3. April 2024

Christian v. Grumbkow: Habe mit Lippenstift die Wände bemalt

Christian von Grumbkow ist eine Persönlichkeit, die Strahlkraft weit über Wuppertal hinaus besitzt. Seine Bilder werden weltweit gekauft. Der Künstler kann sogar zwei erfolgreiche Karrieren vorweisen: Eine als Musiker, die andere als Maler. 

Ein eingespieltes Team: Christian v. Grumbkow mit seiner Lebensgefährtin Daria Antsiferova – © privat

In ihrem sehenswerten Portrait „Christian v. Grumbkow – Wege zur Farbe“ hat die bekannte Kölner Filmemacherin Martina Kast das künstlerische Schaffen des ehemaligen Dozenten an der Folkwang-Kunsthochschule in Essen damals wie heute in den Fokus genommen.

Die TV-Journalistin besuchte den Maler in seinem Atelier im Schloß Lüntenbeck, begleitete ihn zu Austellungen – bis hin auf die Nordseeinsel Sylt, wo sie ein langes Interview mit Christian v. Grumbkow (77) führte. Der sehr informative und unterhaltsame Film ist übrigens als DVD oder auf USB-Stick erhältlich.

Die STADTZEITUNG widmet dem renommierten, vitalen Wuppertaler Künstler eine dreiteilige Serie: „CvG der Musiker“ – „CvG der Maler“ – „CvG die Persönlichkeit“. Lesen Sie hier Teil 2: „Christian von Grumbkow – Der weltweit erfolgreiche Maler“.

Im großen „Hand aufs Herz“-Interview lässt Christian v. Grumbkow die Geschichte seiner Karriere als Maler Revue passieren: Offen, ehrlich und authentisch.

Christian v. Grumbkow als achtjähriger Schüler – © privat

DS: Wann hatten Sie zum ersten Mal den Pinsel in der Hand?

Christian v. Grumbkow: „Schon als Vierjähriger. Aber das war kein Pinsel, sondern der Lippenstift meiner Mutter. Mit dem habe ich die Treppenhauswände in der Villa der Familie Bayer, in der wir nach dem Krieg wohnen konnten, bemalt. Frau Bayer hat sehr moderat reagiert und mich letztlich dadurch ermutigt „künstlerisch“ unterwegs zu sein. Da meine Mutter übrigens immer wieder mal Aquarelle gemalt hat, war ich sicher auch dadurch angeregt, mich schon sehr früh mit Farben und Pinseln auseinanderzusetzen. Etwas später habe ich dann, wenn ich krank im Bett lag, mit Wachsstiften Bilder von Vincent van Gogh abgemalt. Als Schüler war ich leider häufig krank und die Arbeit mit Farbe hat mich gewissermaßen „getröstet“. Für den normalen Schulalltag war ich – glaube ich – einfach zu sensibel. Wenn man da nicht so funktionierte, wie es die Lehrer wollten, bekam man Prügel. So war das damals noch.“

DS: Wer hat denn überhaupt Ihr künstlerisches Talent entdeckt?

Christian v. Grumbkow: „Das wurde ganz bewusst von meinen Eltern gefördert, indem sie mir Mal-Materialien wie Farben, Pinsel und Leinwände gekauft haben. Die haben sich gedacht: Der Junge ist gut beschäftigt mit seinen beiden Hobbys Musik und Malerei. Im  Gymnasium lief es dagegen bei mir ja nicht so gut. Das war auch der Grund, warum ich dann auf die Waldorfschule gewechselt bin, wo Kunst und Malerei ein wichtiges Fach im Lehrplan waren. Dort wurde mir schon früh vorausgesagt: Du wirst später bestimmt einmal Künstler. Dadurch fühlte ich mich bestätigt und für mich war damit schon früh klar, dass ich Maler werde! Und das wiederum fanden meine Eltern gar nicht gut. Sie hätten es viel lieber gesehen, wenn ich aus Familientradition zum Militär gegangen wäre.“

Impressionen von einer der vielen Studienreisen in die Provence (Südfrankreich) mit Dozent Rudolf Schoofs – © privat

DS: Wo haben Sie nach dem Abitur Kunst studiert?

