Wuppertal Botschafter Vok Dams spricht Klartext

„Was wäre unser Wuppertal ohne die Vororte Düsseldorf und Köln?“ Global Marketing Experte Vok Dams spricht über das Gestern und Heute seiner Vaterstadt. 

Marketing-Experte und Galerist Vok Dams © Vok Dams iNotes

Seine Kommunikations-Unternehmen sind auf Marketing-Events und auf Live- Marketing spezialisiert. Sie beraten Auftraggeber, die auf den Weltmärkten zuhause sind, und helfen, deren Kunden rund um den Globus zielgenau zu erreichen. Der Wuppertaler Marketing- Experte Vok Dams bringt alle Partner auf allen Kontinenten erfolgreich zusammen: Für BMW präsentiert er das neueGeländewagen- Modell X5 in Kanada, für Gäste aus allen Erdteilen managt er mit seinem Team das „Deutsche Haus“ bei den Olympischen Spielen in Peking. Den Mythos Porsche 911 konnten 1.800 internationale Händler in Südafrika erleben.

Für „Die Stadtzeitung“ haben Peter Pionke und Hans-Herbert Preising Vok Dams in seinem „ATELIERHAUS“ besucht. In dem nun folgenden kompletten Interview bezieht der international renommierte Weltbürger und Wuppertal-Botschafter Stellung zu Problemen und Chancen seiner Heimatstadt.

DS: In der letzten Zeit hört man und liest – auch bundesweit – viel Negatives über Wuppertal. Was ärgert Sie am meisten?

Vok Dams: „Es gibt keine Hitliste des größten oder kleinsten Ärgers – mir macht jede Art der Kritik an Wuppertal zu schaffen. Es ist traurig, aber wir haben es eben bis heute nicht geschafft, ein starkes, positives Image aufzubauen, das auch jenseits unserer Stadtgrenzen wahrgenommen wird“.

DS: Offenbar hat Wuppertal also ein Image – nämlich ein weitestgehend negatives?

Vok Dams: „Ohne Zweifel. Dabei hat Wuppertal eigentlich viele Stärken und kann auf jede Menge Highlights stolz sein. Es gelingt aber bis heute nicht, sie alle zu einem optimalen, interessanten und wirkungsvollen Bild zusammenzusetzen und dann nachhaltig zu vermarkten.“

DS: Hadern Sie deshalb mit Ihrer Heimatstadt?

Vok Dams: „Es ist nicht meine Art zu lamentieren oder zu klagen. Wie in meinem Beruf definiere ich Probleme als Chancen, die Lösungen anbieten und Wege aufzeigen, damit wir gemeinsam in Wuppertal die gewünschten und angestrebten Ziele erreichen.“

DS: Worauf beruht Ihr Engagement für Wuppertal?

Vok Dams: „Ich bin hier geboren und aufgewachsen. Der „Katernberg“, der dörfliche Vorort, Teil einer wunderbaren Stadt mit der Schwebebahn, dem einmaligen Briller Villenviertel und mit einem landschaftlichen Umfeld und einer Topografie die ihresgleichen sucht. Schon in meiner Kindheit wurde ich wütend, als der kleine Dorfteich neben dem Tante-Emma-Laden in unserer Nachbarschaft zugeschüttet wurde und dann auf der Fläche ein Parkplatz gebaut wurde.“

DS: Vok Dams – schon in seiner Kindheit ein junger Grüner?

Vok Dams: „Von mir aus können Sie das so nennen. Wir haben auf den Wiesen und im Wald gespielt. So wie andere Kinder vom Bauernhof träumen, auf dem sie aufgewachsen sind, so habe ich meine Kindheit und Jugend auf dem Katernberg in Erinnerung. Wenn Sie mich aber schon den „Grünen“ zuordnen, sollten Sie dabei den Freiheitsaspekt und Unternehmergeist nicht vergessen, der mich eher in die Nähe der „freien“ Demokraten rücken würde.“

DS: Wie halten Sie es mit Freundschaften, die in Ihrer Jugendzeit entstanden sind?

