27. Mai 2025

WSV-Vorstand Thomas Richter fordert Liga-Reformen

Der Regionalliga-Klassenerhalt des Wuppertaler SV hing in der abgelaufenen Saison an einem seidenen Faden. Wenn er dennoch sportlich gelang, ist es fraglos ein Verdienst von Trainer Sebastian Tyrala und seinem Team. Dem WSV spielte außerdem in die Karten, dass die Regionalliga West eine Chaos-Saison mit Vereins-Insolvenzen erlebte.

WSV-Sportvorstand Thomas Richter (l.) mit Sportdirektor Gaetano Manno, der jetzt mit weniger Geld eine leistungsstarke Mannschaft aufbauen muss – © Archivfoto Jochen Classen

Ganze Teams wurden zurückgezogen, wie etwa das von Türkspor Dortmund oder KFC Uerdingen, die mitten in der Saison das Handtuch warfen. Und auch der 1. FC Düren trat nach finanziellen Turbulenzen und vielen Spieler-Kündigungen am Ende mit einer nahezu zusammen gewürfelten, chancenlosen Truppe an. Das alles führte zu enormen Wettbewerbsverzerrungen und letztlich zu einer Zerreißprobe für die Liga. Und das darf nicht ohne Konsequenzen bleiben. Deshalb plädiert auch WSV-Sport-Vorstand Thomas Richter vehement für Reformen.

Dass Thema hat eine solche Brisanz, dass sich selbst die bedeutende, überregionale deutsche Frankfurter Allgemeine (F.A.Z.) diesem Geschehen widmete. Sie titelte wegen mehrerer Insolvenzen in ihrer Ausgabe vom 05. April: „Die Regionalliga West ist die größte Pleite-Liga Deutschlands“.

Respektlose Comedy-Veranstaltung

Alle bis dahin erreichten Ergebnisse von Türkspor und Uerdingen mussten in der Tabelle gestrichen werden. Und Düren wurden nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens neun Punkte abgezogen. Damit standen drei „nicht sportliche“ Absteiger quasi schon vor Saisonende fest. Das führte in der Tabelle zu nicht kalkulierbaren Verschiebungen. Ein vierter, jetzt „sportlicher“ Kandidat, gesellte sich mit dem SV Eintracht Hohkeppel noch dazu, weil Borussia Dortmunds U23 nach einer beispiellosen Talfahrt aus der 3. Liga in die Regionalliga abstieg.

Die unter Denkmalschutz stehende Tribüne des Stadions am Zoo ist ein wahres „Schmuckkästchen“ – trotzdem ist sie selten bis zum letzten Platz gefüllt  – © Siegfried Jähne

Einen bundesweit beachteten „Taschenspielertrick“ leisteten sich die Dürener, deren Spieler wegen ausstehender Gehälter im Monat März gekündigt hatten. Die Verantwortlichen des Vereins nutzten eine Lücke in den Statuten und casteten mit Hilfe eines Fußball-Influencers bundesweit vertragslose Spieler, die die eigene, verbliebene U23-Mannschaft, wenn auch am Ende erfolglos, verstärkten. Die einen sprachen von einer Comedy-Veranstaltung, andere, wie Sascha Mölders, Ex-Profi und Trainer des SC Wiedenbrück, von einer respektlosen Aktion gegenüber allen anderen Vereinen.

Anstoß zu längst überfälligen Reformen

Die desaströsen Abläufe in der Regionalliga West geben Anstoß zu längst überfälligen Reformen der Statuten für das „Produkt 4. Liga“.  So hadern Regionalligisten aus dem Norden, Osten und Süden schon seit langem mit der Regelung, dass es in den fünf Regionalligen nur zwei direkte Aufsteiger gibt. Seit Mitte Februar kämpfen diese Viertligisten unter dem Motto „Aufstiegsreform 2025“ für eine Reform der Regionalligen, damit alle Meister direkt aufsteigen. Dieser Initiative haben sich inzwischen auch Vereine aus dem Westen, wie Rot-Weiß Oberhausen und Fortuna Köln, angeschlossen.

Franz Gerber: Es ist eine Ungleichbehandlung

Besonders ungerecht behandelt fühlen sich die Club-Vertreter aus der Regionalliga Nordost dabei: Die Meister aus dem Westen und Südwesten steigen immer direkt auf, weil es hier die meisten Vereine gibt. Die verbliebenen drei Meister der Ligen Nord, Nordost und Bayern spielen dann in einem rotierenden System die restlichen beiden Aufsteiger aus. Dabei, so ihr Argument, gibt es gerade im Osten viele Traditionsvereine und die sehen sich benachteiligt.