Christian v. Grumbow: „Ich habe überhaupt kein Abitur gemacht. Ich bin mitten aus der 13. Klasse zu Rudolf Schoofs (03.01.1932 – 28.07.2009) gegangen, Kunstprofessor der Werkkunstschule Wuppertal. Ich habe ihm eine Demo-Mappe mit Arbeiten von mir vorgelegt – beispielsweise Portraits. Und Rudolf Schoofs hat mich sofort angenommen – ohne Aufnahmeprüfung. Ich habe mich dann am nächsten Tag stolz als Schüler der Waldorfschule abgemeldet. Mein Entschluss wurde von meinen Lehrern sogar ausdrücklich unterstützt, weil es damals wie heute im Gegensatz zur eher autoritären Regelschule Konzept der Waldorfschulen ist, das Individuum zu fördern.“

Der Maler Christian v. Grumbkow in Königswinter im Rahmen des „Wald und Sturm“-Projektes – © privat

DS: Können Sie sich noch an Ihre erste Ausstellung erinnern?

Christian v. Grumbkow: „Natürlich. Eine ganze Ausstellungs-Tournee mit Bildern von mir und anderen Kunststudenten fand schon während meines Studiums statt. Und zwar gleich in ganz angesehenen Galerie-Adressen. Denn wir haben als Kunststudenten jedes Jahr mit Rudolf Schoofs im südfranzösischen Künstlerdorf Séguret (Provence) eine vierwöchige Sommerakademie absolviert. Und das für nur 400 DM all inklusive.Dort wurden dann einige der Studentenarbeiten ausgewählt und im Rahmen des deutsch-französischen Kultur-Austauschs als Wanderausstellung in Frankreich und der BRD präsentiert – u.a. im renommierten Nassauischen Kunstverein.“

DS: Inwieweit hat sich Ihr Stil im Laufe Ihrer Karriere gewandelt?

Christian v. Grumbkow: „Bei mir gab es zwei Perioden. Die erste: Am Anfang während meines Studiums war ich so eine Art Impressionist und Landschaftsmaler. Wir mussten ja erst einmal unsere Wahrnehmung schulen, das „richtige Sehen“ lernen. Wie waren angewiesen, ganz einfach die Dinge, die wie sahen und wahrnahmen mit Aquarelltechnik auf Papier zu bringen. Die Ergebnisse waren da noch eher realistisch. Meine Arbeiten wurden aber bereits während des Studiums immer abstrakter. Ich habe damals schon meine eigenen Techniken entwickelt und meine Palette um weitere wasserlösliche Farben wie Tusche und Gouache erweitert. Ich konnte mir bereits in der Provence eine gewisse Leichtigkeit und Sicherheit erarbeiten und fand schon früh viel Anerkennung für meine abstrahierten Landschaftsbilder. Ich spielte mit den Elementen Erde, Wasser, Luft. Beim Betrachter riefen die Bilder Assoziationen über Landschaften hervor, obwohl es eigentlich keine realen Landschaften mehr waren.“

Christian v. Grumbkow beim Schaffen des 12 Meter langen Bildes, das im Foyer der Barmenia-Hauptverwaltung hängt – © privat

DS: Und in welche Richtung ging dann die zweite Periode?

Christian v. Grumbkow: „Ich habe dann eine Zeit lang mit Acrylfarben gearbeitet.  Diese besaßen aber für mich nach 20 Jahren zu wenig Ausdruckskraft. Deshalb bin ich ab den 1990er Jahren auf Ölfarbe umgestiegen. Bei diesem wichtigen Schritt spielte, was ich im Interview über meine musikalische Laufbahn bereits hervorgehoben habe, der tragische Tod meines Bruders Joachim eine große Rolle. Ich wollte und musste einfach etwas Grundlegendes ändern.“

DS: Warum malen Sie nicht mehr gegenständlich?

