22. August 2025Peter Pionke
Wuppertal auf dem Weg zur Weltstadt der Murals

Das ist ein Stück Internationalität für jeden Wuppertaler Stadtteil, eine künstlerische Darbietung der verschiedenen Kulturen, eingefangen in Bewegung und transformiert in Kunst. „Wuppertal tanzt“ setzt sich mit den 15 internationalen Tanz-Koproduktionen Pina Bauschs auseinander und verwandelt diese von Tanzkunst in imposante Wandkunst. Die Pina Bausch Gallery „Wuppertal tanzt“ wird aus Mitteln der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) gefördert, sowie vom Bundestagsabgeordneten Helge Lindh unterstützt.
EDITION 2025 nähert sich dem Ende!
Es liegt eine unglaubliche Zeit hinter Initiatorin Valentina Manojlov und ihren Miststreiterinnen und Mitstreitern. Anfang Juni startete der zweite Teil des Projekts „WUPPERTAL TANZT“ Edition 2025. Seitdem haben sich fantastische internationale Künstler Pina Bausch und ihren Tanzstücken gewidmet und großartige Transformationen in Wandkunst im öffentlichen Raum der Stadt hinterlassen.
Hier ein Rückblick auf die Zeit:
Bezirk Oberbarmen: Pina Porträt „It’s Pina“ – Färberstraße 10 – Street Artist Guido Palmadessa (Berlin)
Anfang Juni 2025 startete der argentinische Street-Art-Künstler Guido Palmadessa aus Berlin mit einem Pina Portrait und schlug damit eine Brücke zwischen Pinas tänzerischen Anfängen an der Folkwang-Musik & Kunsthochschule Essen und der heute weltberühmten Choreografin Pina Bausch.
Während ihrer Zeit an der Folkwang-Hochschule prägten sie wichtige Dozenten, wodurch sie ihre Leidenschaft für den Tanz entwickelte. Dort lernte sie nicht nur die technischen Grundlagen des Tanzes, sondern auch die Bedeutung von Ausdruck und Innovation im Bereich der Bewegung. Diese Erfahrungen legten den Grundstein für ihre spätere kreative Arbeit.
Bezirk Ronsdorf: Tanzstück WIESENLAND (2000) – Kurfürstenstraße 135 & 137 – Street Artist FAT HEAT (Budapest)
„Wiesenland“ beschäftigt sich mit Nähe, Verletzlichkeit und den komplexen Dynamiken menschlicher Beziehungen. Es geht um Berührung, Konflikt, Zusammenhalt und das Scheitern in Beziehungen, oft in einer stark suggestiven, Theaterästhetik-typischen Bildsprache.

Ende Juni reiste der ungarische Graffiti- und Street-Art-Künstler Fat Heat aus Budapest an und schuf zwei Wandbilder an der Kurfürstenstraße als Transformation des Tanzstücks. Das linke Mural zeigt zwei Menschen, die in einer farbenfrohen und inspirierenden Komposition miteinander verbunden sind. Das rechte Wandgemälde zeigt eine Wiesenlandschaft, die die tiefe Verbindung des Tanzstücks zur Natur betont und gleichzeitig eine Verbindung zur bestehenden „Natur“ herstellt.
Bezirk Langerfeld: Tanzstück VIKTOR (1986) – Braunschweigstraße 7 – Street Artist Alice (Rom)
Das Tanzstück „Viktor“ handelt von den Herausforderungen und Emotionen, die mit der Suche nach Identität und Zugehörigkeit verbunden sind. Es thematisiert die innere Zerrissenheit und die Sehnsucht nach Verbindung, während es gleichzeitig die Schönheit und die Schwierigkeiten des Lebens reflektiert.
Die italienische Street-Art-Künstlerin Alice Pasquini, die auf besondere Weise Geschichten über Menschen und ihre Beziehungen erzählt und deren Stencils insbesondere von starken Frauenfiguren geprägt sind, widmet sich der Tänzerin Breanna O’Mara, aufgenommen von dem Berliner Fotografen Oliver Look. Dieser One Shot des Fotografen fängt die Dynamik des Tanzstücks ein: lebendig und emotional im Ausdruck, kraftvoll und dramatisch in der Bewegung.