Vok Dams: „Freundschaften spielen in diesem Zusammenhang natürlich eine besondere Rolle. Ein Freundeskreis, der in dieser Zeit entstand, hat sich nie aus den Augen verloren und durch die hinzukommenden Partner zusätzliche Bereicherung erfahren. Meine besten Freunde, zum Beispiel die Unternehmerin Brigitte Happich-Reeder, sowie die Anwälte Hans-Peter Runkel, Wolfram und Helmut Schneider leben genauso wie ich, heute noch hier. Und auch Agenturinhaber und Creativdirector Klaus J. Pöhls, der heute in Hamburg lebt, und der Architekt und Künstler Karl F. Schneider, mittlerweile in der Schweiz zuhause, gehören zu diesem Kreis. Wir stehen in ständigem Kontakt miteinander.“

DS: Aber das ist ja auch für einen Weltbürger wie Sie nicht gerade um die Ecke – oder?

Vok Dams: „Stimmt, aber Entfernungen spielen heute ja kaum noch eine Rolle. Es ist ja kein Zufall, dass die ersten außergewöhnlichen Ausstellungen unter dem Titel „Paralleluniversum“ von Karl F. Schneider und unter dem Titel „DigitalArt“ von Klaus J. Pöhls erstmals in unserem „ATELIERHAUS“ gezeigt wurden.“

DS: Johannes Rau hat häufig im Gasthaus „Karpathen“ Skat gedroschen. Haben Sie seinerzeit da auch einmal mitgemischt?

Vok Dams: „Die Karpathen sind hier auf dem Katernberg natürlich eine Institution. Aber der Austausch mit Johannes Rau, seinerzeit Wissenschaftsminister in NRW, erfolgte im Zusammenhang mit meinem Lehrauftrag in Dortmund – Fotografie und audiovisuelle Kommunikation waren die Themen – stärker in Diskussionen über die Verortung der Fotografie in Kunst oder Handwerk. Natürlich spielen Menschen beim Thema Heimat eine wichtige Rolle – aber für mich bedeutet Heimat vor allem positive Erinnerungen, ein lebenswertes Umfeld und eine wunderschöne Landschaft. Aus dieser Perspektive habe ich mich immer nach außen orientiert. Ich sehe mich als begeisterten Europäer, mit einem großen Interesse an anderen Ländern und Kontinenten.“

DS: Weitblick ist Ihnen also wichtiger als Nabelschau?

Vok Dams: „Wer, wie ich, auf dem Katernberg groß geworden ist, braucht nicht nur die schönen Berge in seinem Umfeld, er braucht auch einen weiten Horizont, den Blick aus dem Tal und über das Bergische Land hinaus. Damit verbinden wir die gefestigten Strukturen einer Schweiz im Umfeld ihrer Berge mit der Weltläufigkeit der Niederlande, die einst die Weltmeere eroberten und auch heute international erfolgreich sind.“

Vok Dams, Musiker Charles Petersohn, Kommunikationswissenschaftler Prof. Dr. Helmut Ebert, Unternehmensberater Klaus Pöhls, Foto-Künstler Rupert Warren – © Vok Dams iNotes

DS: Wer seine Kindheit auf dem Katernberg verbracht hat, erinnert sich bestimmt noch mit Grauen an die Bombennächte des 2. Weltkrieges?

Vok Dams: „Ehrlich gesagt: Nur wenig. Fliegeralarm, Flakgeschütze und Elberfeld in Flammen erinnere ich nur bruchstückhaft. Der Katernberg lag etwas außerhalb des Geschehens und ich war wohl noch zu klein. Unvergessen ist aber einer der Winter in meiner frühesten Kindheit. Damals bedeckten regelrechte Schneemassen den Katernberg. Wir waren eingeschneit, abgeschnitten. Und ausgerechnet da bekam ich eine schwere Mittelohrentzündung. Meine Eltern haben sich durch den Schnee gekämpft und mich in eine Decke gehüllt zum Arzt ins Tal getragen. Heute ist das hier bei uns kaum noch vorstellbar.“

DS: Damals haben ja auch die Familien meist noch fest zusammengehalten?

Vok Dams: „Richtig, soweit das während des Krieges möglich war. Ich habe meine Mutter im Krieg verloren. Wir waren im Warthegau in Polen auf einem Gutshof evakuiert. Nach dem Zusammenbruch landete ich mit meiner älteren Schwester allein auf einem polnischen Bauernhof, musste Gänse (vor denen ich Angst hatte) hüten und konnte später, nachdem wir auf abenteuerliche Weise und nach tagelangen Fahrten in einem offenen Viehwaggon wieder in den Westen gelangt waren, dort von meinem Vater in Empfang genommen werden.“

DS: Klingt nicht gerade so, als ob Ihre Startposition optimal gewesen wäre?