Christian v. Grumbkow: „Zeichnen ist die Kunst des Erfassens der Welt, von gegenständlichen Motiven, sachlich und analytisch. Beim Malen geht es dagegen mehr um die emotionale Seite der künstlerischen Möglichkeiten. Gegenständliches darzustellen kam mir vor, wie malen nach Zahlen. Zu wenig Spontanität, zu wenig Abenteuer oder Risiko. Ich wollte meine Emotionen auf Leinwand bannen, das war aus heutiger Sicht so etwas wie Selbsttherapie. Ich habe dann mit den Fingern und Handflächen die Leinwände bearbeitet. Danach fühlte ich mich wunderbar und befreit, auch wenn ich halb vergiftet war durch Terpentin und Schwermetalle, was damals noch in den Ölfarben verwendet wurde. Aber die Galeriebesucher waren emotional sehr berührt von dieser Art der Malerei. Und der positive Nebeneffekt: Meine Bilder waren bei Kunst-Fans sehr gefragt.“

Das 12 Meter lange Kunstwerk im Foyer der Barmenia-Hauptverwaltung – © privat

DS: Was hat das mit Ihnen als junger Künstler gemacht, der damals noch gar nicht wusste, wohin der Weg führt?

Christian v. Grumbkow: „Ganze ehrlich, so mit 18 Jahren denkst Du ja noch gar nicht über eine Karriere als Maler nach und bist zunächst mal auf dem Weg, Dich selber zu finden und zu verwirklichen. Ich war früh von zuhause weg, habe gelernt, auf eigenen Beinen zu stehen, z.B. während meines Kunststudiums in Amsterdam. Da denkt man nicht an den Verkauf von Bildern, da wusste ich noch gar nicht, ob ich Künstler werden und davon auch leben kann. Erste Verkäufe (40 abstrakte Aquarelle) für ein neues Hotel in Amsterdam, haben mich dann allerdings sehr schnell dazu motiviert, meinen Weg konsequent weiterzugehen.“

DS: Haben Sie nach Lern- und Ausbildungsphase überhaupt noch einmal gegenständliche Bilder gemalt?

Christian v. Grumbkow: „Immer wieder. Ich habe früher bekanntlich auch realistische Bühnenbilder gemalt und gebe auch heute Mal- und Zeichen-Workshops. Was ich von meinen Schülern verlange, muss ich ihnen zunächst natürlich auch vormachen. Dadurch bin ich eigentlich immer in Übung geblieben. Ich verstehe mich als lehrenden Maler oder malenden Lehrer – wenn man so will. Ich bekomme auch heute ab und zu noch Aufträge, Portraits zu malen. Dabei hilft es mir ungemein, dass ich in der Lage bin, die alten Tugenden wieder hervorzuholen. Hinzu kommt, dass meine Partnerin Daria Antsiferova eine ausgezeichnete Portraitmalerin ist und wir auch schon zusammen Portrait-Projekte und auch Workshops realisiert haben.“

Ein Werk von Christian v. Grumbkow, das im Wuppertaler Von der Heydt-Museum im Rahmen der „Mehr wert“-Ausstellung zu sehen ist – © privat

DS: Haben Sie als Künstler ein Vorbild?

Christian v. Grumbkow: „Vorbilder denen ich nachstrebe habe ich schon lange nicht mehr. Diese kann man ja nur kopieren. Das ist als Künstler sicher der falsche Ansatz. Es gibt aber Maler, die mich inspiriert und beeinflusst haben, um meinen eigenen Stil zu finden. Am Anfang habe ich mich an Rudolf Schoofs und seinen Antikriegs-Grafiken orientiert. Bei einem Lehrauftrag in London habe ich dann die Aquarell-Lichtmalerei von William Turner genau studiert. Das war für mich sehr beeindruckend. Als Schüler fand ich Vincent van Gogh toll, mit Claude Monet konnte ich damals auch sehr viel anfangen. Zwischenzeitlich orientierte ich mich mehr an dem abstrakten Expressionisten Mark Rothko oder an Gotthard Graubner. Ich mag auch die experimentellen Arbeiten von Anselm Kiefer und kann auch einigen Werken von Gerhard Richter etwas abgewinnen. Absolut spannend finde ich auch die flächige Pop-Art von Alex Katz, den ich bei gemeinsamen Ausstellungen in Amerika kennengelernt und jetzt auf einer Messe wiedergetroffen habe.“

DS: Sie waren Kunst-Dozent an der Folkwang-Kunsthochschule in Essen. Wie kamen Sie zu dieser Ehre?