Bezirk Heckinghausen: Tanzstück DER FENSTERPUTZER (1997) – Ackerstraße 18 – Street Artist CARATOES (New York & Berlin)
Das Tanzstück „Der Fensterputzer ist eine Begegnung mit der elementaren Kraft der Poesie, begleitet vom Rhythmus der Grande Dame des europäischen Tanztheaters. Pina widmet sich in einer poetischen und eindringlichen Auseinandersetzung dem Leben eines Fensterputzers in der pulsierenden Metropole und beleuchtet dabei Themen wie Arbeit, Einsamkeit, Sehnsucht und menschliche Beziehungen.
Das Stück traf auf die belgische Street-Art- und Performerin Cara Toes mit chinesischen Wurzeln, die in ihren Werken die Komplexität des Lebens mit unverfälschter Ehrlichkeit erforscht. Cara Toes verwandelt Pinas Perspektive auf die Welt der Fensterputzer in Hong Kong in einen Einblick in Pinas choreografische Welt und schafft so eine Brücke zu ihrem Innersten – ihrer unermüdlichen Quelle der Inspiration.
Sie widmet diesem Bild ein Gedicht: „Wo Du Dich selbst erkennst, beginnt der einzige Tanz, der zählt.“ Das Gedicht wurde vom Wuppertaler Künstler Le Dudds an die Fassade gemalt, der bekannt ist für seine beeindruckenden Kalligrafien. Ein schöner Moment und eine Brücke in vielerlei Hinsicht.

Bezirk Oberbarmen: Tanzstück NUR DU (1996) – Hügelstraße 7 – Street Artist EL MAC (Los Angeles)
Pina Bauschs Tanzstück „Nur Du“ behandelt Liebe, Intimität, Trennung und menschliche Verbundenheit. Es zeigt intime Szenen, in denen Pina Bausch die Tiefe und Komplexität zwischenmenschlicher Beziehungen auslotet und das Publikum auf eine bewegende Reise durch verschiedene Facetten von Liebe und Verlust mitnimmt.
El Macs Wandbild an der Hügelstraße ist von einem Originalfoto inspiriert, das 1995/1996 während der Tournee des Pina Bausch Ensembles durch die Vereinigten Staaten entstand. Es passt gut zu den alltäglichen Themen, die El Mac in seiner Kunst behandelt, und er fängt darin ehrliche Momente seiner Individuen ein. Gleichzeitig bringt er einen Teil seiner amerikanischen Kultur nach Wuppertal: den Square Dance.
Bezirk Vohwinkel: Tanzstück BAMBOO BLUES (2007) – Rembrandtstraße 5 – Street Artist ANPU VARKEY (Bangalore)
Das Stück BAMBOO BLUES zeigt die indische Kultur durch die Augen der Tänzerinnen und Tänzer und erzählt von Identität, Kultur sowie der Beziehung zwischen Mensch und Natur. Es begegnet den lebendigen, inspirierten Räumen der indischen Künstlerin Anpu Varkey, die mit heiterem Blick ihr Umfeld reflektiert.
Anpu schätzt es, mit Rollen zu brechen und das Ungewöhnliche hervorzuheben. So war sie sofort von Tänzer Pau Aran Gimeno und seinem Tanz im Frauenkleid begeistert, dem sie die Fassade Rembrandtstraße widmet.

