2. Februar 2016

Spurensuche nach WSV-Legenden: Emil Meisen

Was ist aus den WSV-Helden von damals geworden? Horst Szymaniak, Manfred Reichert oder Trainer Horst Buhtz sind leider schon tot. Doch in der Erinnerung leben sie weiter. Was machen aber Torjäger Günter Pröpper, Torhüter Manfred Müller oder Flügel-Flitzer Gustl Jung? In unserer neuen Serie "Spurensuche nach WSV-Legenden" spüren wir die einstigen Wuppertal Fußball-Stars für Sie auf. Treffen Sie heute in der ersten Folge Emil Meisen (76) wieder.

 

In nur neun Jahren schaffte er es bis zum Fußballhimmel: Emil Meisen ist der personifizierte WSV-Erfolg!

Sein letztes Spiel für den Wuppertaler SV bestritt er am 18. Mai 1974. Im Stuttgarter Neckarstadion erkämpfte der WSV ein 2:2-Unentschieden und sicherte sich damit den Bundesligaklassenerhalt. 350 Mal war Emil Meisen, der „Gentleman am Ball“, für den WSV von 1963 an aufgelaufen. Dies in einer Ära, in der der Verein seine größten Erfolge feiern konnte. Mit seinem berufsbedingten Abgang von der Fußballbühne (mit fast 34) ging auch die große Zeit der Rot-Blauen zu Ende. In seiner Glanzzeit fand sich der Wuppertaler SV nicht nur im Spitzenfeld der ersten Fußball-Bundesliga wieder, sondern auch im Europapokal (UEFA-Pokal). Allerdings gab es hier bereits in der ersten Runde gegen den polnischen Vertreter Ruch Chorzow (früher Königshütte) das frühe „Aus“. Wir trafen Emil Meisen jetzt in seinem Wohndomizil Düsseldorf bei bester Gesundheit und wohlgelaunt an der Seite seiner Frau Edith, mit der er seit 53 Jahren verheiratet ist.

Unser Gespräch, eine hochemotionale Reise in die Vergangenheit. Erinnerungen wurden wach an die Aufstiegsrunde zur Bundesliga 1971/72, als die Mannschaft unter Trainer Horst Buhtz zuvor souveräner Meister geworden war. Hier gewann der WSV alle acht Partien – einmalig in der von 1964 bis 1974 währenden Geschichte der Aufstiegsrunde. Das hatten weder Bayern München noch Borussia Mönchengladbach trotz Müller und Beckenbauer, Netzer und Heynckes geschafft. Erinnerungen aber auch an die großen Spiele in der deutschen Eliteklasse. Als Abstiegskandidat gehandelt, schockte der WSV in seiner ersten Spielzeit in der Bundesliga die Konkurrenz und belegte am Saisonende einen vielbeachteten vierten Platz, der gleichzeitig die Qualifikation zum UEFA-Pokal bedeutete. Erinnerungen aber auch insbesondere an die Spiele gegen seinen Lieblingsverein Bayern München mit dessen „Weltfußballer“ Franz Beckenbauer, bei dem das 1:1 vor über 40.000 Zuschauern am 4. Oktobers 1972 im Stadion am Zoo sicher zu den absoluten Karriere-Höhepunkten zählte. Meisen spielte hier einen technisch starken Libero vor Torwart Manfred Müller, in einer Elf, die mit Günter Pröpper, Bernd Hermes, Gustl Jung, Dieter Lömm, Herbert Stöckl und Manni Reichert ihre herausragenden Akteure hatte.

Der Fußball in Deutschland hat nach Emil Meisens Einschätzung eine so enorme Entwicklung genommen, dass sich alle Vergleiche zu „seiner Zeit“ verbieten würden. Er selbst hatte während der gesamten Zeit neben dem Fußball noch einen Job. Im Jahre 1963 bei seinem Start in Wuppertal (er kam vom SV Neukirchen) erfüllte sich der Wunsch „Bundesligaaufstieg“ nicht. Der WSV verlor die beiden Qualifikationsspiele gegen den Südwestvertreter FK Pirmasens (0:2/1:2). Den ersten sportlichen Höhepunkt in Wuppertal erlebte Meisen im DFB- Halbfinalspiel am 7. August 1963 vor 38.000 Zuschauern im Stadion am Zoo gegen den Hamburger SV. Die Mannen um Uwe Seeler und Charly Dörfel zogen mit einem knappen 1:0-Erfolg in das Finale ein. Unter Trainer Robert Gebhardt bildete Meisen zusammen mit Manfred Reichert und Werner Tönges das Innentrio im Sturm. Die Rot-Blauen vom Stadion am Zoo errangen mit Spielern wie Günter Augustat, Erich Haase, Günter Jäger, Jürgen Papies, Manfred Reichert und Meisen hinter Meister Alemannia Aachen immerhin die Vizemeisterschaft in der Regionalliga West, dem Unterbau der Bundesliga. Danach aber gab es eine Flaute, ehe 1968 mit Horst Buhtz einer der besten Fußball-Trainer der damaligen Zeit von Hannover 96 nach Wuppertal kam.

„Heute gehe ich nicht mehr zum Fußball, verfolge aber alle wichtigen Spiele im Fernsehen“, verriet er uns. Auch das Geschehen rund um den Wuppertaler SV beobachte er sehr erfreut, allerdings aus einer räumlichen Distanz. Mit Genugtuung nimmt er wahr, dass der WSV wieder an bessere Zeiten anknüpft. Eine Großstadt wie Wuppertal brauche einfach eine Spitzenmannschaft im Fußball, so seine feste Überzeugung: „Gut, wenn das auch die Unternehmen der Stadt begreifen“. „Sein Verein“, der Club seines Herzens und dies schon seit Jahrzehnten, kommt indessen nicht aus dem Rhein-Wupper-Raum, sondern aus Bayern: „Ich bin seit 1999 Mitglied des FCB“. Auch zum Thema Uli Hoeneß bezieht er klar Stellung: „Ihm allein hat man in München den Aufstieg in die Weltspitze des Fußballs zu verdanken. So eine Kaliber in Wuppertal und man wäre niemals in der Versenkung verschwunden!“

Das alte Fußball-Erfolgsrezept „Elf Freunde müßt ihr sein“, sieht Emil Meisen indessen als „Ganzheitskonzept“ widerlegt und für Soziologen nicht uninteressant. „Ich habe heute zu keinem einzigen Spieler aus der Bundesligazeit Kontakt, was sicherlich den örtlichen Gegebenheiten geschuldet ist.“ Stattdessen ist die Familie mit seinen beiden Enkelkindern in den Mittelpunkt seines Lebens gerückt. Emil Meisen genießt nach eigenen Worten die Ruhe, am liebsten im Garten, brauche keine Events mehr. Er lebt im „Hier und Jetzt“, mit seiner großen sportlichen Vergangenheit hat er so gut wie abgeschlossen. Bilder, Alben aus alter Zeit, werden kaum noch angerührt, es sei denn ein Journalist fragt, wie jetzt, noch einmal nach.

Text: Siegfried Jähne

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