Christian v. Grumbkow: „Ich hatte eine Ausstellung in einer Düsseldorfer Galerie. Dort traf ich die Dozentin für Design an der Essener Folkwang-Kunsthochschule. Sie hatten ihren erklärten Nachfolger im Schlepptau. Beide mochten meine Arbeiten sehr und ich wurde später telefonisch gefragt, ob ich nicht als Dozent für Grundlagen und Drucktechniken einsteigen wolle. Das habe ich gemacht und dann auch zehn Jahre lang ausgehalten. Das war sehr herausfordernd, zumal es parallel auch noch meine Familie und die Musiker-Laufbahn gab. Es war zwar immer wieder die Rede von einer Professur, aber das hat mich weniger gelockt als mit Hoelderlin auf Tournee zu gehen und Schallplatten zu machen. Da auch die Ausstellungstätigkeit mit eigenen Werken immer mehr zunahm, habe ich nach dem 10. Jahr in Essen gekündigt.“

Bildübergabe in Coronazeiten: Christian v. Grumbkow (l.) mit Oberbürgermeister Prof. Dr. Uwe Schneidewind im Barmer Rathaus – © privat

DS: Warum sind Sie immer noch als Mal-Lehrer aktiv?

Christian v. Grumbkow: „Das klingt zwar klischeehaft, aber es spiegelt die Realität wider: Als Maler ist man ziemlich einsam und in erster Linie nur mit sich selbst und seiner Arbeit beschäftigt. Ich bin aber jemand, der gern kommuniziert und ich brauche auch den Austausch mit anderen Menschen. Nicht zuletzt deshalb habe ich meine Malschule. Ich unterrichte schon sehr lange und das weltweit: Wien, Washington, Santa Fee, Toronto oder Amsterdam, um nur einige Stationen aufzuzählen. Jetzt gebe ich meine Malkurse in meinem Atelier im Schloss Lüntenbeck und reise nur noch gelegentlich für Workshops durch die Welt.“

DS: Was wollen Sie Ihren Malschülern vermitteln?

Christian v. Grumbkow: „Ich möchte Ihnen das vermitteln, was ich selbst gelernt habe, nämlich sich die Welt ohne Illusionen so anzuschauen, wie sie wirklich ist: Schön, bunt, dramatisch und manchmal auch schrecklich. Viele Menschen haben verlernt, richtig hinzuschauen. Die Wahrnehmung wird immer schwächer. Dadurch nimmt auch die Wahrnehmung für den Mitmenschen ab. Viele schauen gar nicht mehr richtig hin, sondern gucken nur noch auf ihr Handy. Es macht sich in unserer Gesellschaft immer mehr ein narzisstisches, selbstgespiegeltes Gehabe breit, das macht mir schon ein wenig Angst. Als Gegenmaßnahme versuche ich, meinen Schülern das kreative Schaffen, sprich das Zeichnen und Malen aus sich oder der Natur heraus beizubringen. Es ist ein tolles Hobby, das einen zufrieden und vielleicht auch glücklich macht. Und dank meiner Unterstützung kommen meine Malschüler am Ende auch meistens zu befriedigenden Ergebnissen.“

Dieses Gemälde von Christian v. Grumbkow schmückt das Wohnzimmer eines Sammler-Ehepaares, einen alten Gutshof in der Nähe von Wuppertal in beeindruckender Weise umgestaltet hat – © CvG

DS: Was sind das für Menschen, die bei Ihnen Mal-Unterricht nehmen?