Bezirk Cronenberg: Tanzstück DAS MOOS AUF DEM STEIN (2009) – Hastenerstraße 2 – Street Artist INTI (Barcelona)
„Wie das Moos auf dem Stein“ (auch bekannt als „…como el musguito en la piedra, ay sí, sí, sí“) entstand auf einer Reise nach Chile. Das Stück widmet sich der zarten, beharrlichen Kraft des Mooses als Metapher für Ausdauer, Wachstum und Trotz. INTIs Verbindung zu Pina Bauschs Tanzstück war die Musik der chilenischen Folklore-Sängerin Violeta Parra, deren Lieder auch Pina in ihrem Werken verewigt. Hier trifft Kunst auf Kunst und es entstand ein Wandbild, das diesen beiden starken Frauen gewidmet ist, die mit ihrer Kunst bis heute Menschen bewegen und berühren.
Bezirk Elberfeld: Pina Portrait Special – Luisenstraße 28 – Street Artist AKUT (Berlin) – 16.08. – 21.08.2025
Seit dem 21.08.2025 ist das nächste Pina Portrait fertig, mit dem Mitte August der deutsche Street Art-Künstler AKUT aus Berlin an die Fassade Luisenstraße 28 gegangen ist. Für Akut ist das Porträt seit jeher eines der interessantesten und ältesten Sujets der Kunst. Seine fotorealistische Präzisionsmalerei, die unverkennbar Wurzeln im Graffiti der 90er Jahre hat, ist ein Markenzeichen des legendären Graffiti-Kollektivs Ma’Claim und bis heute dein Style.
Akut widmet sich dem Titelbild ihrer englischen Biografie von Marion und versieht das Portrait mit wichtigen Tools ihrer Choreografien. Wie zum Beispiel der Stuhl: Er dient oft als choreografisches Instrument statt bloßen Möbelstücks, als Symbol, Spiegel, Halt, Hindernis oder begrenzter Raum.

EDITION 2025 – Was noch?
Wir nähern uns dem finalen Ende der Pina Bausch Gallery. Hier ein und ein Ausblick auf das, was noch ansteht:
Bezirk Elberfeld-West: Tanzstück DAS MOOS AUF DEM STEIN (2009) / Waldfriedhof Krummacherstraße 25 – Street Artist INTI (Barcelona)
Bis zum 25.08.2025 malt der chilenische Künstler INTI an der Fassade der Kapelle am Friedhof Krummacherstraße 25 noch ein zweites Mural.
Hier, an diesem Ort, schließt sich der Kreis zwischen Mensch und Natur, den Pina in ihrem Stück vertanzt hat und dem der Künstler INTI sich in seiner Kunst widmet. Als Brücke zu Pinas letztem Werk, als Hommage an eine unfassbare Persönlichkeit, als Zeichen an einem besonderen Ort.
Vielleicht hinterlassen wir aber auch nur ein Bild an einer Kapelle, das diesen besonderen Ort als letzte Ruhestätte hervorhebt und dadurch vielleicht – in einem sehr schweren Moment des Lebens – für den einen oder anderen Verlust etwas Leichtigkeit verkörpert, vermittelt oder gar hinterlässt.

Bezirk Heidt: Pina Bausch Portrait Special – Heinrich-Janssen-Straße 11 – Street Artist NILS RVA (Amsterdam) – 28.08. – 01.09.2025
NILS RVA ist ein belgisch-amerikanischer Straßenkünstler und Filmemacher mit Sitz in Amsterdam. Er beschäftigt sich mit Themen wie Intimität, Stärke und Verletzlichkeit. Im Jahr 2023 hat NILS RVA im Urbanen KunstRaum Wuppertal das Kunstwerk „Dominion“ an der Hofaue hinterlassen. Nun wird er sich im Rahmen der Pina Bausch Gallery einem Porträt von Pina widmen.
„THX A LOT“ – Es war uns ein Fest
Valentina Manojlov: „Wir sind unfassbar dankbar, dass wir dieses Projekt Pina Bausch widmen können und dass Salomon Bausch und die Pina Bausch Foundation dieses Projekt mit uns zusammen möglich gemacht haben. Wir hinterlassen somit insgesamt 10 Pina-Tanzwerke und 5 Pina-Portraits, die uns etwas über Pina Bausch und ihr Werk erzählen, die uns aber auch neue Einblicke auf ihre Arbeit durch den Blick der internationalen Künstler geben.“
Und weiter: „Großer Dank geht auch an alle Tänzer – Tsia Chin Yu, Ophelia Young, Julie Shanahan, Breanna O’Mara und Pau Aran Gimeno – die uns erlaubt haben Sie an die Wand zu bringen und die uns immer wieder in unserem Projekt bestärkt haben. Es war uns eine große Ehre dieses Projekt für Pina umsetzen zu können: Internationale Pina Bausch-Transformationen, die von einer Frau erzählen, die auszog, um Bewegung zu erforschen und uns in Bewegung zu setzen.“
PINA BAUSCH GALLERY „WUPPERTAL TANZT“
www.urbaner-kunstraum.de/pina_bausch_gallery/

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