WSV-Legende Günter „Meister“ Pröpper macht sich Sorgen um seinen Herzens-Verein – © Siegfried Jähne

Einer ihrer Sprecher ist Franz Gerber (71), Sport-Direktor von Rot-Weiß Erfurt, der einst in Bundesligazeiten beim Wuppertaler SV auf Tore-Jagd ging. Gerber, der in seiner aktiven Zeit ehrfurchtsvoll „Schlangenfranz“ genannt wurde: „Du spielst eine überragende Saison, krönst diese mit der Meisterschaft und verlierst dann durch irgendein unglückliches Tor in der Relegation ein ganzes Jahr. Wirtschaftlich und sportlich gesehen, aber sicher auch aus Sicht der Fans und der Sponsoren stellt das eine Ungleichbehandlung dar, die unbedingt ausgeräumt werden muss.“

Debattiert werden inzwischen Modelle zur Reduzierung der Staffeln von fünf auf vier Regionalligen oder die Aufstockung der 3.Liga. Eine andere Idee ist, eine eigenständige Liga für die U23-Mannschaften der Erst- und Zweitligavereine einzuführen, weil die unter ganz anderen Voraussetzungen antreten können, als die Teams, deren Spieler nicht allein vom Fußball leben.

Ziel das wirtschaftliche Überleben der Vereine

Das wirtschaftliche Momentum steht für den Wuppertaler SV bei allen Reformüberlegungen im Vordergrund. Sport-Vorstand Thomas Richter: „Wir sind mit vielen Vereinen im Gespräch und uns hier auch alle einig, dass die 4. Liga reformbedürftig ist und attraktiver werden muss“. Letztlich gehe es auch um das wirtschaftliche Überleben der Vereine.

In das gleiche Horn stößt Fortuna Kölns Präsident Hanns-Jörg Westendorf, der von einer ‚Totgeburt 4. Liga‘ sprach: „ Auch wenn wir einen direkten Aufsteiger in die 3. Liga haben, sehen wir den wirtschaftlichen Abstand zwischen der 3.Liga und der fünfgleisigen Regionalliga als zu groß an“. Thomas Richter ergänzt: „Man muss wissen, dass beispielsweise die attraktiven Fernsehgelder nur bis zur 3. Liga ausgeschüttet werden.“

Nur wenn die Mannschaft des WSV konstant gute Leistungen abliefert, kommen die Fans auch in Scharen – und das war in den letzten Jahren zu selten der Fall – © Siegfried Jähne

Wer sich die aktuellen Zuschauerzahlen in der Regionalliga West anschaut, weiß wovon die Rede ist, wenn höhere Leistungsdichte und besseren Wettbewerbs-Bedingungen gefordert werden. Da liegt der Wuppertaler SV mit mageren 2.410 im Schnitt und 36.148 Besuchern in der Saison sogar noch an vierter Stelle der Zuschauer-Tabelle –  hinter Duisburg, Oberhausen und Fortuna Köln.

Krösus Aufsteiger MSV Duisburg hatte im Schnitt 16.884 Besucher und kann bei seinen 15 Heimspielen auf 253.256 gezählte Köpfe verweisen. Die „Zebras“ hatten ihre Rekordeinnahme im Spiel gegen RW Oberhausen, wo 27.117 Zuschauer dabei waren. Im Spiel gegen den WSV waren es immerhin noch 24.436. Aber auch auswärts waren die Duisburger ein Publikumsmagnet – und dieser fällt jetzt weg. Die U23 des Drittliga-Absteigers Borussia Dortmund wird diesen Verlust wohl nicht kompensieren können.

Negativrekord mit 50 Zuschauern

Acht Vereine erreichten in ihren Heimspielen dagegen keinen Schnitt von 1.000 Besuchern. Den Negativ-Rekord hält Absteiger Eintracht Hohkeppel, der gegen den SV Rödinghausen nur 50 Zuschauer zählen konnte. Die Hohkeppeler, aus dem Oberbergischen Kreis Lindlar, hatten im Schnitt ganze 290 Besucher pro Heimspiel. Apropos Heimspiel: Sie mussten mangels einer eigenen, geeigneten Sportanlage in Düren spielen – immerhin 87 km von Hohkeppel entfernt. Dennoch waren sie nach eigenem Bekunden dank eines großzügigen Mäzens sogar „aufstiegsambitioniert“.

Lukrative TV-Gelder fließen im Fußball nur bis zur 3. Liga. Hier hat die Regionalliga mit ihren vielen attraktiven Traditionsvereinen einen riesigen Nachholbedarf. Wer hat da ein schlüssiges Konzept? – © Siegfried Jähne

Eine Änderung der Statuten ist nicht vor dem Herbst diese Jahres zu erwarten, wenn die Gremien der Landesverbände und des Deutschen Fußballbundes tagen. Wie immer die Entscheidungsprozesse laufen, der WSV fühlt sich zumindest für die Saison 2025/26 gut gerüstet. Vorstand Thomas Richter: „Wir haben eine solides Budget, das nach unseren Berechnungen auch einem Worst-Case-Szenario standhalten wird“.

Text: Siegfried Jähne

 

 

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