Christian v. Grumbkow: „Das ist ein ganz breiter Querschnitt. Bei mir nehmen ca. 30 Menschen Malunterricht. Die meisten sind Frauen, aber auch vier Männer malen regelmäßig bei mir. Ob jung oder älter, akademisch gebildet oder handwerklich arbeitend, berufstätig oder im Rentenalter, diese sehr bunt zusammen gesetzte Gruppe Menschen, sucht die kreative Herausforderung und eine spannende, erfüllende Freizeitbeschäftigung. Und sie wollen sich damit auch selbst ein Stück weit besser kennen zu lernen.“

DS: Künstler ist kein geschützter Beruf. Jeder Talentfreie darf sich Künstler nennen und sein „Können“ auch an wen auch immer weitergeben. Wie kann ein potentieller Malschüler da überhaupt die Spreu vom Weizen trennen?

Christian v. Grumbkow: „Ich höre von den Bewerbern für meine Malschule immer wieder, dass sie bei anderen Mal-Lehrern nicht das gelernt habe, was sie eigentlich lernen wollten. In der Regel bleiben sie dann Jahre bei mir. Ich bin überzeugt davon, dass sich die Spreu ganz allein vom Weizen trennt. Es geht nicht darum, dass man die Schüler nur irgendwie beschäftigt, indem man ihnen eine Postkarte vor die Nase hält und ihnen sagt: Mal das mal ab. Man muss schon die Fähigkeit haben, in jeder Schülerin und in jedem Schüler das kreative Potential zu wecken, das jeder Mensch als Urkraft in sich trägt. Ziel ist, dass jeder Malschüler ein Stück weit sich selbst erfährt. Die Qualität meines Unterrichts kann man auch daran ablesen, dass eine Reihe meiner Schüler ihre Bilder seit Jahren auf eigenen Ausstellungen präsentieren.“

Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm: Christian v. Grumbkow beim Malunterricht mit seinem Enkel – © privat

DS: Viele Ihre Werke hängen im öffentlichen Raum. Auf welches Werk sind Sie besonders stolz?

Christian v. Grumbkow: „Das muss man differenziert sehen. Gemeint sind sicherlich meine Werke, die beispielsweise in öffentlichen Gebäuden wie der Barmenia-Hauptverwaltung in Wuppertal oder im Hauptsitz der Volkswohlbund in Dortmund hängen. Diese Werke sind echte Maßarbeiten. Wenn eine solche Anfrage kommt, schaue ich mir die Gebäude zunächst genau an. Falls sie noch nicht gebaut sind, verschaffe ich mir anhand der Pläne oder Modelle einen Eindruck. Bei den meisten modernen Gebäuden überwiegen die Farben Weiß, Grau und Schwarz. Da muss ich dann halt einen farbigen Gegenpol setzen. Ich fertige dann immer mehrere, skizzenhafte Vorschläge im Kleinformat an. Das Erstaunliche ist, dass sich der Kunde dann fast immer für die erste Idee, die mir in den Kopf geschossen ist, entscheidet. In solchen Fällen empfinde ich eine große Genugtuung, weil ich mich offensichtlich auf mein intuitives, kreatives Gespür für solch eine Kunst am Bau-Projekt verlassen kann.“

DS: Sie sind in Wuppertal sicher einer der wenigen bildenden Künstler, der von seiner Arbeit leben kann. Was ist Ihr Erfolgsrezept?

Christian v. Grumbkow: „Das ist wirklich schwer zu sagen. Zum einen liegt es wohl an der Kontinuität, weil die Galerie Epikur seit 1981 regelmäßig Ausstellungen mit meinen Arbeiten präsentiert hat. Dadurch war ich mit meinen Bildern nicht nur in Wuppertal, sondern auch in der Umgebung und auch auf den großen Kunst-Messen vertreten. Die Galerie hat mich in den Fokus von rund 3.000 Adressaten gebracht. Alle zwei Jahre eine große Ausstellung mit neuen Werken von mir und der Präsenz in der Presse oder auch im Fernsehen haben mich die ganze Zeit im Blickfeld der regionalen und überregionalen Kunstsammler gehalten. Ich bedauere es sehr, dass die Zusammenarbeit mit dem Galeristen aufgrund einer Erkrankung endete und am Ende leider auch offene Rechnungen zurück blieben. Die Galeristin Martina Janzen hat dann in ihren Galerien in Wuppertal, Düsseldorf und Bayreuth weitere Ausstellungen mit mir organisiert und auch für erfolgreiche Messeauftritte gesorgt.“

