Yannick Fraatz: Die großen Schuhe eines großen Vaters

Foto: Jochen Classen

Handball-Bundesligist BHC baut auf seinen 19jährigen „Jung-Löwen“ Yannick Fraatz, der einen ganz berühmten Vater hat: Handball-Legende Jochen Fraatz. Passen ihm die großen Schuhe seines Herrn Papa?

Aus unserer November-Print-Ausgabe – Wuppertal, 14.11.2018 – Es gab Fachleute, die hielten ihn für den begabtesten Handballer der Welt. Immer wenn Handball-Star Jochen Fraatz zum trickreichen Tempo-Gegenstoß anlief, bedeutete dies für die Gegner nichts Gutes. Insgesamt erzielte er in 441Bundesligaspielen 2.660 Tore, die drittmeisten in der Bundesligageschichte!

In der DHB-Nationalmannschaft traf er in 185 Spielen 809 Mal ins gegnerische Tor (davon 166 Siebenmeter). Mann nannte ihn „Scholle“, wohl weil er in Cuxhaven geboren wurde. Gespielt hatte er in seiner aktiven Laufbahn bei TUSEM Essen, der TSG Nordhorn und dem TBV Lemgo.

Als er im Mai 2001 seine aktive Karriere beendete, hatte er neun Titel geholt, zwei Europapokalsiege, drei deutsche Meisterschaften und vier Pokalsiege. In der DHB-Auswahl traf er in 185 Spielen 809 Mal. Der Olympia-Silbermadaillengewinner von 1984 in Los Angeles Jochen Fraatz wurde nicht umsonst mit dem „Handball-Oscar“ ausgezeichnet.

Tragisch: Im Jahr 2013 wurde bei Jochen Fraatz Multiple Sklerose diagnostiziert. Sein ehemaliger Mitspieler und spätere Bundestrainer Simon Schobel meint einst: „So einer wie Scholle wird nur alle hundert Jahre geboren.“

Einer seiner beiden Sprößlinge, nämlich Yannick Fraatz, spielt seit dieser Spielzeit beim Bergischen HC in der ersten Handball-Bundesliga, der eigenem Bekunden nach „stärksten Liga der Welt“. Er ist ein Hoffnungsträger bei den „Bergischen Löwen“.

Der Junioren-Nationalspieler kam von der HSG Nordhorn-Lingen und unterzeichnete beim BHC einen Vier-Jahres-Vertrag bis Sommer 2022. Im Profikader des Nordhorner Zweitligisten hatte er sich in den beiden vergangenen Jahren zum Leistungsträger und Stammspieler entwickelt. In 57 Einsätzen erzielte er dort 98 Tore.

Wie sein Vater ist er Linkshänder, seine Position Rechtsaußen. Wie er ist er schnell und sprungstark und verfügt für sein Alter von jetzt 19 Jahren bereits über eine gutes Spielverständnis. Yannick Fraatz scheint tatsächlich das sportliche Talent von seinem Vater geerbt zu haben. Einen spektakulären Auftritt hatte der Jung-Löwe zuletzt im Spiel des BHC in Wetzlar, als er sich am 4. Oktober beim 27:25-Erfolg mit sieben Toren und einer hundertprozentigen Trefferquote ins Blickfeld warf.

Der „Junglöwe“ hatte durch die Erkältung von Stamm-Rechtsaußen Arnor Gunnarsson die Gelegenheit, sich auf dieser Position zu bewähren und ergriff diese Chance. „Sieben Treffer bei sieben Versuchen, gut gedeckt – stark“, lautet das sachliche Lob von BHC-Trainer Sebastian Hinze.

Die klare Nummer eins auf seiner Position ist und bleibt indessen der 76fache isländische Nationalspieler 31jährige Arnor Gunnarsson, was man ihm schon bei der Verpflichtung deutlich gesagt hatte. Der 1,80 Meter große und 80 Kilogramm schwere rechte Außenspieler steht seit 2012 beim Bergischen HC unter Vertrag und ist hier der Leistungsträger schlechthin. Er trägt ebenfalls ein bemerkenswertes „Familien-Gen“.

Sein 29jähriger Bruder Aron Gunnarsson ist isländischer Fußall-Nationalspieler, der als Kapitän seines Teams bei der Europameisterschaft 2016 in Frankreich nach Erfolgen gegen England sensationell bis ins Viertelfinale vorstieß und hier erst gegen die Franzosen mit 2:5 unterlag.

Yannick Fraatz will indessen weiter auf seine Chance warten. Er hat beim BHC nach eigener Aussage voll auf die Karte Handball gesetzt: „Wenn es gut läuft, mache ich das noch etwas länger, wenn nicht, beginne ich ein Studium im Sportbereich. Es ist das erste Mal, dass ich nicht zu Haue wohne. Das wird mir auch helfen, mich menschlich weiterzuentwickeln“, sagte Yannick Fraatz.

Seine Jugend und sein erkennbares Talent dürfte für ihn und seine Ambitionen sprechen, schon bald Stammspieler in der ersten Handball-Bundesliga zu sein. Sein Trainer Sebastian Hinze prophezeit Yannick jedenfalls eine große Zukunft.

Text: Siegfried Jähne

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