Vok Dams: „Das kann man wohl sagen. Die Nachkriegszeit war ein Kapitel für sich. Wir waren zwar zurück auf dem Katernberg, aber in überfüllten Wohnungen, ohne Essen und Kleidung und ohne Heizmaterial. Probleme zu bewältigen, lernt man da sehr früh. Aber ich war als Sohn eines Lehrers, also eines Beamten, privilegiert. So konnte ich meine Ausbildung und mein Studium finanzieren, obwohl auch mein Vater viel zu früh starb.“

DS: Sie sind heute Marketing-Berater und betreuen mit Ihrer Agentur Global-Player auf allen Erdteilen. Was sagt so ein Weltbürger über die kleine Welt der Wuppertaler Kommunalpolitik?

Vok Dams: „Ich bin kein Politiker. Deshalb kann ich das im Einzelnen nur schwer beurteilen. Dazu müsste ich tiefer in die Themen einsteigen. Von den Ergebnissen her bin ich nicht immer erfreut. Ich vergesse bei meiner Kritik aber nie, dass Lokalpolitiker sich bewundernswert engagieren, sich im Rahmen ihrer Fähigkeiten und ihres Spielraums optimal einsetzen und sich in ihrer Freizeit häufig mit Ärgernissen und Kleinkram herumplagen müssen. Letztendlich sorgen sie in Zusammenarbeit mit der Verwaltung dafür, dass unser Gemeinwesen mehr oder weniger gut, funktioniert.“

Christian Von Grumbkow (l.) und der Event-Marketing Experte Vok Dams, in dessen ATELIERHAUS zuletzt von Grumbkow überaus erfolgreiche Ausstellung „Kreative Transformation“ zu sehen war.

DS: Sprechen wir nicht darüber, wie die Asphaltierung von Straße „X“ oder die Beschilderung des Radweges „Y“ zu sehen ist – reden wir darüber, wie Wuppertal vermarktet wird…

Vok Dams: „Gerne, wenden wir uns dem Thema Stadtmarketing zu. Da gibt es aus meiner Sicht seit Jahrzehnten eklatante Schwächen in der Positionierung und in der Kommunikation. Die Stadt WUPPERTAL versteht sich nicht als Marke und verkennt die Bedeutung der Kommunikation nach innen und außen. Und wenn das jemand versteht, wie die Verantwortlichen von Wuppertal-Marketing oder die Stadtspitze, ist es offensichtlich nicht möglich, politische Mehrheiten für konkrete Maßnahmen zu organisieren. In Wuppertal haben wir kein Erkenntnis-, sondern ein Umsetzungsproblem.“

DS: Ein Marketing-Experte wie Sie hat doch bestimmt ein konkretes Beispiel parat?

Vok Dams: „Nehmen wir die derzeit diskutierte Überlegung, Wuppertal als Schwebebahn-Stadt zu kennzeichnen. Eine Stadt-Marke wie Wuppertal braucht ein Alleinstellungsmerkmal und eine Story, die in Erinnerung bleibt. Die Schwebebahn ist unser Alleinstellungsmerkmal, um das uns Städte auf der ganzen Welt beneiden. Die Geschichte mit Tuffi müsste man erfinden, wäre sie nicht tatsächlich passiert. In aller Welt werden wir seit Jahrzehnten darauf angesprochen. Eine Marke neu zu entwickeln kostet viel Zeit, noch mehr Geld und ist nicht immer erfolgreich. Sträflich ist es dagegen, eine vorhandene starke Marke nicht zu nutzen, weiter zu entwickeln und auszubauen. Der Zusatz „Schwebebahn-Stadt“ sollte also unbedingt auf unseren Ortschildern stehen und in der Kommunikation umfassend aufgegriffen werden. Wir benutzen als Agentur seit geraumer Zeit den Begriff der „Erlebnisstadt mit der Schwebebahn“, wenn wir auf die vielen zusätzlichen positiven Aspekte unserer Stadt hinweisen wollen.“

DS: Also nicht eine Frage der Sicht, sondern eine Frage der Kompetenz?

Vok Dams: „Wer erfolgreich kommunizieren will, der muss das professionell machen. Mich erschreckt zum Teil das Niveau auf dem diese Diskussion geführt wird. Marketing ist eine wissenschaftliche Disziplin und sollte nicht von Amateuren ausgeübt werden.“

DS: Aber was nützen die besten Kommunikations-Strategen und –Strategien, wenn es in der Sache hapert, wenn beispielsweise der Hauptbahnhof so aussieht wie er aussieht?