Ausstellung in einem Berliner Palais mit den Künstlern Kubach & Kropp, Voss und Gervee – © CvG

DS: Und die weiteren Gründe für Ihren Erfolg?

Christian v. Grumbkow: „Meine Auslands-Ausstellungen, über die in hiesigen Medien entsprechend berichtet wurde. Beispielsweise über meine Ausstellung in einer Galerie in Santa Fe (US-Staat New Mexico), eine der wichtigsten Künstlerstädte der Welt. Dort habe ich eine ganze Zeit lang verbracht und in der Western-Atmosphäre nicht nur die größten Hamburger meines Lebens gegessen, sondern bin auch regelmäßig durch die Wüste gefahren worden. Die dort typischen, schroffen roten Felsformationen habe ich dann in neuen Gemälden thematisiert und verarbeitet. Davon gab es natürlich Bilder im Internet, die auch in Wuppertal gesehen wurden. Eine hiesige Sammlerin hat sogar hat Bilder aus der Serie gekauft. Solche spektakulären Auslands-Ausstellungen haben im Zusammenspiel mit Medien und Social Media erheblich dazu beitragen, dass sich mein Bekanntheitsgrad immer weiter gesteigert hat. Aber das allein macht meinen Erfolg sicher nicht aus. Offensichtlich sprechen meine Bilder die Menschen auch auf eine besondere, emotionale Weise an, die ich selber nicht definieren kann.“

DS: In Ihrem Atelier lagern zig fertige Bilder, die nicht oder noch nicht verkauft wurden. Ist das ein Schicksal, das Sie mit allen anderen Künstlern teilen?

Christian von Grumbkow: „Das kann ich erklären: Dadurch, dass ich im Jahr zwischen sechs und zehn Ausstellungen habe und es glücklicherweise auch einen regelmäßigen Abfluss von Bildern gibt, muss ich ständig für Nachschub sorgen. Jetzt gehen rund 80 Bilder für die Ausstellung „Wasser & Licht“ nach Norderney. Dann ist mein Lager schon sichtbar leerer. Ich brauche einfach so einen Fundus von rund 200 Werken, um alle meine Ausstellungen bedienen zu können. Dazu kommen auch noch viele Leihgaben, die in ganz Deutschland unterwegs sind.“

Christian v. Grumbkow (l.) bei seiner Ausstellung im Vok Dams ATELIERHAUS. Rechts der vor einem Jahr verstorbene weltweit anerkannte Marketing-Experte Vok Dams – © Vok Dams iNotes

DS: Gibt es einen Traum, den Sie sich als Künstler noch erfüllen möchten?

Christian v. Grumbkow: „Träume habe ich eigentlich gar nicht mehr, weil ich mir und anderen nichts mehr beweisen muss. Ich befinde mich derzeit in einem Nachfrage-Hoch und bin froh, wenn ich das alles bewältigen kann. Vielleicht kann man das als meinen Traum bezeichnen: Ich möchte noch lange als Künstler arbeiten können, gesund bleiben, weiterhin den Spaß an meinem Schaffen behalten und die Freude erleben, die Menschen mit meinen Bildern empfinden.“

DS: Also denken Sie erst gar nicht daran, als Maler kürzer zu treten und weniger auszustellen?

