20. Februar 2016

Auf Tuchfühlung mit dem Pflege-Igel

Wer sich für den Tierschutz in der Region engagieren will, hat die Möglichkeit, einen Pflege-Igel aufzunehmen. Unsere Redakteurin Mirja Dahlmann beherbergte sechs Wochen lang einen in Not geratenen Jungigel in ihrer Wohnung.

Aus unserer Print-Ausgabe. Rund 80 Tiere leben in der Igelstation von Monika Thomas und über jedes wird Kartei geführt. Wir bekommen Nummer 308. Die rund 400 Gramm schwere Igel-Dame soll uns nun nach Oberbarmen begleiten. Da wir das Tier nicht immer mit einer schnöden Nummer ansprechen wollen, taufen wir die stachelbewehrte Mitbewohnerin auf den Namen Krimhild. Ob der Igel in einen Katzenhaushalt darf, haben wir zuvor erfragt.

„Katzen und Igel kann man ohne Probleme zusammen halten“, klärt Thomas auf: „Wie vom Verein angekündigt, beobachten die Katzen den Igel dabei neugierig, halten aber eine respektvolle Distanz. Auch nach Wochen ist ihnen ihr Mitbewohner immer noch nicht geheuer. Die in einem Fachbuch geforderte Trennung von Igel und Haustieren erfolgt auf unkomplizierte Weise automatisch. Hunde hingegen stellen in freier Wildbahn häufig eine Bedrohung dar und sollten ferngehalten werden.

Da der Igel ein Wild- und kein Haustier ist, benötigt er auch in Gefangenschaft rund zwei Quadratmeter Fläche. Das ist recht wenig, bedenkt man, dass der Igel in lauen Sommernächten viele Kilometer auf der Suche nach Nahrung zurücklegt. Bei uns lebt sie in einer mit Zeitungspapier ausgelegten Kartonburg. Zusätzliches Material wird für die Schlafhöhle benötigt. Schnell wird uns klar, dass dieses Papier in den nächsten Wochen eine wichtige Ressource werden wird. Da Krimhild jede Nacht rund 150 Gramm – ein Viertel Ihres momentanen Körpergewichts – Katzenfutter, Hackfleisch oder Rührei vertilgt, finden sich zahlreiche stinkende kleine Häufchen in ihrem Domizil.

Kurios ist, dass die kleinen Tiere gern die rund 50 Zentimeter hohen Wände des Kartons als Toilette benutzen. Man habe in der Igelstation durchaus schon Igel gesehen, die sich die Mühe für einen Handstand machten. Angesichts der Papierknappheit opfere ich Arbeitsproben und entwende auch sämtliche kostenlose Wochenzeitungen der Konkurrenz aus dem Hausflur. Die Verwendung dieses Materials ist übrigens alternativlos. Stoffreste sind zum Beispiel nicht zu empfehlen, da sich der Igel in heraushängenden Fäden verheddern und sich den Fuß abschnüren kann.

Beim Igel-Netzwerk werden alle Tiere vor der Vermittlung von Parasiten befreit – auch Krimhild. In der freien Natur, so berichtet uns Thomas, lebe der Igel in Einklang mit seinen Parasiten. Geschwächte und unterernährte Igel benötigten jedoch medizinische Unterstützung. Dass Krimhild diese ebenfalls braucht, zeigt sich an ihrem hartnäckigen Husten. Nachdem wir unseren Schützling nach rund drei Wochen auf ein Gewicht von 600 Gramm gebracht haben, muss sie sich eine weitere Spritze bei Thomas abholen und zwei Tage zur Beobachtung bleiben.

Unsere Aufgabe ist es danach, ihr für die kommenden fünf Tage das Mittel Flubemol, eine Breitspektrum-Wurmkur, unter das Abendessen zu mischen. Dies zeigt Wirkung, denn der Husten bleibt aus. Neben der Zubereitung der Nahrung, die sich abwechslungsreich gestalten sollte, gehört das wöchentliche Wiegen zu unseren Aufgaben. Ab einem Gewicht von 750 Gramm kann unsere Mitbewohnerin ihr Winterquartier auf unserem Balkon beziehen. Dieses besteht aus einer großen, windgeschützten Box, in der ein kleiner, mit Zeitungspapier isolierter Karton steht. Während dieser Zeit sinkt die Körpertemperatur unseres Schützlings auf ein bis fünf Grad und das Herz wird nur noch zwei bis zwölfmal in der Minute schlagen. Gute Nacht, wir sehen uns im Frühling wieder!

Mehr unter: www.igelschutz-wuppertal.de.

Text: Mirja Dahlmann

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