Vok Dams: „Zum Thema Hauptbahnhof müssen Sie die Deutsche Bahn befragen. Vielleicht auch die Wuppertaler Bundestagsabgeordneten. Je klarer die eigene Position ist, je deutlicher die damit verbundenen Ziele kommuniziert werden, umso einfacher wird es sein, die Deutsche Bahn dabei einzubinden. Zumal wir mit dem neuen Döppersberg, also dem Vorplatz, der attraktiven Anbindung an die Wuppertaler Innenstadt, ein deutliches Zeichen setzen. Dass diese Baustelle kommunikativ auch besser genutzt werden könnte, ist noch ein anderes Thema.“

DS: Und weil alles so bescheiden aussieht, holen Sie, so hört man, Ihre Kunden lieber von den Hauptbahnhöfen in Köln oder Düsseldorf ab?

Vok Dams: „Das stimmt, oder auch vom Flughafen. Den Wuppertaler Hauptbahnhof können Sie derzeit niemandem zumuten. Trotz Internet-Telefonie und Video-Konferenzen sowie allen anderen technischen Möglichkeiten spielt es immer noch eine Rolle, wo ein Unternehmen seinen Firmensitz hat. Deshalb ist uns das Image unserer Stadt so wichtig.“

DS: Adressen in Hamburg, Berlin, Frankfurt/Main oder München klingen doch strahlender. Warum halten Sie dennoch an Wuppertal fest?

Vok Dams: „Zum einen darf ich darauf hinweisen, dass wir in Deutschland sechs Niederlassungen haben. Also käme hier im Umfeld nur Düsseldorf oder Köln in Frage. Und zum anderen hält es mein Sohn und Nachfolger Colja in Sachen Wuppertal wie ich: Wir sind hier groß geworden, wir lieben Wuppertal, wir haben mit unserem Unternehmen unsere Wurzeln hier. Und nicht zu vergessen: Wuppertal liegt zentral in Deutschland und auch nicht gerade am Rande Europas.“

DS: Klingt nach Nibelungentreue…?

Vok Dams: „Ist aber auch begründet: Mehrere internationale Flughäfen liegen in der Nähe, tolle Städte sind problemlos zu erreichen. Und wenn ich die topographische Lage Wuppertals sehe, dann weiß ich genau, dass ich weder in Köln, noch in Düsseldorf oder dem Ruhrgebiet so attraktive Wohnungs- und Arbeitsmöglichkeiten habe wie in Wuppertal.“

Haben das Heft fest in der Hand: Firmengründer Vok Dams mit seinem Sohn. und Nachfolger Colja M. Dams – © Vok Dams iNotes

DS: Viele Kölner sind ja genau aus diesem Grunde ins Oberbergische gezogen…

Vok Dams: „Ja, nur die Düsseldorfer haben noch nicht begriffen, dass sie eigentlich nach Wuppertal ziehen müssten. Für mich als Elberfelder wäre beispielsweise Barmen eine Alternative zu Düsseldorf.“

DS: Also sind die Klagen über den Standort Wuppertal unzutreffend?

Vok Dams: „Genau so sehe ich das. Allerdings: Was wäre unser Wuppertal ohne die Vororte Köln und Düsseldorf.“

DS: Zurück zum Thema Döppersberg, den Hauptbahnhof einfach einmal ausgelassen…

Vok Dams:“ Die Umgestaltung des Döppersberg hat mir einmal mehr gezeigt, wie schwierig es ist, Politik zu machen und im Kern weitreichende Ideen politisch umzusetzen.“

DS: Aber dafür sind Ratsfrauen und Ratsherren doch gewählt…

Vok Dams: „Langfrist-Projekte sind häufig durch immer neue Hindernisse blockiert oder sogar in der Umsetzung gefährdet. Stuttgart 21 ist ein Paradebeispiel dafür. Bis zu dem positiven Volksentscheid gab es nur negative Wortmeldungen und Proteste. Bei uns in der Wirtschaft läuft das anders ab: Es wird eine Aufgabe gestellt, ein Konzept entwickelt, die Kosten werden berechnet, die Verantwortlichen werden benannt, die Stellschrauben zur Fein- und Nachjustierung werden definiert. Und dann heißt es: Go or No go!“

DS: Die B7 ist schon mal gesperrt, die Bus-Rampe weggerissen, der Tunnel zum Bahnhof nur noch Geschichte.