Christian v. Grumkow: „Nein! Warum auch. Ich fühle mich fit, bin kreativ wie eh und je und habe den großen Vorteil, dass ich meine künstlerische Arbeit selbst steuern kann. Wenn mir etwas zu viel wird, sage ich es ab oder verschiebe es. Die Galerie-Szene ist zwar unstetig geworden. Alteingesessene Galerien machen zu, neue eröffnen. Das war früher anders. Da hatte man eine Galerie, von der man Jahrzehnte lang gefördert wurde. Eine typische Win:Win Situation. Mein großer Wunsch wäre es, noch einmal die eine renommierte Galerie zu finden, mit der ich über Jahre vertrauensvoll zusammenarbeiten kann und bei mein Nachlass gut vertreten wird.“

Christian v. Grumbkow verkauft Bilder an Kunstfreunde in der ganzen Welt – © privat

DS: Ihre Lebensgefährtin Daria ist auch Künstlerin, inspirieren Sie sich künstlerisch gegenseitig oder geht jeder seinen eigenen Weg?

Christian v. Grumbkow: „Daria ist in erster Linie Architektin und erst in zweiter Linie Künstlerin. Wir ergänzen uns bei den Workshops. Sie war auch eine große Stütze bei der Bewältigung eines großen Portrait-Auftrages. Daria besitzt einfach ein großes Organisationstalent. Und sie ist eine von mir anerkannte und geschätzte Kritikerin. Sie hat einen klaren, unbestechlichen Blick. Schließlich hat Daria auch Kunst studiert, bevor sie ihr Architekturstudium erfolgreich absolviert hat. Sie ist die, die mich spontan kritisieren darf. Daria akzeptiert es aber auch, wenn ich dann das letzte Wort habe und sage: ‚Ich nehme Deine Kritik ernst, aber das bleibt jetzt so!‘ Sie inspiriert mich als Mensch und auch als Künstlerin.“

DS: Sie gehen häufig Kooperationen mit Kollegen ein. Schon erstaunlich, weil die meisten Künstler egoistisch, zum Teil sogar egozentrisch sind. Sie werten damit deren Werke auf und teilen Ihren Erfolg mit ihnen. Woher nehmen Sie die Größe?

Christian v. Grumbkow: „Diese Bewertung teile ich nicht. Ich sehe meine Kooperationen als wertvolle Ergänzung. Den Fotografen Michael Utz beispielsweise schätze ich außerordentlich als Mensch und Künstler. Wir haben eine sehr ähnliche ästhetische Auffassung. Er macht hochsensible Naturfotografien. Das passt sehr gut mit einem Teil meiner Motive mit landschaftlichen Bezügen zusammen. Da haben wir beschlossen, gemeinsam an einem Projekt zu arbeiten. Das Ergebnis war eine gemeinsame Ausstellung, von der wir beide profitiert haben. Bei Benefiz-Projekten mit anderen Künstlern ist es sicher schon einmal vorgekommen, dass Arbeiten von Kolleginnen und Kollegen durch meine Präsenz mehr im Scheinwerferlicht als gewöhnlich gerückt und dadurch auch aufgewertet wurden. Für mich aber kein Problem. Im Gegenteil.“

Erfolgreiche Kunst-Kooperation mit ayurvedischen Koch-Guru Volker Mehl (l.) – © privat

DS: Martina Kast hat Sie in dem Film „Christian v. Grumbkow – Wege zur Farbe“ portraitiert. Zeigt die Filmemacherin Sie so, wie Sie wirklich sind?

Christian v. Grumbkow: „Auf jeden Fall. Ich kann eh keine Rolle spielen. Ich bin immer authentisch. Und das spiegelt der Film meiner Meinung nach auch sehr gut wider. Ich finde mich da wieder – als Mensch und als Künstler.“

DS: Viele Künstler schmücken sich selbst mit einer Aura, tun so, als würden sie mit jedem Pinselstrich die Welt retten. Ihre Message lautet dagegen schlicht und einfach: „Ich male keine Botschaft, keine Gedanken, ich male Farbe“. Understatement?

