung, dass Besucher und weitere Beteiligte nicht ansteckend sind, gilt der schriftliche Nachweis von Immunität oder der Nachweis, dass keine akute Erkrankung vorliegt. Dieser Nachweis erfolgt durch einen Abstrichtest, der am Vorabend durchgeführt wird. Die Umsetzung der Testung ist, nach vorheriger Abstimmung mit den zuständigen Gesundheitsbehörden, von potentiellen Vertragspartnern (Testlaboren) sicherzustellen. Alternativ kann ein Test (Schnelltest), der direkt vor Ort durchgeführt wird, als Nachweis dienen. Auch dieser Schnelltest erfolgt nach vorheriger Abstimmung mit den zuständigen Gesundheitsbehörden. Der Test ist freiwil- lig; sofern ein Veranstaltungsbesucher bzw. ein beschäftigter Dienstleister, Mitarbeiter, Künstler den Test nicht durchführt, kann kein Zutritt zum Veranstaltungsort gestattet werden. Der Veranstalter trägt für die Durch- führung und Auswertung der Tests sämtliche Kosten. Der Schutz personenbezogener Daten wird sichergestellt.

Während der gesamten Dauer der Veranstaltung muss sichergestellt werden, dass keine unbefugten Personen das Gelände der Veranstaltung betreten können.

Grundsätzlich müssen alle involvierten und anwesenden Personen ihren Mund-Nasen-Schutz bei sich führen und im Störungsfall (z.B. bei Evakuierung, Brandfall etc.) den Aufforderungen des anwesenden Ordnungsper- sonals folgen. Der Veranstalter muss zusätzlich ausreichend Mund-Nasen-Schutz vorhalten und bei individuel- lem Bedarf bereits beim Zugang zum Veranstaltungsort aushändigen.

ALLGEMEINE HYGIENEVORSCHRIFTEN:

Türen zu den jeweiligen Räumlichkeiten innerhalb des Veranstaltungsortes sind, soweit zulässig, offen zu halten (ausgenommen Räume mit elektronisch gesteuerten Türen), so dass eine Virusübertragung über die Türklinken vermieden werden kann.

Türklinken, Handläufe bei Treppenanlagen, häufige genutzte Oberflächen (Mobiliar, Tische, Tresen, Toiletten, insbesondere Toilettenspülung, Wasserhähne etc.) sind regelmäßig (mehrmals stündlich) zu reinigen und zu desinfizieren. Wo möglich ist eine temporäre Versiegelung von hochfrequentierten Oberflächen (Handläufe, Garderoben- und Akkreditierungscounter, Besuchermobiliar etc.) mit geeigneten Mitteln vorzunehmen.

An sämtlichen Zu- und Ausgängen des Veranstaltungsortes sind Spender mit Desinfektionsmittel gut sichtbar zu installieren. Darüber hinaus sind individuell mind. 1 Spender pro 50 Besucher an neuralgischen Stellen inner- halb des Veranstaltungsortes vorzuhalten. In den Toilettenanlagen sind ebenfalls ausreichend Spender mit Desinfektionsmittel zur Verfügung zu stellen.

REGELUNGEN FÜR MITWIRKENDE UND PERSONAL:

Die Anzahl der gleichzeitig tätigen Personen innerhalb des Veranstaltungsortes wird durch eine Entzerrung bereits während der Auf- und Abbauarbeiten sowie durch Bildung kleinerer Arbeitsgruppen mit zeitlich fest definierten Arbeitsbereichen reduziert. Die Berücksichtigung der Hygienevorschriften, der Abstandsregelungen und der weiteren Arbeitsschutzstandards SARS-CoV-2 (BMAS) wird jederzeit gewährleistet.

Durch eine Erfassung aller Mitwirkenden der verschiedenen Gewerke im Vorfeld sowie der lückenlosen zeit- lichen Erfassung der An- und Abwesenheiten am Veranstaltungsort müssen jederzeit alle an der Veranstaltung beteiligten Personen samt Kontaktdaten zur Nachverfolgung möglicher Infektionsketten auch im Nachgang der Veranstaltung den Gesundheitsbehörden zugänglich gemacht werden können.

Eine Einweisung in die am Veranstaltungsort eingebrachten Hygieneschutzmaßnahmen, erforderlichen Ver- haltensregeln sowie in Verantwortlichkeiten und Ansprechpartner wird – vor Ort in schriftlicher und visueller Form (barrierefrei) im Vorfeld sowie beim Betreten des Veranstaltungsortes – gewährleistet.

Alle Mitwirkenden und involvierten Mitarbeiter einer Veranstaltung werden vorab durch den jeweiligen Arbeit- geber über die Notwendigkeit des persönlichen Mitführens und etwaigen Tragens eines Mund-Nasen-Schutzes informiert. Dieser ist innerhalb des Veranstaltungsortes jederzeit bei sich zu führen und bei drohender Unter- schreitung der Mindestabstände zu tragen. Zuwiderhandlungen können zum Ausschluss von Personen führen.

Veranstaltungssicherheit im Kontext von COVD-19 V 2.0 vom 28.04.2020 |

 

AUSFÜHRUNGEN ZU SCHUTZLEITLINIE B:

Ergänzende Regelungen zur Einhaltung von Mindestabständen und von zusätzlichen Hygienekonzepten

Wenn die Ausführungen aus Schutzleitlinie A nicht sichergestellt werden können, sind folgende Maßnahmen zu ergreifen:

VORGABEN AN DEN VERANSTALTUNGSORT:

Für den jeweiligen Veranstaltungsort ist zunächst eine Differenzierung der Abstandsdefinition und -kontrolle nach Aufenthaltsflächen, Bewegungsflächen und Sonderflächen vorzunehmen:

Unter Aufenthaltsflächen fallen sämtliche Bereiche eines Veranstaltungsortes, in denen Veranstaltungsbe- sucher sich für einen Zeitraum stationär aufhalten können und von einem höheren Risiko des längerfristigen Personenkontaktes ausgegangen werden muss. Beispiele sind hierfür u.a.: Vortragsbereiche, Cateringbereiche, Akkreditierung, Garderobenflächen, Sanitäranlagen. In diesen Bereichen muss der allgemein gültige Mindest- abstand von 1,5m zwischen Personen zu jeder Zeit gewährleistet und kontrollierbar sein.

 

 

 

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