Vok Dams: „Noch ein Wort zu den Projekt-Anfängen. Ich bewundere die Menschen, die schon vor Jahren erkannt haben, dass eine Neugestaltung des Döppersberg unumgänglich ist. Und ich freue mich, dass das Projekt jetzt endlich umgesetzt wird. Wir brauchen einen neuen Döppersberg. Es ist jetzt nicht die Zeit für kleinliche und kurzsichtige Kritiker. Für diese Zeitgenossen habe ich keinerlei Verständnis. Ich habe nie Zweifel daran gelassen, dass unsere Stadt und unsere Region den neuen Döppersberg brauchen.“

DZ: Und deshalb waren Sie ja auch von Anfang an ein vehementer Befürworter des Projektes?

Vok Dams: „Ja klar! Und ich habe hier auch überhaupt keine Lust, mich über einzelne Gebäude zu unterhalten. Das ist die Sache der beauftragten Fachleute und Architekten-Teams. Dabei darf man allerdings zu keinem Zeitpunkt das gesamtstädtebauliche Konzept aus den Augen verlieren. Ich vertraue und hoffe auch hier auf Erfahrung, Professionalität und Sachverstand von anderer Seite.“

DS: Hat aus Ihrer Sicht der städtebauliche Aspekt denn häufig gefehlt? 

Vok Dams: „Es gab Fälle, die lange, intensiv und durchaus kontrovers diskutiert worden sind, z. B. die Schwimmoper und die Historische Stadthalle. Stellen Sie sich nur einmal vor, die Schwimmoper wäre eine einzige große Spielhalle geworden und die Historische Stadthalle wäre seinerzeit nicht renoviert und dem Verfall preisgegeben worden. Undenkbar. Ich bewundere heute noch den damaligen Kulturdezernenten Heinz Theodor Jüchter, der dieses Projekt allen Widrigkeiten zum Trotz durchgesetzt hat. Das heißt, wir müssen uns einzelne Ziele setzen, dürfen darüber aber auch nicht das Gesamtkonzept aus den Augen verlieren.“

DS: Können Sie sich das vorstellen: Wuppertal nur noch eine Ansammlung von Billigstläden, Spiel- & Wetthallen?

Vok Dams: „Eine schreckliche Vision. Aber das kann ich mir auch nicht vorstellen. Denken Sie nur an unseren kulturellen Hintergrund, die Bürgerinitiativen, das Mäzenatentum. Oder auch an die Aktivitäten der Einzelhändler mit Sonderaktionen und Stadtfesten und nicht zuletzt an Wuppertal-Marketing, den Marketing-Verein WuppertalAktiv und OnlineCity. Denken Sie an das von-der-Heydt-Museum mit seinem aktiven und erfolgreichen Direktor Dr. Gerhard Finckh, den Skulpturenpark Waldfrieden mit dem weltberühmten Künstler Tony Cragg, sowie an die Nordbahntrasse – von dem Unternehmensberater Dr. Carsten Gerhardt initiiert – bei der tausende von Bürgern mithalfen und mitgestalteten. Nicht zu vergessen, die einmalige Junior-Uni, die unter Leitung von Prof. Dr. Andreas Ziegler realisiert und komplett privat finanziert wurde. Eine Stadt mit dieser Dynamik, getragen von einem derartigen Engagement seiner Bürger wird nicht von Billigläden und Spielhallen dominiert.“

DS: Oft wird vor und bei den Großprojekten nach Politik und Verwaltung gerufen, nicht selten aber auch tatkräftigen Bürgern überlassen…

Vok Dams: „Sicher kann die Kommune nicht alles leisten, aber sie darf sich auch nicht ständig auf private Initiativen und Sponsoren verlassen. Aufgabe von Politik und Verwaltung ist es, ein Umfeld zu schaffen, in dem sich private und unternehmerische Initiativen entwickeln können.“

DS: Aber neben den von Ihnen aufgezählten Positiv-Beispielen gibt es auch Katastrophen hier im Tal. Die schrecklichste ist doch wohl das Verfallen des Schauspielhauses?