Christian v. Grumbkow: „Das habe ich vor Jahren gesagt, stehe aber immer noch dazu, obwohl ich ja inzwischen durchaus Statements zur Umwelt, zur Politik und zu sozialen Dingen abgebe. Ich beziehe klar Stellung wie beispielsweise in der Ausstellung ‚Krieg und Frieden‘, wo der Angriff Putins auf die Ukraine thematisiert wird. Bei ‚Wald und Sturm‘ geht es um die Umwelt. Ich male aber keine politischen Plakate, keine Headlines, ich produziere Bilder, die im besten Fall ausdrücken, was ich beim Malen authentisch, emotional gefühlt habe. Wenn dies auch beim Betrachter so rüberkommt, weiß ich, dass ich den Nerv getroffen habe. Unterm Strich male ich immer noch Farbe, allerdings unter dem Einfluss ganz bestimmter Erlebnisse und Erfahrungen. Eines ist mir jedenfalls klar: Mit meinen Bildern kann ich die Welt nicht verändern oder verbessern. Das müssen die Menschen schon von sich heraus tun oder zumindest versuchen.“

Christian v. Grumbkow und Daria Antsiferova im renommierten Künstlerforum Bonn vor einem Werk des Kunstprojektes „Der Wald und der Sturm“. Der Künstlergruppe, deren tragende Säule der Wuppertaler Maler war, wurde dafür inzwischen der „Umwelt Award“ der Stadt Bergisch-Gladbach verliehen – © privat

DS: Sie sind Vater eines Sohn und einer Tochter. Haben diese Ihr künstlerisches Talent geerbt?

Christian v. Grumbkow: „Ich glaube schon, sie haben es aber noch nie so richtig ausgelebt. Mein Sohn Daniel besitzt sicher die nötige Veranlagung. Er hat auch die Aufnahmeprüfung für eine Kunstschule bestanden, aber sich dann letztlich dafür entschieden, Zeitsoldat bei der Bundeswehr zu werden. Er mag aber meine Bilder sehr. Meine Tochter Anna malt auch ein wenig und kommt immer mit meinen beiden Enkeln zum Malen zu mir, worüber ich mich sehr freue. Aber das ist für Anna halt eben nur Hobby.“

DS: Ab Ende März ist eine große Ausstellung von Ihnen mit dem Titel „Wasser & Licht“ im Conversationshaus, dem Wahrzeichen der Nordseeinsel Norderney, zu sehen. Ein erneuter Ritterschlag?

Christian v. Grumbkow: „Die Voraussetzungen dafür sind sehr gut. Das wird eine große Ausstellung mit rund 80 Werken, die sich auf drei Räumlichkeiten verteilen: Auf das Conversationshaus selbst, auf das Foyer des Kurtheaters und dazu oben im Eingangsbereich, der ganz aus Glas besteht. Dort werden achtzehn bemalte Plexiglasscheiben eine Art Kirchenfenster-Effekt verbreiten. Außerdem wird der von Martina Kast produzierte Film über mich im Kurtheater und auf einem Film-Festival laufen, das es seit 25 Jahren auf Norderney gibt. Sehr positiv ist: Im Zeitraum der Ausstellung, die bis Ende Juni geht, werden laut Veranstalter rund 200.000 Menschen meine Bilder zumindest am Rande wahrnehmen. Denn die Feriengäste müssen alle ins Conversationshaus, um dort ihre Kurtaxe zu bezahlen (LOL).“

DS: Vielen Dank für das spannende, offene und ehrliche Gespräch.

Das Interview führte Peter Pionke

Glücklich auf Norderney: Christian v. Grumbkow und Lebensgefährtin Daria Antsiferova – © privat

Link zur Webseite von Christian v. Grumbkow:

http://www.grumbkow-colors.de

LESEN SIE AUCH: „Christian v. Grumbkow sorgte bei Hoelderlin für Farbe“

https://www.die-stadtzeitung.de/index.php/2024/03/15/christian-von-grumbkow-sorgte-bei-hoelderlin-fuer-farbe/

Das Conversationshaus auf Norderney – hier zeigt Christian v. Grumbkow seine Ausstellung „Wasser & Licht“ –  © CvG
Das Plakat zur Ausstellung

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