Vok Dams: „ Zum Wuppertaler Schauspielhaus – vom Architekten Prof. Gerhard Graubner entworfen – habe ich eine besondere Beziehung. Baubeginn war kurz nach der Eröffnung meines ersten Foto-Studios 1962. Nach Fertigstellung 1966 ein architektonisches Kunstwerk, das von mir dokumentiert werden sollte. Am Schauspielhaus habe ich mich damals förmlich abgearbeitet. Das war ein Kunstwerk, eine monumentale Plastik in einem – vorsichtig ausgedrückt – städtebaulich schwierigen Umfeld.“ Original-Großfotos in schwarz-weiß haben sich bei der Recherche zu meinem Buch 50 Jahre KommunikationDirekt wiedergefunden. Sie gehören heute, vor allem für fotografisch interessierte Wuppertaler, zu den Highlights in unserem „ATELIERHAUS“. Ich habe die Hoffnung auf eine Wiederbelebung des Schauspielhauses zwar noch nicht aufgegeben, aber die aktuelle Situation ist untragbar.“

DS: Das schmerzt Sie ja offenbar körperlich?

Vok Dams: „Tatsächlich! Für mich als Zeitzeugen ist es schrecklich, mitzuerleben, wie dieses architektonische Kleinod dem Ruin überlassen wird.“

DS: Apropros Kleinod und Schmuckstücke – es gibt davon noch einige im Tal?

Vok Dams: „Zum Glück ja. Jemand hat die unterschiedlichen Facetten Wuppertals mal mit einem Diamanten verglichen. Der funkelt und blinkt, wenn er gut geschliffen und sorgsam geputzt wird.“

DS: Besonders blinkt ja wohl die farbig-bunte Junior-Uni – oder?

Vok Dams: „Wie ich schon erwähnte, sie ist ein tolles Beispiel dafür, was hier in Wuppertal durch Privat-Initiativen mit einem energischen Mann wie Ernst-Andreas Ziegler an der Spitze bewegt werden kann. Sie ist ein strahlendes Highlight und ein Sahnehäubchen, das im Wuppertaler Marketing noch stärker herausgestellt werden kann. Auch hier gilt: Wir müssen den Diamanten Wuppertal stärker strahlen lassen als jemals zuvor. Wir müssen die Story des neuen Wuppertals aufschreiben und verbreiten. Die Stadt mit der Schwebebahn und der Junior-Uni, die Stadt mit der Schwebebahn und dem Skulpturenpark, die Stadt mit der Schwebebahn und der Nordbahntrasse, usw…Wenn unsere Agentur für einen Großkonzern ein neues Auto präsentiert, dann belassen wir es nicht dabei, auf einen Zahlenberg zu verweisen, der belegt, dass der Wagen schneller fährt, höher steigt und weiter läuft. Wir erzählen Geschichten, entführen die Kunden in die Welt der Faszination, wir wecken Emotionen und Begeisterung.“

DS: Und wenn alles so prächtig gelungen ist, wenn der Diamant strahlt, dann schlagen Sie am nächsten Ort das nächste Kapitel auf?

Vok Dams: „Im Prinzip haben Sie recht: Wenn alles reibungslos läuft, wird es mir oft langweilig. Aber Wuppertal wird mit seinen vielseitigen, noch längst nicht erledigten Aufgaben immer spannend bleiben. Kein Verständnis habe ich für Miesmacher, die gegen alles sind, nichts für die Stadt tun, sich ans Althergebrachte klammern und nicht merken, wie wir die Zukunft verschlafen.“

DS: Und wo sollen die Retter herkommen?

Vok Dams: „Wir alle müssen anpacken, der Stadtrat ebenso wie die Verwaltung, die Unternehmen ebenso wie die Bürger. Wenn wir wollen – das zeigen die Beispiele – dann geht fast alles. Selbst wenn wir die Zukunft Wuppertals nur betriebswirtschaftlich betrachten würden: Das attraktive, glänzende Gemeinwesen Wuppertal zieht qualifizierte Arbeitnehmer und Firmen an, diese erhöhen die Finanzkraft und damit die Leistungsfähigkeit der Verwaltung. Häuser und Wohnungen werden wertvoller und – wichtiger als alles andere – die Lebensqualität steigt. Mehr geht nicht, oder?“

DS: Und genau aus diesem Stoff wären dann die Positiv- statt der gegenwärtigen Negativ-Schlagzeilen über unsere Stadt.

Vok Dams: „Meine Wunsch-Überschrift würde lauten: Wuppertal, die Stadt mit der Schwebebahn: Ein strahlender Diamant mit vielen interessanten Facetten!“

DS: Wir danken Ihnen für dieses Gespräch

Das Interview führten Hans-Herbert Preising und Peter Pionke

Link zur Webseite:

http://www.vokdamsatelierhaus.de

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